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Popkultur

“Music From Big Pink” von The Band feiert 50. Geburtstag mit einem Reissue

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Das Haus hat die Farbe von frisch gefangenem Lachs, eine urtümliche Mischung aus Orange, Rot und Pink. Demjenigen, der es einmal angestrichen hatte konnte nicht geahnt haben, dass einmal eines der einflussreichsten Alben der amerikanischen Musikgeschichte nach ihm benannt werden würde. Es steht in West Saugerties im Bundesstaat New York. Bob Dylan und The Band, die ihn Jahre lang auf Tour begleiteten, haben es nur Big Pink genannt.

Im Keller dieses Tartar-farbenen Kleinstadtidylls trugen sich ab Februar 1967 wundersame Dinge zu. Eine damals lose verbundene Gruppe professioneller Session-Musiker mietete sich in Big Pink ein und nahm über einige Monate die Platte Music from Big Pink auf. Anlässlich seines 50. Erscheinungsjubiläums im Juli 1968 wird das Album am 31. August 2018 neu aufgelegt, in verschiedenen, gebührend opulenten Varianten. Hier könnt ihr die Platte vorbestellen.

Über Music From Big Pink zu schreiben bedeutet, vergeblich nach dem allumfassenden Superlativ zu suchen, das dieses Album verdient. Es verschlägt einem wortwörtlich die Sprache und zeigt, wie erbärmlich Worte doch im Gegensatz zu musikalischen Formen der Verständigung sind.


Hört hier in “Music From Big Pink” rein:

Für das ganze Album klickt auf „Listen“.

Ein Genre namens Big Pink

Americana, Roots Rock, Folk, Country, R&B, Gospel, Soul oder Rockabilly sind die Labels, die seit seiner Veröffentlichung gerne für Music From Big Pink genutzt werden. Sie mögen alle zutreffen und bleiben dennoch vage. The Band stellten derart viel und nachhaltig auf den Kopf, dass ihr Album ein eigenes Genre verdient, man könnte sich auf Big Pink einigen.

Eine der Phantasmen ist die absolute Zeit- und Ortlosigkeit des Sounds. Die Harmonien, Rhythmen und Gesangsparts würden akustisch gespielt genau so in eine Scheune im Mittleren Westen anno 1920 passen wie in die Motown-Ära der 60er. Alle fünf Band-Mitglieder arbeiteten als Multiinstrumentalisten im Studio und jeder sang die selbst geschrieben Songs, unabhängig von vokalen Kompetenzen. Die gemeinsamen Vocals klingen auf sympathische Weise unfertig, so als würden Freunde auf einer Autofahrt die Lieblingssongs im Radio mitsingen. Besondere Juwelen sind Tears of Rage, The Weight und The Kingdom Come.



The Band beeinflussten Beatles, Eric Clapton oder Roger Waters

Rick Danko, Garth Hudson, Richard Manuel, Robbie Robertson und Levon Helm haben  ein Sakrileg geschaffen, dessen Bedeutung für die Musikgeschichte unermesslich ist. The Beatles – sonst das Alpha und Omega musikalischer Referenzen – sollen von The Band zu ihrem Album Let It Be inspiriert worden sein, Eric Clapton gab zu, das Album jeden Tag zu hören und danach entschieden zu haben, Cream zu verlassen. Für Roger Waters ist es das wichtigste Album nach Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Es sei von seiner musikalischen Konstruktion entscheidend für alles gewesen, was danach kommen sollte, glaubt die Pink Floyd-Legende.

Der Name The Band ist ein gigantisches Understatement. Kaum weiter auseinanderliegen könnten hier das persönliche Selbstverständnis, Musik im Auftrag von Soundso, als Begleitband von Ronnie Hawkins oder Dylan zu schaffen, und die Eigenständigkeit, die die Künstler auf musikalischer Ebene demonstrierten. In jedem Fall addiert das Spiel mit Bescheidenheit und Genius zur Kunst dieser Multiinstrumentalisten, die ihre eigene Supergroup formten.



Gebührende Geburtstagsedition in schreiendem Pink

Da alles im Bauch des Lachs aka The Big Pink begann, gibt es die Jubiläumsedition der 180g Vinyls im passenden Farbkostüm. Wer beim Anblick dieser schreiend pinken Scheiben in Limited Edition keine gute Laune bekommt, dem ist nicht zu helfen. Das von Bob Dylan gestaltete Cover des Albums wurde farblich etwas aufgehellt und an den Inhalt angepasst. Das Ganze gibt es auch als Boxset mit den Platten als CD und auf Vinyl, mit Outtakes und alternativen Versionen der Pink Sessions, außerdem als reine CD- oder Digital-Variante. Alle Versionen enthalten einen neuen Stereomix des Albums, den Produzent Bob Clearmountain von den original 4-Spur Analogmastern erstellt hat und die eine fantastische Klarheit aufweisen.


Hier könnt ihr die streng limitierte Jubiläumsedition vorbestellen.



Wer sein Fantum so richtig upgraden will, kann The Big Pink inzwischen als Ferienhaus mieten. Das geräumige Domizil steht noch immer in West Saugerties unweit von Woodstock und in seiner ganzen lachsfarbenen Pracht. Bilder davon gibt es hier.

Den Möglichkeiten, diesem einzigartigen Album und seinen Schöpfern zu huldigen, sind also kaum kreative Grenzen gesetzt.


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