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Popkultur

Stop, Hey, What’s That Sound? Dancefloor Jazz aus dem Mojo Club

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Bestimmt erinnern sich viele noch an Austin Powers. Genau! Dieser Samtanzug tragende Geheimagent aus den 70ern, der etwas zu extrovertiert daherkam mit seiner Föhnfrisur, laufend schlechte Witze riss und ständig von seinem „Mojo“ sprach! Was genau er mit Letzterem gemeint hat wusste man nicht so genau. Es hatte irgendwas mit überbordendem Charisma und hedonistischem Lebensstil zu tun und war scheinbar das Zauberelixier schlechthin, um Frauen reihenweise in Entzücken zu versetzen.

Um es klarzustellen: Das Wort kommt aus dem Afrikanischen und bedeutet soviel wie „Glücksbringer“. Von den Sklaven nach Amerika gebracht, wurde es zum Synonym für ein beschwingtes und leichtes Lebensgefühl, das ihnen zu der Zeit allein in ihrer Musik – den Worksongs, Spirituals und Gospels – geblieben war. Die afroamerikanischen Musikstile, die sich in den folgenden Jahrzehnten entwickelten, prägte dieses Gefühl als zeitloser Groove gepaart mit einer ordentlichen Portion Sexappeal. So sang Muddy Waters „I Got My Mojo Working“ (But it just won’t work on you), Jimi Hendrix wurde zum „Mojo Man“ (And I’m from / Let me tell ya / I’m from Voodoo Land) und sogar The Beatles griffen es in ihrem Song „Come Together” auf (He got muddy water / He one mojo filter).

Schwer vorstellbar nun, dass dieses feurige Mojo und die hanseatische Zurückhaltung der Stadt Hamburgs eine so folgenschwere Verbindung eingegangen sind: Dort nämlich, genauer gesagt auf der Reeperbahn, Hamburgs berüchtigter Amüsiermeile, lädt der international bekannte Mojo Club seit den 90er Jahren zu seinen legendären Clubnächten „Electric Mojo“ und „Dancefloor Jazz“ ein. Seine Gründer Oliver Korthals und Leif Nüske orientierten sich am Acid Jazz, der zu dieser Zeit in London florierte, und brachten die am Breakbeat orientierten Sounds als erstes auf den europäischen Kontinent. Zuvor war so etwas wie eine Clubszene in Deutschland noch ein Fremdwort, doch die beiden Musikkenner vertrauten einfach ihrem Gespür. Sie folgten ihrer Vision, stets am Zahn der Zeit die frischesten neuen Beats zu entdeckten, die musikalische Qualität wurde dabei als oberste Priorität gesehen. Mit einem Mal war die sonst so kühle Hansestadt nicht mehr nur wirtschaftliches Tor zur Welt: Der Mojo Club avancierte schnell zur heißen Affäre eines jeden Liebhabers vom neu etikettierten tanzbaren Jazz, dem Dancefloor Jazz. Tanzorientierte Rhythmen à la Soul und Funk, gespickt mit Elementen der elektronischen Musik vereinen sich hier mit dem Jazz.

Die Macher vom Mojo Club wussten außerdem auch, wie man dem Laden einen entsprechenden Ruf verpasst: Egal, wie viele Leute gerade wirklich drinnen die Tanzfläche polierten, draußen gab es immer eine Schlange, die vermuten ließ der Club sei proppevoll – ein Qualitätsmerkmal und spätestens seit dem auch ein gerne kopiertes Phänomen vor den Toren der deutschen Tanztempel.

Doch mit dem großen Erfolg der Clubnächte nicht genug: Mojo-Mastermind Oliver Korthals veröffentlichte die Compilation-Serie „Mojo Club presents Dancefloor Jazz“, die jeder Vorstellung von einfallslosem Einheitsgeplänkel mit geschichtsträchtigem Stilbewusstsein und einer handverlesenen Musikzusammenstellung kontert. Besondere Raritäten über Genregrenzen hinweg, prägen die zwölf Editionen der Samplerreihe: Da stehen Größen wie James Brown, Nina Simone, Quincy Jones oder The Supremes neben unbekannteren Namen und längst vergessen geglaubten Geheimtipps, die zusammen eine Jam-Session veranstalten, die Ihresgleichen sucht. Blues und Jazz mischen sich ganz selbstverständlich mit Soul- und Funknummern, ganz unvermittelt werden sie irgendwann von Latin und Hip Hop abgelöst. Am Ende entsteht eine Homogenität, die mehr ist als die Summe der einzelnen Teile ist und Lust auf mehr macht.

Hier haben wir alle Mojo Club Sampler zum sofort reinhören!

Zehn Jahre musste der Club aufgrund kommerzorientierter Baumaßnahmen seine Pforten schließen, seit 2013 ziert das stilvolle Logo in Form eines umrankten M nun wieder den neuen Eingang am Fuße der „Tanzenden Türme“ an der Reeperbahn 1, dem Sinnbild schlechthin für die rasende Gentrifizierung der gesamten Stadt. Korthals und Nüske lassen es sich aber nicht nehmen, ein wenig „wahren Underground“ zurückzubringen an den Ort, an dem vor rund 25 Jahren alles begann. Und ihr Mojo lässt heute noch genau wie damals alle Herzen höher schlagen.

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