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Popkultur

5 Wahrheiten über Gangsta Rap

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Hier nehmen wir uns mal ein paar Minuten Zeit und prüfen gängige Klischees und Falschannahmen in der Musikwelt… Einfach weil wir es können bzw. einfach weil es so viel mehr Vorurteile gibt als alle Beatles, Rolling Stones und Queen-Singles zusammenaddiert (lies: sehr viele). Wir nehmen uns also ein Genre und schauen wie stichhaltig die gemeinhin als richtig wahrgenommen Annahmen sind. Zieht eure kugelsicheren Westen an, der Beschuss mit gängigen Klischees erfolgt dieses Mal zum Thema: Gangsta Rap.

I) Gangsta Rap kommt von der West Coast

Jein. Inhaltlich betrachtet, beginnt die Geschichte des Sub-Genres, wie auch Hip Hop insgesamt, in New York. Wenn Gangsta Rap sich auf das Inhaltliche bezieht, war’s wie bei Hip Hop insgesamt New York, das den Beginn markiert. Schoolly D, Boogie Down Productions (Ja auch KRS war Gangsta), Ice-T und Bodycount: Alles NYC. Aber, reden wir über eine Soundästhetik die mehr oder weniger synonym mit Gangsta Rap geworden ist, dann stehen Dr. Dre und G-Funk über allem. Und die kommt von der West Coast.

II) Gangsta Rap ist plumpe Gewaltverherrlichung

Sicher. Teilweise. Ist aber wie so oft nur die halbe Wahrheit. Rapper wie Tupac, Biggie, Ice Cube oder Snoop Dogg haben sich stets immer auch als Berichterstatter der Umstände verstanden, in denen sie sich aufhielten, und nicht nur als plumpe Gangsta Rapper. N.W.A. gingen mit Public Enemy auf Tour, Ice Cube diskutierte mit Angela Davis. Gangsta Rap hat einen starken sozialkritischen Einschlag – auch wenn explizite Sprache, Sexismen und Gewaltdarstellungen dazugehören. Aber ohne wär’s halt auch nicht Gangsta.

III) Gangsta Rap verdirbt die Jugend

Nicht mehr oder weniger als die täglichen 15 Minuten Tagesthemen. Sicherlich setzt Textverständnis grundsätzliche kognitive Fähigkeiten (welche sich im Laufe eines Menschenlebens laufend entwickeln,. im Idealfall zumindest) voraus, bei Gangsta Rap aber nicht mehr oder weniger als bei Filmen, Büchern oder anderen kulturellen Formen mit Text. Man muss es halt mögen und sicherlich auch teilweise verstehen, aber zum einen braucht’s dafür kein Abitur und zum anderen: Nein, Gangsta Rap verdirbt nicht die Jugend. Das Thema ist zu.

IV) Gangsta Rap aus Deutschland kann nicht „real“ sein. Hier gibt’s keine Ghettos

Gott sei Dank gibt es in Deutschland keine Verhältnisse, die denen amerikanischer Hoods entsprechen. Das hat unterschiedliche Gründe – vornehmlich historisch-juristische (Waffengesetze und Segregation anyone?). Es gibt nichtsdestotrotz eine Vielzahl „sozialer Brennpunkte“ in Deutschland und die Probleme, Themen und Umstände sind dort mehr oder weniger die gleichen wie in den USA: Perspektivlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Gewalt, Drogen, Alkohol, etc. Genau deshalb ist Musik von Haftbefehl, Xatar und anderen nicht mehr oder weniger „real“ als US-amerikanische. In Deutschland gibt es auch den geläufigen Begriff „Straßenrap“ um eben diesem Vergleich zu entgehen.

V) Aber wenn Gangsta Rap, dann kam der immer schon aus Berlin

Nein. Frankfurt mit dem Rödelheim Hartreim Projekt, Asiatic Warriors, Azad oder Konkret Finn haben mit ihrem aggressiven Battlerap und teilweise auch Gangsta Rap den Boden bereitet, sowohl inhaltlich als auch soundtechnisch. Nicht zu vergessen: die Münchner von Feinkost Paranoia, die seit Mitte/Ende der 90er ihren eigenen Film entgegen der damaligen Gepflogenheiten der Szene schoben und über Drogen, alltäglichen Hustle, Polizeistress, etc. gerappt haben. In (West-)Berlin war der Grundton innerhalb der Hip Hop Szene immer schon rauher (wer will es ihnen auch verübeln, Jahrzehnte der Isolation inmitten des real existierenden Sozialismus und einer der Hauptspielplätze des Kalten Krieges haben ihren Anteil dran) und auch der kommerzielle Erfolg von Gangsta Rap auf Deutsch Anfang der Nullerjahre ging von Berlin aus.

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