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Popkultur

Mister Slowhand in Berlin: So war’s beim Konzert von Eric Clapton

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Die neunte Station der Eric Clapton World Tour 2019 brachte den Ausnahmekünstler am 4. Juni in die Mercedes-Benz Arena nach Berlin. Während in der Stadt gerade sommerliche Höchsttemperaturen vorherrschen, verbreitete Clapton dort seine unnachahmliche Coolness, gepaart mit einer nahezu perfekten Virtuosität an der Gitarre.


Hört hier einige der größten Clapton-Hits:


Wenn ein mehrfacher Grammy-Gewinner und Rock’n’Roll-Hall-Of-Famer in einer der größten Konzert-Venues Berlins zu Gast ist, entsteht natürlich eine sehr hohe Erwartungshaltung – allein der Name Clapton verspricht schließlich schon große Musikmomente. Und, so viel lässt sich jetzt schon vorwegnehmen: Mit seiner Berlin-Show hat er sicherlich jeden Wunsch seiner Fans erfüllt hat.

Aber zurück zum Anfang: Der erste Song des Sets, Pretending liefert einen gelungenen Einstieg in den Abend. Clapton manövriert anschließend in Key To The Highway, seinem altbekannten Charles-Segar-Cover, seine Fender Stratocaster durch die ersten Soli und brilliert sowohl stilistisch als auch hinsichtlich seines Gitarrensounds, der mit seinem unverwechselbar-weichen Twang das Markenzeichen des Künstlers ist.

Publikum taut langsam auf

Zugegeben, das Berliner Publikum reagiert anfangs noch etwas unterkühlt und würdigt Soli zunächst nur mit verhaltenem Applaus. Als der zweite Song, der Bluesstandard I’m Your Hoochie Coochie Man, und damit auch schon der erste große Hit an diesem Abend folgt, lockert sich aber die Stimmung und wird nahezu ausgelassen bei I Shot The Sheriff, einem All-Time-Classic von The Wailers.

Eric Clapton zeigte sich in Berlin routiniert schlicht. (Bild: Frank Hoensch/Redferns/Getty Images)

Hier zeigt sich dann auch die gesamte Brillanz von Claptons Band: Mit seinem langjährigen Weggefährten Chris Stainton und Paul Carrack an den Keyboards sowie Doyle Bramhall II an der Rhythmus-Gitarre hat er eine hochkarätige und illustre Runde an Musikern um sich versammelt. Während Stainton und Carrack mit virtuosen Solobeiträgen glänzen, die einen schon fast ehrfürchtig auf ihr musikalisches Können blicken lassen, weiß Bramhall vor allem durch Melodik und einen samtigen Sound zu glänzen, der fast schon einen kleinen Kontrast zum Stil des Bandleaders darstellt.

Highlights während der Unplugged-Einlage

Im zweiten Drittel des Konzerts folgt ein Akustik-Set, das Eric Clapton einleitet, indem er kurz erwähnt, mit seiner Akustik-Gitarre zurzeit nicht ganz zurechtzukommen, da sie neue Tonabnehmer habe – nur um im selben Moment mit einem bravourösen Solo in einen Slow Blues einzusteigen. Eingeleitet durch den Driftin’ Blues, ein Cover von Johnny Moore’s Three Blazers, und gefolgt von Nobody Knows You When You’re Down And Out, im Original von Jimmy Cox, steuert das Konzert auf den einen der Höhepunkte des Abends zu: dem Doppel aus Tears In Heaven und Layla.

Das Arrangement von Tears In Heaven weicht an diesem Abend leicht von der  bekannten Studio-Version ab. An Stelle der sehr getragenen Gitarren-Ballade tritt eine eher Uptempo-gestaltete, fast schon reggaeartige Version des Songs, die einigen vielleicht nicht gefühlvoll genug ist, aber eine willkommene, etwas andere Facette des Songs zeigt. Claptons Welthit Layla hingegen stößt auf die größte Resonanz beim Berliner Publikum, das bei diesem Song fast euphorisch reagiert und die Musiker mit intensivem Applaus würdigt.

