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Popkultur

5 Wahrheiten über Hip Hop Fans

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Hier nehmen wir uns mal ein paar Minuten Zeit und prüfen gängige Klischees und Falschannahmen in der Musikwelt… Einfach weil wir es können bzw. einfach weil es so viel mehr Vorurteile gibt als alle Beatles, Rolling Stones und Queen-Singles zusammenaddiert (lies: sehr viele). Wir nehmen uns also ein Genre und schauen wie stichhaltig die gemeinhin als richtig wahrgenommen Annahmen sind. Zieht eure kugelsicheren Westen an, der Beschuss mit gängigen Klischees erfolgt dieses Mal zum Thema: Hip Hop Fans.

 

I) Hip Hopper reden so komisch. Die können sich alle nicht vernünftig ausdrücken – egal in welcher Sprache

Hach ja, die ewige „Yo-Keule“… Ja, Hip Hop hat, als eigenständige Subkultur mit eigenen Codes, Regeln, usw. natürlich auch eine eigene Sprache und bestimmte Ausdrucksformen. Ebonics, Szenesprache oder subkulturell gefärbte Dialekte beschäftigen Linguisten weltweit. Im Englischen haben dazu unter anderem Big L (Ebonics) und Cam´ron (Swagga Talk) dazu Songs veröffentlicht, in Deutschland hat beispielsweise Eko Fresh versucht den Türkenslang zu erklären. Zur Meisterschaft hierzulande, was das entwickeln und rapresenten des eigenen Slangs angeht, hat es Haftbefehl gebracht: Ein wilder Mix aus Deutsch, Arabisch, Türkisch, Serbokroatisch, Polnisch und Russisch ist sicherlich einer der Gründe warum Haftbefehl und seine Azzlackz so gut funktionieren. Außerdem: Rap ist die Musikrichtung, die dem Text als solchen generell den meisten Platz und Raum in der Musik bietet; den Leuten die sich damit auseinander setzen, mangelnde Sprachkenntnisse zu unterstellen und sich darüber lustig zu machen, ist halt vor allem eines: eher sehr dumm.

 

II) Hip Hopper tragen immer Klamotten in XXXL, Caps schief, Schuhe bunt und überhaupt: Schau dir das doch an…

Wenn‘s nicht die Sprache ist, dann ist‘s die Kleidung. Aber Spaß beiseite. Keine, ich wiederhole, keine (!) Subkultur, kein Musikstil, keine Jugendbewegung hatte so einen großen Impact auf globale Modetrends und ist dabei gleichzeitig so wandelbar geblieben. Ohne Hip Hop wären Sneaker und Caps nicht in dem Maße salonfähig wie sie heute sind – davon profitiert der Streetwear Connaisseur, der sich limitierte Asics Modelle vom anderen Ende der Welt importieren lässt, genauso wie der Snipes Afficionado, der sich auf der lokalen Einkaufsmeile zweimal im Jahr seine Vollausstattung copped und erst Recht der ganz normale H&M Kunde, denn die nehmen nämlich jeden noch so kleinen Trend aus der Hip Hop Mode gerne auf und machen daraus doch ziemlich massenkompatible Ware.

Zugegeben in den 90ern setzten sich Baggy Pants und mehrfachXL Sweater durch… bis dahin waren aber Ganzkörperlederoutfits oder Hosen in Slimfit bis Skinny angesagt und erst im Laufe der Zeit wurde es Baggy. Man beachte mal die Entwicklung von Will Smith als Fresh Prince in Bel Air im Verlauf der Serie. Die Null-er pendelten dann zwischen völligXL samt Edelzwirn und Shox plus Picaldi Hose in den Socken. Heute ist‘s irgendwie egal geworden wie weit die Klamotten sind… warum sich allerdings bis heute derlei Vorurteile halten, hat unter anderem auch mit dem Song Wir bewahren die Haltung von Sido und Harris zu tun: eine Liebeserklärung an Hip Hop inkl. „Mütze schräg und Hose auf halb Neune“.

[Fun Fact: Der Mann, der es anderen Männern möglich gemacht hat Pink, Rosa, Lila etc. zu tragen ohne sofort mit homophoben Vorurteilen belegt zu werden war nicht David Beckham. Der hat‘s von Cam´ron.]

