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Don McLeans “American Pie” – Hommage an einen Folkveteranen

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Das musikalische Publikum von “American Pie” lässt sich wohl in zwei Kategorien einteilen: Die einen denken bei diesem Namen an eine Apfeltarte mit einem Loch in der Mitte, einen nackten Teenager und nun ja, ihr wisst schon.. Diese Sorte Publikum erinnert sich mutmaßlich auch an Madonna, die zur Coverversion von “American Pie” mit einer Prinzessinenkrone vor einer amerikanischen Flagge herumtänzelt.

Die andere Fraktion denkt an einen ruhigen Folkmusiker mit sanften Augen und einer Westerngitarre, die immer ein wenig zu groß für seinen gedrungenen Körper wirkt. Ein feinfühliger Mann, der mit seinem berühmtesten Song “American Pie” dem Flugzeugabsturz seiner musikalischen Vorbilder Buddy Holly, Ritchie Valens und J.P. Richardson Tribut zollt.


Don McLean scheint beide Sorte Publikum ansprechen zu wollen, das Cover zu seinem berühmtesten Album “American Pie” aus dem Jahr 1971 zeigt ihn mit erhobenem Daumen – ganz Facebook-kompatibel –, auf dem die US-Flagge aufgedruckt ist. Im Jahr 2016 scheint er diese Millennials-Fanbase etwas vernachlässigt zu haben, genau 352.717 Likes hat Mr. McLean in besagtem Sozialen Netzwerk. Was auch daran liegen könnte, dass sein letzter Eintrag aus dem Jahr 2012 stammt. Aber der gute Mann wird am 2. Oktober schließlich auch 71 Jahre alt, sein berühmtestes Album feiert ebenfalls Geburtstag, den 45., um genau zu sein.

Donald McLean wuchs in der Familie Bucci auf, italienische Einwanderer aus den Abruzzen, die am Ende des 19. Jahrhunderts ein besseres Leben an der Ostküste in Port Chester, New York, suchten. Als Teenager begann sich McLean für Frank Sinatra und Buddy Holly aber auch recht bald für Folkmusic zu interessieren. Von schlimmem Asthma geplagt verpasste er oft die Schule. Vor allem wurmte ihn der Musikunterricht, der ohne ihn stattfinden musste. Umso mehr begann er zu Hause Musik zu machen, veranstaltete kleine Shows für Familie und Freunde und versuchte mit 16 Jahren erste Kontakte ins Musikbusiness aufzubauen. Besonders soll ihn die Band The Weavers interessiert haben und eines Tages rief er einfach die Sänger Erik Darling und Fred Hellermann an – ihre Nummern standen im Telefonbuch – und fragte, ob er sie besuchen könne.


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Es war der Beginn einer herzlichen Freundschaft. Seine ersten Songs nahm McLean nach der High School auf. Die Universität in Villanova schmeckte ihm nicht und er verlies sie nach ein paar Monaten, um sich intensiv der Musik zu widmen. Zwischen 18 und 24 trat McLean im ganzen Land auf, unter anderem auf dem Newport Folk Festival, im Troubadour in Los Angeles oder im Bitter End in New York – einschlägige Orte, wenn man entdeckt werden will. In der Abendschule studierte er nebenbei BWL, ein Stipendium für die Columbia University in New York lehnte er ab. Wieder mit der Begründung, sich nun ganz der Karriere widmen zu wollen.

Die solle nun auch endlich anlaufen, mit finanzieller Unterstützung vom New York State Council on the Arts konnte McLean endlich ein größeres Publikum erreichen. Sein erstes Album “Tapestry” aus dem Jahr 1969 erhielt zwar gute Kritiken in der Fachpresse, so richtig interessieren wollte es dennoch niemanden. Dafür klappte es prompt mit dem zweiten Album “American Pie” zwei Jahre später. Sein Magnum Opus, der Song “American Pie”, ist ein achtminütiger Tribut an McLeans musikalische Vorbilder aus seiner Jugend, der Rock´n`Roll Musiker Buddy Holly sowie Ritchie Valens und J.P. Richardson, die zusammen mit einem Flugzeug abstürzten. McLean erinnert sich an seine Jugend, in der er Zeitungen austrug und so vom Tod seiner Idole erfuhr:

A long, long time ago

I can still remember how that music used to make me smile

And I knew if I had my chance that I could make those people dance

And maybe they’d be happy for a while

But February made me shiver

With every paper I’d deliver

Bad news on the doorstep

McLean hielt sich stets bedeckt, was die genaue Bedeutung der Zeilen bedeutete. Er sagte einmal “Sie [die Lyrics] entziehen sich einer Analyse. Sie sind Poesie.” In einem Editorial schrieb McLean, dass er mit dem Song “die Welt namens Amerika” einfangen wollte. Das Album ist Holly gewidmet. “The day the music died” ist mit die berühmteste Zeile des Songs und referiert auf den 3. Februar 1959, an dem das Flugzeugunglück passierte.


cover


 

 

Doch das Album sollte über seinen berühmtesten Song hinaus gewürdigt werden. Es befinden sich eine ganze Reihe anderer feiner Folksongs auf ihm. Neben “American Pie” wurde auch “Vincent” – eine Hommage an den Maler Vincent van Gogh – ein kommerzieller Erfolg. Doch auch die weniger erfolgreichen Songs sind kleine Edelsteine, etwa “Till Tomorrow”, das von langsam verblassender Liebe handelt:

What can this be, can you tell me?

Would you like to discover why we’re not free

To be lovers

Und auch der letzte Song “Babylon” hat es in sich. Im Stil eines kanonischen Kirchenliedes und dem ungewöhnlichen Einsatz eines Banjos ist er ein erhabener Abschluss des Albums.

Es ist nicht wahr, dass nach “American Pie” im Leben des Donald McLean nichts mehr passierte. Aber ein Anschluss an seinen größten Hit wollte ihm nicht mehr gelingen. Den ausbleibenden großen Erfolg seiner Folgealben machte er durch seine unterhaltsamen Konzerte wett, die noch Jahrzehnte nach “American Pie” ausverkauft sein sollten. Er spielt auf ihnen neben eigenen Stücken auch Songs von Buddy Holly oder Frank Sinatra.

McLean besitzt nicht nur eine Ehrendoktorwürde vom Iona College im Bundesstaat New York, sondern wurde im Jahr 2002 auch in die Grammy Hall of Fame sowie 2004 in die Songwriters Hall of Fame aufgenommen. Letzteres mit der Begründung, McLean und seine Arbeit seien ein Werk menschlicher Anteilnahme und seine Hymne “American Pie” und kulturelles Phänomen.

Es ist zu wünschen, dass der Schöpfer dieses Kulturphänomens noch lange auf der Bühne steht, mit seiner viel zu groß wirkenden Westerngitarre. Der Tag, an dem die Musik stirbt: möge Donald McLean ihn doch noch etwas hinauszögern.

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