Kein Halten mehr auf den Sitzplätzen

Im letzten Drittel des Sets kommen wiederum elektrische Gitarren zum Einsatz. Hier machen Tearing Us Apart und Holy Mother den Anfang, gefolgt von Cross Road Blues und Little Queen Of Spades – Songs, bei denen noch einmal deutlich wird, dass man sich Claptons Spiel gut und gerne auch noch für weitere Stunden anhören könnte. Die Spanne an Solo-Einlagen des 74-Jährigen und seiner Band reicht hier von schnellen Uptempo-Läufen bis hin zu bluesigen Momenten, in denen Clapton seine Gitarre  einfach nur „singen“ lässt.



Als letzter Song des regulären Sets folgt Cocaine, zu dem Eric Clapton auch noch seinen Freund Kurt Rosenwinkel auf die Bühne holt, um eine weitere Gitarren-Passage beizusteuern. Tatsächlich gibt es bei diesem Song nun kein Halten mehr in Berlin. Das Publikum, das bis dato brav auf den Sitzen ausgeharrt hat, stürmt vor die Bühne – und man kann leicht erahnen, dass vor ein paar Jahrzehnten ein Eric-Clapton-Konzert wohl ganz anders ausgesehen hat. Angespornt durch die laustarke Menge vor der Bühne legt die Band noch spürbar einen Gang zu und präsentiert die ausgefallensten Soli des Abends. Als einzige Zugabe des Abends präsentiert Clapton Before You Accuse Me, ein Bo-Diddley-Cover, bevor er von der Bühne verschwindet.

Keine große Inszenierung notwendig

Wenn man die lebende Legende an diesem Abend kritisieren mag, und das wäre Kritik auf sehr hohem Niveau, dann könnte man bemängeln, dass eine einzelne Zugabe etwas knapp bemessen war und die Bühnengestaltung für eine Venue dieser Größenordnung relativ spartanisch ausgefallen ist. Mit fast zwei Stunden Spielzeit konnt aber wohl jeder zufrieden sein, und eine opulentere Bühne hätte eventuell sogar den ein oder anderen Zuschauer gestört – Fans der großen Inszenierung kamen an diesem Abend wenige Kilometer weiter bei KISS voll auf ihre Kosten.

Das Fazit des Abends: Clapton ist und bleibt der virtuose Blues-Musiker, den die Welt lieben gelernt hat – und sein Sound bewegt sich immer noch nahe an der Perfektion. Hätte man das Konzert aufgenommen und als Platte veröffentlicht, seine Fans wären mit Sicherheit zufrieden gewesen. Dass einer der größten Musiker aller Zeiten vielleicht nicht die größte Bühnenshow aller Zeiten auffährt, ist nebensächlich. Denn das muss er auch gar nicht. Hier stand ausdrücklich die Musik im Vordergrund – und mit der konnte man mehr als zufrieden sein.


Die Setlist von Eric Clapton in Berlin:

Pretending
Key to the Highway (Charles-Segar-Cover)
I’m Your Hoochie Coochie Man (Willie-Dixon-Cover)
I Shot the Sheriff (The-Wailers-Cover)
Driftin’ Blues (Johnny-Moore’s-Three Blazers-Cover)
Nobody Knows You When You’re Down And Out (Jimmy-Cox-Cover)
Tears In Heaven
Layla (Derek And The Dominos)
Running On Faith
Electric
Tearing Us Apart
Holy Mother
Cross Road Blues (Robert-Johnson-Cover)
Little Queen Of Spades (Robert-Johnson-Cover)
Cocaine (J.J.-Cale-Cover)
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Before You Accuse Me (Bo-Diddley-Cover)


Titelbild: Frank Hoensch/Redferns/Getty Images


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