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Popkultur

“Ich war ein Mann der Extreme!” – Interview mit Freddie Mercury

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Am 24. November 1991 starb Freddie Mercury an einer Lungenentzündung, die sein von der AIDS-Erkrankung geschwächtes Immunsystem angriff. Weil dieses fabelhafte Wunderwesen aber so viele Fragen hinterlassen hat, haben wir Freddie noch einmal auf zwölf Zigaretten zu Tisch gebeten.


Hört euch News Of The World als Playlist an und lest weiter:


[Im weißen Muskelshirt, kurzem Schnauzer unter schwarzem Kurzhaarschnitt, und ausgewaschener Jeans tritt Freddie unbekümmert in den Raum. Den Tisch fürs Interview bemerkt er erst spät. Er nickt kurz, zündet sich eine Zigarette an und setzt sich.]

Mr. Mercury, sind Sie gut im Hier und Jetzt angekommen?

Sagen wir so: Leicht war es nicht, die Hölle wollte mich nicht mehr gehen lassen. [Lacht]

Sie haben einiges verpasst – zumindest live. Fragen wir frei heraus: Hätten Sie gedacht, dass Ihre Bandkollegen Brian May und Roger Taylor noch mit fast 70 Jahren auf der Bühne stehen?

Tja, “The Show Must Go On”, oder? Hat einst ein weiser Mann gesagt. Witzig auf jeden Fall, die grauen Bärte da schwitzen zu sehen. Immerhin kann ich mir das Spektakel einer Queen-Show endlich auch mal so ansehen. Ich glaube ihnen, dass sie sich, wie sie sagen, in all den Jahren wirklich nicht bewusst nach einem neuen Sänger umgeschaut haben. Dafür bin ich einfach zu gut, Darling, das wussten sie. Muss schwer gewesen sein. Wir hatten eine sehr enge Verbindung, keiner hat den Anführer gespielt. Aber irgendwie hat Adam sie ja in seinen Bann gezogen.

Hand aufs Herz – wie komisch ist es, Queen mit Adam Lambert zu sehen?

Adam ist eine gute Seele. Etwas dramatisch, stimmt schon. Er ist mir eben ziemlich ähnlich, ein einsamer, sensibler Geist. Das macht es aus. Wie ich schon immer zu sagen pflegte: Ein Konzert ist kein stures Wiedergeben unserer Alben. Es ist ein theatralisches Ereignis! Wenn das einer zu dem machen kann, dann Mr. Lambert. Und schöne Haare hat er ja auch.

Finden Sie es schade, dass Bassist John Deacon nicht mehr mitmacht?

Nein, ich verstehe ihn vollkommen. Er war die ruhige Seele der Band, das Fundament. Er wollte nichts an das Vermächtnis unserer Kreativität herankommen lassen. Er hat ja immer noch ein Auge auf das, was die beiden Kindsköpfe da die ganze Zeit aushecken. Ich bin stolz auf ihn.


Queen, September 1976. Vlnr.: Brian May, John Deacon (stehend), Roger Taylor and Freddie Mercury (Frederick Bulsara, 1946 - 1991).

Queen, September 1976. Vlnr.: Brian May, John Deacon (stehend), Roger Taylor and Freddie Mercury (Frederick Bulsara, 1946 – 1991).


Was war das schönste, was Ihrer Legende nach Ihrem Tod widerfahren ist?

Dass eine gelbe Rose nach mir benannt wurde. Sie läuft in wunderschönem Altrosa an den Blütenenden aus, einfach fabelhaft! Naja, und vielleicht, dass Kurt Cobain seine Bewunderung für mich in seinem Abschiedsbrief festgehalten hat.

Zu Lebzeiten folgte auf einen Ihrer schönsten Momente so ziemlich das Gegenteil. Als ihr erfahren habt, dass “Bohemian Rhapsody” Nummer eins gegangen ist, seid ihr in einem Hotelaufzug auf und ab gesprungen, bis er stecken blieb. War das eine Nahtoderfahrung?

Du verarscht mich, oder? So leicht kann man uns nicht erschüttern. [Lacht] Aber es war schon verdammt komisch. Als wir gerade im Hotel einchecken wollten, wurde uns diese wahnsinnige Nachricht ins Gesicht geschmettert. Wir sind völlig durchgedreht! Wollten so schnell es geht hoch ins Zimmer, um das gebührend zu feiern. Wie die Wilden sind wir rumgesprungen. Plötzlich blieb der Aufzug stecken! Endlose Minuten vergingen, ich habe keine Luft mehr bekommen… Irgendwann dachte ich: Endlich sind wir eine Nummer-eins-Band in England und dann gehen wir alle in diesem verdammten Lift drauf.

Für Queen war dieser Erfolg der endgültige Durchbruch. Haben Sie das kommen sehen oder erwartet? Immerhin hat die Band 45.000 Britische Pfund – was damals die Produktion eines ganzen Albums darstellte – in diese eine, sehr krude Rock-Oper gesteckt.

Wir haben eine Vision gehabt, immer. Um finanzielle Erfolge ging es da nur zweitrangig, die Rechnungen hätten wir auch so bezahlen können. Ich hatte genug Geld für drei Leben, my Dear. Ich wollte eine waschechte Rhapsodie schreiben, Pop, Rock und die Oper nahtlos miteinander verbinden. Ich wusste, dass dies ein großartiges Werk ist. Aber dass all die Menschen es auch gespürt haben, hat uns umgehauen. Versteh mich nicht falsch: Ich bin kein Elitist. Meine Musik sollte jeder hören. Weil Musik für jeden da ist. Sie ist eine internationale Sprache.



Bald kommt ein Biopic über Queen heraus. Da haben Sie leider kein Mitspracherecht. Aber wenn Sie die Wahl hätten: Wer sollte Ihre Rolle übernehmen?

