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Glückseligkeit im Sitzen: So war’s bei Phil Collins in Berlin

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Phil Collins

Immer noch nicht tot? Ein Understatement sondergleichen. Natürlich, der Gehstock mit dem Phil Collins im Rahmen seiner Still Not Dead Yet-Tour auf die Bühne des Olympiastadions kommt, zeugt davon, dass auch an Popstars die Jahre, nein besser: die Rückenoperationen nicht spurlos vorbeigehen.

von Markus Brandstetter

Der Rücken ist „fucked up“, erklärt der 68-Jährige, deswegen muss er das Konzert sitzend spielen. Drummen steht ebenfalls außer Frage: Der begnadete Schlagzeuger kann aus eben diesen gesundheitlichen Gründen nicht mehr spielen. Nein, auch nicht bei In The Air Tonight. Der Job an den Kesseln und Becken bleibt aber in der Familie – Phil Collins’ 18-jähriger Sohn Nicholas übernimmt, gemeinsam mit dem Percussionisten Luis Conte, die Schlagwerkfraktion.


Hört hier die größten Hits von Phil Collins:


Collins tourt mit großer Band: Vier Bläser, vier Background-Sänger*innen plus die Kernband, bestehend aus Daryl Stürmer (Gitarre, großartig!), Leland Sklar (Bass), Brad Cole (Keyboards), Ronnie Caryl (Rhythmusgitarre) sowie Collins-Junior und Conte. Die Kombination aus der sehr präsenten Brass-Fraktion und dem Drum-/Percussion-Duo verleihen Collins’ Song einen muskulösen Sound, angemessen mitreißend für die Größe eines Stadions, das rund 74.500 Menschen fasst.

Mike And The Mechanics eröffnen den Abend

Vor Collins ist allerdings noch ein alter Weggefährte von ihm dran: Den Abend eröffnen Mike And The Mechanics, ihres Zeichens selbst 1980er-Institutionen. Angeführt wird die Band von Collins’ Genesis-Kollegen Mike Rutherford. Dass Mike And The Mechanics mehr als ein Support-Act sind, zeigt der frenetische Jubel, der gerade bei Stadionshows für Opening Acts ungewöhnlich ist. Die Band spielt in strahlendem Sonnenschein ein Best-Of-Set bestehend aus elf Songs mit Hits wie The Living Years, All I Need Is A Miracle und Over My Shoulder.

…und dann kommt Phil

Lange Zeit galt Phil Collins vielerorts als uncool, wurde vom Geschmäcklertum belächelt, ironisiert. Diejenigen, die das taten, sind zum großen Teil längst in der Versenkung verschwunden, ihre Bands aufgelöst. Collins versetzt derweil Stadien in Glückseligkeit – und zwar mit Links und im Sitzen.

Phil Collins performte einen Song mit Genesis-Kollege Mike Rutherford.

Ein Song größer als der andere: Against All Odds (Take A Look At Me Now) eröffnet den Abend, dann geht die Band gleich über in die Edel-Betroffenheitsballade Another Day In Paradise. Die Dramaturgie des Abends verlangt Steigerung – also holt Phil (der bei bester Stimme ist) die Bläser auf die Bühne. Nach Hang In Long Enough und Don’t Lose My Number (das Publikum ist längst in einem Zustand der Verzückung) stehen zwei Stücke von Genesis auf dem Programm. Zuerst spielt die Band Throwing It All Away, dann holt Collins seinen Kumpel Rutherford auf die Bühne.

Gemeinsam performen sie das Stück Follow You, Follow Me, dazu werden auf der Videowand alte Aufnahmen der Band gezeigt. Immer wieder sieht man die Band beim Rumalbern, den jungen Collins mit Bart und Haaren, den legendären I Can’t Dance-Tanz. Collins und Rutherford schauen sich die Projektionen beim Spielen an, lächeln über sich selbst. Ein Buddy-Moment – große Emotion fürs Stadion.

Der perfekte Lauf

Endgültig bringt dann jenes Lied das Fass zum Überlaufen, dessen Drum-Fill als eines der ikonischsten überhaupt in die Rockgeschichte einging. In The Air Tonight läutet einen phänomenalen Lauf ein: You Can’t Hurry Love von The Surpremes, Dance Into The Light, Invisible Touch, Easy Lover – und ganz zum Schluss wieder so einer von Collins’ Überhits: Sussudio als letztes Stück. Es regnet Konfetti und Endorphin, Collins fordert das Publikum zur Sangesteilnahme auf, es leitet ihm widerstandslos Folge.


Seht hier den Live And Loose In Paris-Auftritt 1997:


Für eine Zugabe kehrt die Band noch zurück – und setzt noch einen drauf. Take Me Home ist der perfekte Closer. Die Band verbeugt sich, Phil geht als erster, gestützt auf seinen Stock, von der Bühne, gibt jedem Bandmitglied nochmal einen kurzen Handshake, winkt dem Publikum zu.

Beim Rausgehen gibt es keinen Zweifel: Das hier war gerade ein Stadionkonzert in Perfektion.


Die Setlist von Phil Collins in Berlin:

Against All Odds (Take A Look At Me Now)
Another Day In Paradise
Hang In Long Enough
Don’t Lose My Number
Throwing It All Away (Genesis-Song)
Follow You Follow Me (Genesis-Song, mit Mike Rutherford)
I Missed Again
Who Said I Would
Separate Lives (Stephen-Bishop-Cover)
Drum Trio
Something Happened On The Way To Heaven
You Know What I Mean
In The Air Tonight
You Can’t Hurry Love (The-Supremes-Cover)
Dance Into the Light
Invisible Touch (Genesis-Song)
Easy Lover (Philip-Bailey-Cover)
Sussudio
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Take Me Home


Titelfoto vom Las-Vegas-Konzert 2018: Ethan Miller/Getty Images)


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