------------

Platten

Scream For Me Sarajevo: Wie Bruce Dickinson inmitten des Bosnienkriegs auftrat

Published on

Foto Credit: Milomir Kovačevic Strašni

Es klingt absurd und wenn wir es uns nicht in Form eines atemberaubenden und schlichtweg beeindruckenden Films selbst ansehen könnten, wäre es wahrscheinlich auch nicht zu glauben: Es ist die Geschichte, wie eine Heavy Metal Band einen Funken Normalität und ein paar Stunden Freude an einen Ort brachte, den Normalität und Freude – so schien es damals – schon lange verlassen hatten. Es ist die Geschichte darüber, wie Bruce Dickinson zusammen mit den Musikern, die auch für sein Projekt Skunkworks im heimischen Studio stehen würden, ein Konzert in Sarajevo gab – im Jahre 1994. Inmitten des Grauens des Bosnienkrieges.

von Timo Diers

Ein in mehrfacher Hinsicht unvorstellbares und bewegendes Konzert, über das nun ein nicht minder emotionaler Film veröffentlicht wird: Scream For Me Sarajevo erscheint am 29. Juni auf Blu-ray, DVD und als digitale Version und ist, gegeben der Umstände, weitaus mehr als nur ein Konzertfilm. Die Aufnahmen erzählen, wie in der längsten Belagerung einer Hauptstadt im 20. Jahrhundert, in einer Zeit, in der jeder Tag durch Kriegshandlungen bestimmt war, ein einziges Konzert den Menschen ein Stück Hoffnung wiedergeben konnte. Für dieses Konzert ließen sich Bruce Dickinson und seine Band an den Ort des Geschehens schmuggeln und riskierten damit ihr eigenes Leben.



Dickinson sticht ja bekanntlich öfters mal mit besonderen Aktionen hervor. Und sei es allein die Tatsache, dass er den Tourbus gerne gegen einen Jumbojet austauscht – um diesen dann mal eben selber zum nächsten Konzert zu fliegen. Allerdings klingt das, was wir heute von dem Iron Maiden-Star gewohnt sind, im Vergleich mit dem, was er in Sarajevo vollbracht hat, doch schwer nach Kindergarten. Um es zu unterstreichen: Sarajevo war ein Kriegsgebiet, das jahrelang unter dem tödlichen Beschuss seiner Besatzer stand. Vor diesem Hintergrund ist es nur noch beeindruckender, wie die dort lebenden Menschen alles in ihrer Macht stehende taten, um ihr blankes Überleben ein wenig erträglicher zu gestalten. Nicht nur werden wir Zeuge eines astreinen Metal-Konzerts, von dem niemand glaubte, dass es je stattfinden könnte, sondern wir entdecken auch eine vibrierende und lebendige Künstlerszene, die trotz unvorstellbarer Entbehrungen ihre Kreativität aufrechterhielt und im Schatten des Krieges Musik hervorbrachte.

Für Metal-Fans war das Konzert eine kleine Verschnaufpause von den Grausamkeiten des Krieges. Foto Credit: Milomir Kovačevic Strašni

Foto Credit: Alex Elena

In einer Zeit in der sich die Menschen von Sarajevo von der Welt verlassen fühlten, als selbst die UN und die NATO rat- und hilflos dastanden, hatte dieses Konzert eine große Wirkung: Diese Menschen waren nicht vergessen, es gab noch Hoffnung.

Dass diese Dokumentation ein absolutes Must-See für alle Fans der härteren Musik ist, sollte ja sowieso außer Frage stehen, aber hier ist noch eine Notiz an die Nicht-Metalheads da draußen: Schaut euch diesen Film an! Klar, es gibt lange Haarmähnen und Lederkutten zu sehen, aber der Film gibt eine unvergleichliche Perspektive auf das damalige Kriegsgeschehen, Interviews mit Bruce und seinen Bandkollegen, sowie Dickinsons emotionale Rückkehr nach Sarajevo. Ausgezeichnet mit mehreren Awards als beste Dokumentation ist es sicherlich kein einfacher oder leichter Film, aber ein mehr als sehenswerter. Ganz egal, welchem Musikgeschmack man sich auch immer verschrieben hat. In seiner Autobiografie resümiert Dickinson seine Erfahrungen mit dem Krieg und dem Konzert: „Der Krieg stellt die Welt auf den Kopf, aber das hier ist eine positive Botschaft. Es hat meinen Blick auf das Leben verändert, und auf den Tod und andere Menschen“.

Den Weg nach Sarajevo legten die Musiker teils in Helicoptern, teils in einem einfachen Lastwagen zurück. Foto Credit: Alex Elena

Einer der berührendsten Momente war zweifelsfrei der Besuch im Waisenheim. Foto Credit: Alex Elena

Ein bewegendes und außergewöhnliches Stück Zeitgeschichte, das die unvergleichliche Macht von Musik in dieser schrecklichen Situation unter Beweis stellt und zeigt, wie ein einziges Konzert hunderten Menschen Kraft und Hoffnung schenken kann, wenn sie es am meisten brauchen.

Wir haben für euch exklusive Einblicke in das Fototagebuch der Musiker erhalten und lassen diese Bilder einfach mal für sich sprechen.



Alle Fotos von Elena Alex

Das könnte dir auch gefallen:

Die musikalische DNA von Iron Maiden

Zeitsprung: Am 11.4.1988 erscheint „Seventh Son Of A Seventh Son“ von Iron Maiden

Zeitsprung: Am 12.2.1982 veröffentlichen Iron Maiden die Single “Run To The Hills”

Don't Miss