Joseph Gordon-Levitt! Das ist mein absoluter Favorit. Ein schmucker Kerl! Er tanzt wie ein Gentleman, singt wie eine Nachtigall und hat das Herz am rechten Fleck. Wenn Joseph allerdings unpässlich sein sollte, dann darf es auch Jared Leto werden. Für die Bühnenszenen ist er der richtige – ein verrückter Hund.

Einige Schlüsselszenen Ihres Lebens werden dem Schauspieler viel abverlangen. Die schwerste Hürde in Ihrem Leben war der Kampf mit und die Geheimhaltung ihrer schweren Krankheit. Warum haben Sie das mit dem AIDS bis einen Tag vor Ihrem Tod nie verraten? Dabei sind Sie doch in diesen konservativen Zeiten überragend und erfrischend spielerisch mit Travestie, Geschlechterrollen und Neigungen umgegangen.

Ich wollte mein privates Umfeld schützen. Kannst du dir den Druck der Presse und die verfluchten Paparazzi vorstellen? Gott weiß, was wir hätten über uns ergehen lassen müssen.


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Seit Ihrem Tod ist die Musikwelt massiven Wandlungen unterlegen. Platten werden weit weniger gekauft, das Internet dominiert. Riesige Rock-Bands wie Queen gibt es heute nicht mehr, haben Sie das schon mit dem Song “Radio Ga Ga” kommen sehen, wo Sie dem Medium Radio Wertverlust nachsagen?

Ja und nein. Vor meinem Tod war an das Internet überhaupt nicht zu denken. Heute ist es noch viel schwieriger als in den 70ern, den Status seines Erfolgs zu erhalten.

Könnten Sie sich trotzdem vorstellen, heutzutage soziale Medien zu nutzen?

In den 70ern wäre ich voll auf Tinder steil gegangen, Baby! Aber ja, klar: Facebook würden heute meine Assistenten für mich machen.  Ich hätte gar keine Zeit für solche Spielereien.

Es ist mir unangenehm zu fragen, aber könnten wir kurz ein Selfie schießen?

[Verzieht die Augenbrauen, steckt sich regungslos die nächste Zigarette an und grinst für eine Millisekunde]

Darling, muss das wirklich sein? Ja? Aber nur, weil ich heute besser aussehe als zu Lebzeiten.

[Die Tür geht auf, grelles Licht strahlt wie eine Flut in den Raum. Eine bassige Stimme lässt dröhnend wissen: “Noch fünf Minuten, Freddie. Der nächste Termin steht an.”]

Welchen Künstler der heutigen Generation würden Sie mit auf Tour nehmen, wenn es noch eine gäbe?

Lady Gaga ist wahnsinnig engagiert, eruptiv und eigen. Sie ist ein mediales Ereignis, wie auch Queen! In Sydney hat sie ja schon mal mit den Jungs gesungen, sie weiß also mit uns umzugehen.



Auf Ihrem Soloalbum “Mr. Bad Guy” stach die Single “Living On My Own” hervor, die auch so drastisch tragisch gemeint war, wenn auch mit positiver Weitsicht. Jetzt im Nachhinein: Würden Sie sich wünschen, noch einmal ohne den ganzen Medienrummel und die dadurch einhergehende Vereinsamung ein ganz anderes Leben zu führen?

Ihr lasst mich ja noch nicht mal jetzt in Ruhe! [Lacht] Nein. Ich kann nichts anderes, habe nichts anderes zu tun. Ich liebe die Freiheit, auf der Bühne herumzurennen. Entspannen kann ich mich nicht, das ist Zeitverschwendung. Vier Stunden Schlaf reichen mir pro Nacht, ich habe schnelle Erholungsphasen. Hätte es Queen nie gegeben, hätte ich in einer anderen Band oder solo gespielt.

Und im Privaten? Haben Sie sich keine Beziehung oder eine Hochzeit gewünscht?

Es hat einfach keiner mit mir ausgehalten, ich war nicht für Beziehungen gemacht. Ich war ein Mann der Extreme. Man darf ein Buch aber nicht nach seinem Umschlag beurteilen: Privat konnte ich ziemlich langweilig sein. Niemand wird je wissen, wie ich wirklich war. Wenn mir Freunde zu nahe gekommen sind, haben sie etwas in mir zerstört.


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Dadurch wurden Sie zum Skeptiker: Haben Sie je gedacht, Sie wären in Ihren Texten, Interviews oder der Performance zu intim geworden?

Überhaupt nicht, vielleicht war das genau meine Rolle im Leben, skeptisch zu sein. Manchmal sind meine Texte erfüllt von Trauer, fühlen sich wie die verdammte Hölle an. Genau so oft übernimmt aber auch eine Euphorie die Kontrolle über mich und das hört man auch in der Musik. Ich hatte keine Angst, alles rauszulassen, alles zu sagen. Niemand konnte mich da aufhalten, Darling.

2016 habt ihr im Jenseits mächtig Zuwachs bekommen. Einige bedeutende Musiklegenden…

Für euch da unten ist das traurig, ja. Aber wir haben hier oben eine wirklich gute Zeit, da sei dir mal sicher, Honey. Du müsstest Lemmy, Prince und Bowie mal feiern sehen! Und wir haben endlos Zeit, unsere wilden Fantasien musikalisch festzuhalten. Du kannst dir nicht vorstellen, was wir gerade zusammen aufnehmen – hier ist alles möglich.


Disclaimer: 

Dieses Interview ist frei erfunden. Alle Antworten wurden nach bestem Gewissen im Stil des Interviewpartners formuliert, entstammen aber der Fantasie des Autors und entsprechen nicht notwendigerweise der Wahrheit.


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