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Popkultur

Die musikalische DNA von The Killers

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The Killers sind vielleicht die letzte Rock-Band unserer Tage. Denn sie haben die Attitüde, den Stil, die Hits. Diese ganz besondere Aura, die so vielen Bands von heute fehlt. Kein Wunder, verdienten sich Brandon Flowers, Dave Keuning, Ronnie Vannucci Jr. und Mark Stoermer in der Entertainment-Hochburg Las Vegas und gingen dann im Geburtsort der Pop-Musik auf Ochsentour, Großbritannien. Damit stehen sie an der Spitze des transatlantischen Austauschs, der die Rock-Geschichte schon immer geprägt hat. Auf der einen Seite steht ihr sehr amerikanischer Freiheitsdrang, auf der anderen eine typisch britische Haltung. Dazwischen finden sich große Songs, die uns noch ein ganzes Leben lang begleiten werden.


Hört euch hier einen Vorgeschmack der musikalischen DNA von The Killers an:

Zur ganzen Playlist kommt ihr über den „Listen“-Button.


Vor allem aber sind die Killers eine waschechte Rock-Band, weil sie hart für ihren Erfolg gearbeitet haben. Einen ihrer allergrößten Hits, Mr. Brightside, schrieben Flowers und Keuning nur kurz nach ihrem ersten Treffen. Dennoch hieß es zuerst Klinkenputzen. Die Welt war für ihren stadionkompatiblen, von New Wave ebenso wie von klassischer Americana beeinflussten Sound noch nicht bereit. Das hat sich geändert und die Killers sich ebenso. Die Exzesse sind vorbei, die Band geht es ruhiger an, konzentriert sich mittlerweile mehr auf die Musik. Wie aber kommt die eigentlich zustande? Das verrät uns ein Blick auf die musikalische DNA der Band! Die ist, wie sollte es auch anders sein, gleichermaßen very british wie ziemlich amerikanisch.


1. Oasis – Don’t Look Back in Anger

Im Jahr 2001 wurde ein damals 20-jähriger Sänger von seiner Synth-Pop-Band geschasst und wusste nicht weiter. Einen neuen Sinn erhielt Brandon Flowers Leben aber auf einem Konzert im Hard Rock Hotel and Casino auf dem Las Vegas Strip. Wo auch sonst! Welche Band dort in der Stadt mit dem malerischen Namen Paradise spielte, sollte ebenso klar sein: Oasis natürlich! Die starteten dort gemeinsam mit den Black Crowes und Spacehog ihre Brotherly Love-Tour.

Zwei Jahre, bevor seine zu dem Zeitpunkt nicht-existente Band der britischen Rock-Welt den Kopf verdrehen sollte, erlebte ein begeisterter Flowers das Konzert seines Lebens. Die Musik von Oasis begleitete ihn zu diesem Zeitpunkt allerdings schon eine ganze Weile. „Ich arbeitete in diesem französischen Restaurant in Las Vegas“, erinnerte er sich an das erste Mal, als er vor anderen sein Gesangstalent preisgab. „Wir schmissen unsere Weihnachtsparty in einem Thai-Restaurant, wo es auch Karaoke gab. Das war das erste und einzige Mal, dass ich Karaoke gesungen habe.“ Die Songauswahl passt allerdings: Don’t Look Back in Anger von, na klar, Oasis. Kein schlechter Einstieg! Noch heute spielt seine Band das Stück gerne auf Konzerten.


2. New Order – Crystal

Als Speerspitze des sogenannten Britpops dominierten Oasis gemeinsam mit Bands wie Blur die britische Musikszene der neunziger Jahre. Älteren Helden fiel es da schwer, Fuß zu fassen. New Order gründeten sich am Anfang des vorangegangenen Jahrzehnts und brachten mit Welterfolgen wie ihrer legendären Blue Monday-Single Rock- und Dance-Musik zusammen. 1993 löste sich die Band allerdings auf und meldete sich mit etwas Verspätung erst 2001 wieder – genau in jenem Jahr also, als Flowers und Keuning ihre ersten Songs schrieben.