 

III) Im Hip Hop geht’s nur um Bitches, Geld und Goldketten. Bei Künstlern wie bei Fans

Auch. Aber darum geht’s überall. Der Investmentbanker aus London steht genauso auf Bitches, Geld und Schmuck wie der Mechatroniker-Geselle auf dem Land und halt auch der Hip Hopper. Wie, ich pauschalisiere? Wie kann ich bloß… Aber mal im Ernst: Eine Kultur, die dem innerstädtischen US-Ghetto entwachsen ist, die in Europa zunächst von Migranten getragen und geprägt und in Verhältnissen groß wurde, die mit ‚bescheiden‘ am höflichsten umschrieben sind, so eine Kultur hat eben in erster Linie materielle Statussymbole, die angestrebt werden. Schöne Frauen, ausreichend Bargeld und teurer Schmuck sind universal überall auf dem Globus verständlich: Da hat es jemand zu einem bestimmten Status gebracht. Natürlich ist das diskutabel ob es das alles braucht, andererseits ist ein gerüttelt Maß an Aufschneiderei und zeigen-was-man-hat im Hip Hop durchaus Usus. Das Problem ist, wie so oft, dass sich in den Medien Stories besser verkaufen lassen mit griffigen Themen und Headlines und „Bitches, Geld und Goldketten“ funktioniert eigentlich immer. Nicht nur bei Hip Hop.

 

IV) Hip Hop Fans sind empfänglich für extremistische Inhalte wie z.B. IS-Propaganda

Auch wenn ein Medium mit vier Buchstaben gerne einen Zusammenhang zwischen Hip Hop und allem Bösen (Drogen, der IS, Gewalt, etc.) herzustellen versucht: Es gibt keinen. Hip Hop selbst ist in seinem Wesenskern etwas, das man allerhöchstens mit liberal beschreiben kann (Vgl. hierzu die Hip Hop Declaration of Peace bei den Vereinten Nationen), nicht bezogen auf eine politische Sichtweise, sondern auf ein grundsätzliches Werteverständnis hin betrachtet.

Weder ist Hip Hop ein Rekrutierungstool von Extremisten aller Art (In den USA wurden Bands und deren Fans wie N.W.A und Public Enemy auch durchaus als solche betrachtet), noch ist es aus sich selbst heraus extremistisch. Natürlich bedienen sich allerlei Spinner, Verrückte und Extremisten gewisser Techniken aus der Kultur und versuchen gezielt gewisse Gruppen direkt anzusprechen. Das ist aber in der Regel erstens so offensichtlich und plump, dass es direkt als Propaganda und nicht als authentischer Hip Hop wahrgenommen wird und zweitens ist es (um es frei nach Flipstar von Creutzfeld & Jakob zu sagen) „meistens Mittelmaß und häufig wack“. Und Wackness kennt keine Ideologie.

 

V) Hip Hop Fans haben häufig ein Drogenproblem

Da es nach wie vor keine gesicherten empirischen Untersuchungen dazu gibt, bleibt nur zu sagen: Nein. Obwohl… kommt drauf an. Subkulturen im Allgemeinen, aber Hip Hop im Besonderen, bildet nur bestimmte Zustände der Gesellschaft ab. Wenn also ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung abends nach der Arbeit ein Bier trinkt ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass es auch ein nicht unerheblicher Teil der Hip Hopper tut. Genauso verhält es sich dann auch mit Gras, Molly, Koks etc. Eine Drogendiskussion auf dem Rücken von Subkulturen macht ohnehin wenig Sinn, denn dass man sich zumindest auf künstlerischer Ebene mehr mit dem Thema auseinandersetzt als es Otto Normalbiertrinker macht, liegt zumindest auf der Hand – ist ja auch Kunst. Aber ob jetzt A$AP Rocky oder die Beatles ein Hoch auf das LSD singen/rappen oder ob´s zum Rave im Oberbayern auf Mallorca Jürgen Drews oder Die Atzen sein dürfen ist halt echt irgendwie… wurscht?

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