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Popkultur

Der historische Verriss: „Jazz” von Queen

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Auch Expert*innen liegen manchmal mächtig daneben. In dieser Reihe stellen wir vernichtende Plattenkritiken von großen Alben der Musikgeschichte vor, fatale Fehlurteile, die aus heutiger Sicht mindestens merkwürdig wirken. Dieses Mal haben wir einen Klassiker für euch ausgegraben: Dave Marshs berühmt-berüchtigte Abrechnung mit Queen anlässlich ihres 1978 erschienenen Albums Jazz.

Überzeugt euch selbst: Hört euch hier Jazz von Queen an

Man spürt in jedem Satz, dass der Rolling-Stone-Kritiker die Band absolut verachtet, musikalisch, künstlerisch und persönlich. Diese verbale Tracht Prügel für eine der damals größten Rockbands der Welt wollen wir uns noch mal auf der Zunge zergehen lassen:

Haben Queen den Faden verloren?

Holla die Waldfee, Herr Marsh! Man muss schon Eier haben, um der Band Phantasielosigkeit vorzuwerfen, die drei Jahre vorher A Night At The Opera veröffentlicht hat. Auch Jazz fehlt es wirklich nicht an Phantasie, ganz im Gegenteil: Schon der erste Song Mustapha ist verspielt und abgedreht, Fat Bottomed Girls oder Bicycle Race brechen mit allen Rockstandards der damaligen Zeit. Andere Kritiker*innen warfen Jazz im Gegenzug vor, es oft mit der Kreativität zu übertreiben und den Faden zu verlieren. Das ist schon nachvollziehbarer. Dave Marsh macht relativ deutlich, dass er Queen grundsätzlich nichts abgewinnen kann. Aber wieso, um Himmels Willen, schreibt er dann eine Rezension? Die Antwort kommt prompt:

Dave, hat dir Brian May mal die Freundin ausgespannt? Hat Freddie dir mal einen Korb gegeben? Irgendwas scheint da passiert zu sein, denn diese Kritik liest sich wie eine persönliche Abrechnung. Und sie beschäftigt sich nicht lange mit Fakten und Argumenten, sondern teilt so oft es geht Beleidigungen aus. Das ist zwar amüsant zu lesen, aber auch ein ziemlich unprofessioneller Move. Denn mit dem Vorgänger-Album News Of The World waren Queen endgültig zur Überband geworden. Den ganz Großen ans Bein zu pissen, ist immer in Mode und macht ja auch Spaß. Aber Marsh geht hier vielleicht doch ein bisschen zu weit:

Eine winzige Fußnote in der Karriere von Queen

Die Majestätsbeleidigung kommt zu ihrem unschönen Höhepunkt. Faschistisches Gedankengut? Die Fans waren empört. Zugeben: In den kommenden Jahren gab es noch ein paar Mal den Versuch, Elemente von Queens Musik in dieser Hinsicht zu analysieren. Klassischer Fall von Überinterpretation. Dave Marsh und seinen Brüdern im Geiste war die schiere Dominanz von Queen offensichtlich unheimlich, und die Angst wurde zu Hass. Haben Queen diesen Hass verdient? Absolut nicht. Schließlich machen Millionen Anhänger*innen einen noch lange nicht zum Führer. Auch wenn sich diese Kritik wie ein Paukenschlag liest, blieben solche Anfeindungen nur eine winzige Fußnote in der Karriere von Queen.

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