Keuning nennt Andy Summers von The Police als eines seiner großen Gitarrenvorbilder. Von ihm lernte er viel in Sachen Fingerarbeit. Doch nicht nur der Sechssaiter, sondern auch die Keyboards spielten bei den Killers immer eine große Rolle, Keyboards wie sie New Order im Indie-Rock etablierten. Und natürlich das Schlagzeug! Insbesondere das von New Order. Oder besser gesagt sagt der Band, die im Video zum New Order-Song Crystal auftreten. Wer genau hinschaut, wird auf der Kickdrum des Trommlers den Namen einer fiktiven Band lesen, nach der sich noch im selben Jahr eine echte benennen sollte: The Killers!


3. Joy Division – Shadowplay

Traurig, aber wahr: New Order hätte es vielleicht nie gegeben, wenn sich Ian Curtis nicht am 18. Mai 1980 das Leben genommen hätte. Die drei verbliebenen Mitglieder seiner Band Joy Division wollten den mit ihm verbundenen Namen nicht weiter tragen – zu schwer lastete die Bürde dessen, was sie mit nur zwei Alben und einigen Singles losgetreten hatten. Stattdessen nahmen sie die zwei letzten mit Curtis zusammen geschriebenen Joy Division-Songs Ceremony und In A Lonely Place, formierten sich als New Order neu und eroberten die Welt mit einem neuen Sound für sich.

Als unübertroffenes Meisterwerk Joy Divisions gilt nach wie vor die von Martin Hannett produzierte Platte Unknown Pleasures. Ihr simpler, eindringlicher Sound hat dem Test der Zeit standgehalten. Ein gutes Vorbild für jede junge Band, so auch für die Killers. Mit ihrer Coverversion von Shadowplay zollten sie den Helden aus Manchester 2007 Tribut. Aufgenommen hatten sie das Stück, während sie an Sam’s Town werkelten. Nicht allen gefällt ihre Version, doch Flowers hat klare Worte gegenüber der Kritik gefunden: „Yeah, ich habe die Umstrittenheit – ist das ein Wort, Umstrittenheit – von Shadowplay bemerkt“, frotzelte er in einem Live-Q&A. „Der Song gehört uns mittlerweile und wenn wir ihn spielen wollen, machen wir das auch.“ Aha!?


4. The Smiths – This Charming Man

Das Mundwerk Flowers’ ist berüchtigt, so ganz ernst meint er es aber wohl nie. Anders ein weiterer Indie-Held aus Großbritannien. Morrissey konnte keine Klappe noch nie halten und derweil das im Studio und auf der Bühne ein Segen ist, so sind doch insbesondere die vergangenen Jahre immer wieder von Skandalen geprägt worden. Bleiben wir indes bei der Musik, die er zuerst mit The Smiths und später solo gemacht hat: Die ist immer noch unsterblich, denn gegen sie gibt es zum Glück nur wenig einzuwenden. Finden auch die Killers.

2004 fand sich das Quartett zuerst im Vorprogramm des strittigen Dandys wieder. Keineswegs das erste Mal allerdings, dass Flowers dem Moz gegenüberstand! „Champignons sind echt geil“, stotterte er dem Idol zu, als dieser sich in dem Restaurant, in welchem der Teenager als Kellner jobbte, eine Pizza Fughi bestellte. Peinlich! Beim zweiten Zusammentreffen war er aber schon lockerer und die beiden verbrachten ein paar Stunden zusammen. Als Morrissey 2017 seinen Auftritt beim KROQ’s Almost Acoustic Christmas-Konzert absagte, konnte sich die Band dann einen Scherz nicht verkneifen: Sie spielten This Charming Man von den Smiths. „I would go out tonight but I haven’t got a stitch to wear…“ Ob’s der Grund war, weswegen Moz absagte? Wir wissen’s nicht…


5. David Bowie – Fame

Wenn wir von britischen Helden sprechen, dürfen weder Oasis noch New Order und Joy Division oder Morissey und seine Smiths fehlen. David Bowie aber ebenso wenig. Der Thin White Duke gehört zu einem der Haupteinflüssen der Killers, nicht nur musikalisch. Auch die manchmal sehr extravaganten Outfits der Band weisen einen leichten Bowie-Touch auf. Bowies Album Hunky Dory mit Songs wie Life On Mars? soll Flowers davon überzeugt haben, es ernsthaft mit der Musik zu versuchen.

