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Popkultur

Liebe, Kunst und Weltfrieden – Yoko Ono zum Geburtstag

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Besonders eine Geschichte soll hier nicht erzählt werden: Es ist jene von der John-Lennon-Witwe Yoko Ono als Spalterin, als Verantwortliche für den Zusammenbruch der Beatles. Dieses Branding hält sich auch 50 Jahre nach dem Ende der Fab Four so hartnäckig in der Welt, dass man meinen könnte, noch immer arbeiteten Marketingexperten aktiv an diesem Narrativ.


Hört hier unsere Yoko Ono in 10 Songs-Playlist rein:

Für die ganze Playlist klickt auf “Listen”.


Dabei hatte selbst Paul McCartney – ebenfalls über lange Jahre nicht Onos größter Fan – die Geschichte irgendwann zu den Akten gelegt. 2012 sagte er in einem TV-Interview, Ono sei nicht für die Trennung der Band verantwortlich gewesen, das waren allein die vier Mitglieder selbst.

Das Geständnis kam spät, Jahrzehnte lang war Ono von Beatles-Fans angefeindet worden. Immerhin eines beweist diese Episode: Yoko Ono ist eine imposante Persönlichkeit, der man einiges zutraut. Nun wird die feministische Multimedia-Künstlerin und Friedensaktivistin 86 Jahre alt.



Frühe Kriegserfahrungen prägen Ono

Ono wird am 18. Februar 1933 in Tokyo geboren, ihre Vater ist ein wohlhabender Banker, ihre Mutter eine ehemalige Pianistin. Ono, deren Name in der japanischen Silbenschrift Kanji „Kind des Meeres“ bedeutet, erhält von Kindesbeinen an eine musische Erziehung, lernt Klavier spielen und singen. Die Familie zieht bald nach dem Krieg in die USA, dann wieder zurück nach Japan und schließlich wieder in die USA. Die frühen Eindrücke des Krieges, das zerbombte Tokyo und der Hunger der Kriegstage, werden Ono ein Leben lang prägen und ihre Arbeit als Friedensaktivisten wesentlich befeuern.

Als erste Frau beginnt sie Anfang der 50er Jahre an der Gakushuin University in Tokyo ein Philosophiestudium, folgt ihrer Familie jedoch bald darauf nach New York, wo sie zwar ebenfalls das renommierte Sarah Lawrence College besucht, sich jedoch weit mehr für die Avantgarde-Kunstszene in New York City als für ihre Uniseminare interessiert. Ihren Eltern missfällt Onos Umgang mit den Poeten, den Malern und Musikern der Stadt, aber die zierliche Frau mit dem durchdringenden Blick ist längst eine von ihnen geworden. Bald ist sie mit den Musikern John Cage und La Monte Young bekannt, der ihr sein Atelier für ihre ersten künstlerischen Gehversuche leiht. Cage wird ihr Mentor und steht mit gutem Rat zur Seite, etwa, als sie in ihrer Performance-Kunst mit offenem Feuer arbeitet.



Yoko Ono und ihre Künstler-Ehen

Drei Mal innerhalb kürzester Zeit heiratet Ono zwei Musiker, den japanischen Komponisten Toshi Ichiyanagi und den Jazzmusiker Anthony Cox, letzteren gleich zwei Mal. Alle drei Ehen werden geschieden. Mit Cox hat Ono eine gemeinsame Tochter, die sie aufgrund von Sorgerechtsstreitigkeiten Jahrzehnte lang nicht zu Gesicht bekam. Ehefrau und Mutter sein liegt Ono zumindest in ihren jungen Jahren nicht, sie widmet ihre gesamte Leidenschaft der Kunst. Hinzu kommt ein laxer Umgang mit illegalen Substanzen, der ihr im Streit ums Sorgerecht für die Tochter zum Nachteil wird. Ihr Herz jedoch ist schnell entflammt für alle möglichen Künstler.

John Lennon schließlich besucht 1966 ihre Ausstellung in London, besteigt eine ihrer begehbaren Installationen (eine Leiter, an dessen oberem Ende eine Lupe hängt, blickte man hindurch, sah man groß das Wort YES an der an der Wand) und ist eigenen Angaben nach von der positiven Botschaft in einer Kunstwelt voller “anti-everything avantgarde bullshit“ angetan.



Ono ist damals schon eine respektierte Künstlerin. Und Lennon war zwar noch mit seiner Frau Cynthia verheiratet, doch schon bald sind Ono und Lennon unzertrennlich. Als Cynthia in Griechenlang urlaubt, lädt Lennon Ono zu sich nach Hause ein, wo die beiden die Nacht unter anderem mit dem Aufnehmen des Albums Two Virgins verbringen. Als Cynthia am Morgen die Wohnung betritt, sollen beide im Morgenmantel Tee getrunken und die betrogene Ehefrau mit „Oh, hi“ begrüßt haben.

Lennon und Ono: Liebe, Kunst und Aktivismus

Ono und Lennon verbindet nicht nur die gegenseitige künstlerische Inspiration, von deren Schaffensreichtum unzählige teils ziemlich schräge musikalische Kollaborationen erzählen, sondern auch ein starkes Bedürfnis zum politischen Aktivismus, vor allem gegen den Vietnamkrieg und für eine friedliche Welt. Weltberühmt sind ihre Flitterwochen im März 1969, die sie in einem Bett in Amsterdam verbringen, als Zeichen gegen den Krieg und möglicherweise als erstes Bed-In for Peace der Geschichte. Hier ließ sich das Angenehme mit dem Politischen verbinden.



Paul McCartney hat den Einfluss Onos auf Lennon einmal als deutlich größer beschrieben als andersherum. Ono sei der kreative Antrieb für den etwas müden Lennon der späten 60er Jahre gewesen, sie habe ihn mit Avantgarde-Kunst und -Musik in Berührung gebracht, und er sie weit mehr gebraucht als sie ihn.

Nach dem Tod Lennons lebt Ono zurückgezogen

Dennoch ist Yoko Onos Lebensgeschichte untrennbar mit der von John Lennon verbunden. Sie liebten und sie hassten sich, sie trennten sich und zeugten in einer whiskeyreichen Nacht ein gemeinsames Kind, Sean Taro Ono Lennon, der seinem Vater aufs Verblüffendste ähnelt.

Sieht seinem berühmten Vater zum verwechseln ähnlich: Sean Lennon. Bild von Lhcollins (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) oder GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Nach Lennons Ermordung wird Ono hauptberuflich Nachlassverwalterin und lebt die folgenden Jahre zurückgezogen mit ihrem Sohn. Viel später widmet sie sich wieder ihrer Kunst. Bis heute sind ihre großen Themen der Friedensaktivismus und die Performancekunst, in der sie Wegbereiterin etwa für Marina Abramovic war. Und in ihrem Aktivismus, etwa gegen die von George W. Bush angezettelten Kriege oder gegen Fracking, findet sich zugleich immer ein in memoriam an ihren geliebten Gefährten.

Lennons und ihre Vision einer friedlichen Welt, aufs Schönste besungen in dem Welthit Imagine, ist (leider) noch immer aktuell. Ono selbst sagte zu ihrem 80. Geburtstag einmal, sie könne die Füße noch zu Genüge in ihrem Sarg hochlegen. Derweil sei auf dieser Welt noch genug zu tun.



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