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“The Kinks Are The Village Green Preservation Society”: Im Schatten des Weißen Albums

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Lag es wirklich nur am Release-Date? Fest steht, der 22. November 1968 hat die Musikgeschichte um zwei ganz große Alben bereichert: Das White Album der Beatles und The Kinks Are The Village Green Preservation Society von – richtig geraten ­– The Kinks. Kommerziell war allerdings nur eines der Alben ganz groß. Während die Beatles mit ihrem selbstbetitelten neunten Studioalbum in gewohnter Manier Erfolge einstrichen, guckten die Kinks in die Röhre. Ihr Album bekam keine Chartplatzierung und brachte noch nicht einmal eine Hit-Single hervor.

von Timo Diers

„Heute wird die Platte in den Himmel gelobt. Aber als es veröffentlicht wurde, hatten die Leute Angst vor dem Album. Sie haben es nicht verstanden“, erzählt Gitarrist Dave Davies.

Und dabei hatte es doch so gut angefangen! Vier Jahre zuvor schoss mit You Really Got Me bereits die zweite Single der Kinks durch die Decke und verhalf den Jungs zum großen Durchbruch. Bis heute zählt der Song zu den erfolgreichsten und einflussreichsten Hits der 60er.


Hört hier in The Kinks Are The Village Green Preservation Society rein:

Für das ganze Album klickt auf “Listen”.


Doch das schicksalhafte ’68er Album schlägt sanftere Töne an und karikiert das beschauliche und nicht minder spießige Englische Landleben. Es berichtet von Menschen, die sich gegenseitig fotografieren (People Take Pictures Of Each Other), von nostalgischen Gedanken an alte Freunde (Walter) oder gar von dicken, selbstgefälligen Katzen, die sich auf Bäumen räkeln (Phenomenal Cat). Alles in allem also ein eher ruhiges, nachdenkliches Ambiente, bei dem man sich Zeit und Muße nehmen muss, um es zu verstehen. Und jetzt kommt das Jahr 1968 ins Spiel. Ein Jahr, das die 60er ein bisschen dunkler färbte. Martin Luther King wurde erschossen, russische Panzer standen auf Prager Straßen und Paris wurde von Tumulten heimgesucht. Die Rolling Stones veröffentlichten Street Fighting Man und suchten nach Sympathy For The Devil. Sogar die braven Beatles sangen von Revolution. Die Stimmung hatte sich gedreht – da passte das grüne Vorstadt-Idyll nicht ins Bild und das Album der Kinks, das stilistisch weit entfernt war von den zerschnittenen Lautsprecher-Membranen aus den You Really Got Me Zeiten, ging gnadenlos unter.

Zu spießig für die Hippie-Revoluzzer? The Kinks 1968. Foto von Hulton Archive/Getty Images

Eine tiefe Zäsur für die vier Briten: Nach diesem mehr als amtlichen Flop schafften es die Kinks nie wieder, ein Album in die UK Charts zu bringen. Schlimmer noch, Bassist Pete Quaife stieg kurz darauf aus und nahm der Band die Chance, noch einmal ein Album in originaler Besetzung aufzunehmen. „Es ist schön, dass das Album inzwischen beliebter wird und die Leute es wertschätzen“, sagt Drummer Mick Avory rückblickend im Gespräch mit dem Rolling Stone. „Ray [Davies] folgt nicht gerne Trends – er setzt sie lieber selbst. Psychedelia war zu der Zeit damals noch in Mode und das Album passte nicht in die Kategorie – es kam eher aus der Folk-Rock Ecke. Es ist erst in den letzten 10 Jahren bekannt geworden und heute können wir die Früchte ernten.“


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