Doch es geht nicht immer nur um Flowers. Die ganze Band hat sich von Bowie inspirieren lassen. So ist es auch kein Wunder, dass sie ihm einstimmig ein Ständchen sangen, als sie im Herbst 2017 in die Live Lounge der BBC Radio 1-Show eingeladen wurden. Welches Stück sie dort spielten, überrascht dann kaum: Fame bringt genau die richtige Mischung aus funkigen Rhythmen, exaltiertem Auftreten und verdammt geilem Songwriting! Die drei Grundzutaten der Killers…


6. Bruce Springsteen – Atlantic City

Aber genug von England! Auch andere Nationen haben Großes hevorgebracht. Die Killers wissen das und kehren auf ihrer Suche nach Inspiration gerne vor der eigenen Haustür. Tom Waits oder der Heartland Rock von Bob Seger, Tom Petty und selbstverständlich dem Boss lieferte wichtige Einflüsse für die Band aus Las Vegas. Bruce Springsteen schließlich kann der Welt noch ein, zwei Dinge über tolles Songwriting beibringen. Da müssen selbst die Killers sich auf die Hintern setzen, schweigen und mitschreiben!

Böse Zungen behaupten sogar, sie hätten sogar gern mal abgeschrieben. Sam’s Town, der lang erwartete Nachfolger für ihr umfeiertes Debütalbum Hot Fuss, wurde von vielen als uninspiriert verworfen. Oder besser gesagt als zu inspiriert. „Ich denke, da springt nur ein Journalist auf das an, was der letzte vor ihm gesagt hat“, schnaubte Vannucci, als er auf die ständigen Vergleiche angesprochen wurde. „Aber ich will hier nicht Bruce ans Bein pinkeln – er ist doch großartig und wenn wir ernsthaft mit Bruce Springsteen verglichen werden, kann ich absolut damit leben.“ Zumal ihr Erfolg den Neidern schon noch das Lästern versagen wird. Sie zumindest coverten nicht nur Songs wie Atlantic City auf ihren Live-Shows, sondern teilten sich mit dem Boss höchstpersönlich die Bühne.


7. Dire Straits – Romeo & Juliet

Von dem ist es natürlich nur ein Katzensprung zu den Dire Straits, obwohl der uns schon wieder über den großen Teich führt. Mark Knopfler und seine Sultans of Swing klangen aber nie wirklich britisch, sondern mischten ihrem schwebenden Hard Rock auch Elemente von Country und Blues bei. Die Dire Straits waren eine der ersten Bands, die im klassischen Rock-Format mit den Konventionen der radiokompatiblen Single brachen. Keines ihrer erfolgreichsten Stücke ist unter vier Minuten lang!

Und da waren ja noch die Synthesizer. Als eine der ersten Bands ihrer Generation verstanden die Knopfler-Brüder, dass authentische und handgemachte Musik durch den Einsatz neuester Technologien auch dazugewinnen kann. Eine Formel, die später die Killers perfektionieren sollten. 2006 spielten sie in den legendären Abbey Road Studios – um England führt eben kein Weg vorbei! – ein Cover vom Straits-Hit Romeo and Juliet ein. Und für ihr Album Wonderful Wonderful durften sie sogar Mark Knopfler, dessen lässiges Spiel in Keunings Gitarrensoli widerhallt, höchstpersönlich im Studio begrüßen…


8. Johnny Cash – I Came to Believe

Morrissey, der Boss, Knopfler – die Killers haben noch jeden Star von ihren Qualitäten überzeugt. Jeden? Nicht ganz. Der Man In Black höchstpersönlich, Johnny Cash, verstarb 2003 und hatte vorher nicht die Gelegenheit, sich mit ihnen anzufreunden. Dabei hätten sie es doch gewollt! Schon mit seiner Liebe für die Dire Straits bewies das Quartett eine Affinität zu Country-Klängen, da darf Cash natürlich nicht fehlen. „Er war einer der großen Geschichtenerzähler“, schwärmte Flowers. „Genau das, was ich auch anstrebe.“

Er kam dem Idol, dessen Musik er durch seinen eigenen Vater kennenlernte, dann doch zumindest etwas nahe. Für das in den achtziger Jahren, aber bis 2014 nie veröffentlichte Cash-Album Out Among the Stars wurde ein 16-minütiger Kurzfilm gedreht, in welchem neben Father John Misty und den Local Natives auch Flowers einen Auftritt hatte. Inmitten der kalifornischen Wüste singt er eine eindrückliche Version von Cashs I Came to Believe: „I couldn’t manage the problems I brought on myself / And it just made it worse when I laid them on somebody else / So I finally surrendered it all, brought down in despair / I cried out for help and I felt a warm comforter there.“ Gänsehaut pur!


9. Wayne Newton – Danke Schoen

Wisst ihr übrigens, welchen Song Flowers als „eine Mischung aus den Pet Shop Boys und Johnny Cash“ ankündigte? Human! Das Stück vom Album Day & Age gehört zu den umstrittensten der Bandgeschichte, wenn nicht sogar der Musikgeschichte überhaupt. Alles hängt an einer Zeile: „Are we human, or are we dancer?“ Was soll das bitteschön bedeuten? Noch immer wird gerätselt. Aber so funktioniert großes Entertainment doch: Es gibt uns etwas auf den Weg mit, das noch lange an uns nagt.

Und wenn wir schon vom Entertainment sprechen, dann können wir auch gleich in die Heimat der Killers zurückkehren: Las Vegas. Die Stadt in Nevada ist so etwas wie das Los Angeles der Unterhaltungsindustrie: Viele versuchen es hier zu schaffen und fallen hart auf die Nase. Anders die Killers und anders Wayne Newton, der nicht umsonst den Spitznamen „Mr. Las Vegas“ trägt. Auch die Killers müssten ihm – in den Worten (und der krummen Rechtschreibung) seines Signature-Tunes – ein Danke Schoen zurufen und taten das prompt, als sie 2016 Seite an Seite gemeinsam mit Newton die T-Mobile Arena in Las Vegas eröffneten.


10. U2 – Beautiful Day

Die Killers vereinen eben die Generationen weil sie, wie wir bereits gesehen haben, sogar die Älteren für sich begeistern können. Denn nicht nur zwischen den USA und England wird ihr Sound geschmiedet, sondern auch zwischen Tradition und Gegenwart. Als Flowers das Killers-Album Wonderful Wonderful mit den Worten „Ich will, dass wir die amerikanischen U2 werden!“ begleitete, hätten Bono und seine Kollegen gleich dagegen halten können: Die scheinen manchmal nämlich gern die irischen Killers zu sein!

Deutlich wurde das schon 2005, als Bono beim Live 8-Konzert die Zeile „I’ve got soul but I’m not a soldier“ aus dem Stück All These Things That I’ve Done in gleich zwei U2-Songs einbaute, God Put a Smile Upon Your Face und Beautiful Day. Die Band lud Flowers, wie sollte es auch anders sein, beim Las Vegas-Stopp auf ihrer folgenden Tour gleich auf die Bühne mit ein. Dass er 2008 damit prahlte, dass seine Band „größer als U2“ werden würde, steht noch aus. Aber der Wunsch hat ihn offenkundig nicht verlassen. Und den unbedingten Respekt von Bono und seinen Kollegen hat er sich mit seiner Truppe sowieso erspielt…


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