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Popkultur

Sie waren die Champions: Der majestätische Rock von Queen in den 70ern

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Die wenig bescheidene Aussage, dass Queen “der Cecil B DeMille der Rockmusik [sein] und immer alles noch größer und besser machen” wollten, wird sowohl Freddie Mercury als auch Roger Taylor zugeschrieben. Und beide können wohl von sich behaupten, dieses Ziel erreicht zu haben. Als Gruppe erarbeiteten sich Queen in den 70ern einen Ruf als mutigste und erfolgreichste Band aller Zeiten.

von Martin Chilton

Die Anfänge waren allerdings wenig verheißungsvoll. 1967 gründete Gitarrist Brian May die Band Smile. Freddie Mercury, der bis dahin in einer Heavy Metal Formation namens Wreckage war, ersetzte 1970 den Sänger Tim Staffell, und wenig später änderte die Gruppe mit Roger Taylor am Schlagzeug ihren Namen in Queen. Mercury war damals 24 Jahre alt und erinnerte sich später: “Der Name war meine Idee. Es ist nur ein Name, aber er klingt königlich und grandios, und er wird weltweit verstanden. Auch visuell konnte man damit viel machen und man kann alles Mögliche hineininterpretieren.”


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“Wir wollten nicht wie irgendeine beliebige Band behandelt werden”

Im Laufe des folgendes Jahres probierten Queen verschiedene Bassisten aus und ließen sich viel Zeit mit der finalen Entscheidung für das letzte noch fehlende Mitglied der Band, mit der sie zu Weltruhm aufsteigen wollten. Schließlich fiel die Wahl auf John Deacon, der auf seinen College-Abschluss in Elektronik hinarbeitete. Ihr erster Auftritt in der Besetzung, mit der sie die nächsten 15 Jahre weltweit live spielen würden, fand am 2. Juli 1971 statt. Queen waren eine gebildete Band. Neben John stand der diplomierte Grafikdesigner Freddie Mercury, Biologe Taylor und der ebenfalls diplomierte Astrophysiker Brian May auf der Bühne. Was sie einte war ihre Begeisterung für Rock’n’Roll, Glam und Glitzer, Progrock und Comedy.

Berichten zufolge fand dieser erste gemeinsame Auftritt im West Surrey College Of Art And Design in der Nähe von Guildford statt und dank ihres Sounds, Mercurys Bühnenpräsenz und seiner einzigartigen Stimme spürte das 70-köpfige Publikum sofort, dass diese Band etwas Besonderes war. Im Anschluss spielten Queen ihre erste Tour, die aus elf Terminen in Cornwall bestand.

Die nächsten zwei Jahre ließ sich die Band Zeit, um einen Plattenvertrag unter Dach und Fach zu bringen. Mercury erzählte, dass sie sich schon bei ihrem ersten Demo “im Klaren darüber waren, dass es viele schwarze Schafe” gibt und deshalb nichts überstürzen wollten. “Wir sind wirklich zu so ziemlich jedem Label gegangen, bevor wir uns entschieden haben. Wir wollten nicht wie irgendeine beliebige Band behandelt werden”, sagte er.

1973 unterschrieben Queen einen Vertrag mit Trident/EMI und im Juli desselben Jahres erschien ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Produziert wurde es von John Anthony und Roy Thomas Baker und auf der Trackliste befand sich u. A. der von Gitarrenvirtuose Brian May geschriebene Track Keep Yourself Alive sowie eine kurze, instrumentale “Skizze” von Mercury, mit dem Titel Seven Seas Of Rhye.



Auf ihrem zweiten Album Queen II tauchte der Song mit einem breitwandigeren Sound, verschachtelten Gesangsharmonien und neuem Text wieder auf. Er endet in dieser Version mit einem kurzen Ausschnitt von I Do Like To Be Beside The Seaside und brachte der Band ihren ersten Charterfolg: am 9. März 1974 stieg Seven Seas Of Rhye in die Charts ein und kletterte schließlich bis auf Platz 10.

Es hat die Rock- und Popmusik komplett verändert

Mit der Single Killer Queen – einem extravaganten und innovativen Track, allerdings mit einfacheren Harmonien – von ihrem nächsten Album Sheer Heart Attack schaffte es die Band im Oktober 1974 schon auf Platz 2 der Charts und feierte ihren ersten US-Hit. Der Song über eine Edelprostituierte hatte genau die Energie, für die Queen bald weltweit bejubelt wurden. “Man erwartet fast, dass Noël Coward singt”, scherzte Mercury, der auf dem Albumcover mit Brusttoupet abgebildet ist. May fand, dass dieser Song ein “Meilenstein” auf der Suche nach ihrem eigenen Sound war.

Auf Sheer Heart Attack zeigte sich auch die Detailverliebtheit der Band: May, der gerade eine Infektion des Arms auskurierte, arbeitete drei Tage lang alleine an dem mehrschichtigen Gitarrenpart für Killer Queen mit insgesamt zwölf Overdubs. Zu den anderen Highlights des Albums gehört das melodische Lily Of The Valley, das grungige Stone Cold Crazy und der Track Bring Back That Leroy Brown, der mit lockerem Klavier und Ukulele-Banjo Queens Vielseitigkeit nochmal unterstreicht.



Nachdem die Band einige Zeit erfolgreich auf Tour war, nahm sie das fantastische Album A Night At The Opera auf. Der vielsagende Opener Death On Two Legs (Dedicated To…) war Freddie Mercurys Abrechnung mit ihrem früheren Manager. Das Album wurde im Frühherbst 1975 in fünf verschiedenen Studios, inklusive dem Olympic, aufgenommen und war das bis dato teuerste Album aller Zeiten. Benannt wurde es nach einem Marx Brothers-Film, den die Band gemeinsam gesehen hatte.

Der George Formby-Pastiche Good Company ist zwar sehr unterhaltsam, aber das absolute Prunkstück des Albums ist das sechsminütige, von Freddie Mercury geschriebene Meisterwerk Bohemian Rhapsody. Mercury sang mit einer unfassbaren Ausdruckskraft und schichtete den Gesang so oft übereinander, bis sie wie ein Chor klang und die Worte “Mama mia”, “Galileo” und “Figaro” die Oktaven hoch- und runterhüpften. Björn Ulvaeus von ABBA sagte: “Als ich Bohemian Rhapsody hörte, wurde ich grün vor Neid. Es war wahnsinnig einfallsreich und originell und hat die Rock- und Popmusik komplett verändert.”

Außerdem beauftragte die Band den Regisseur Bruce Gowers damit, ein bahnbrechendes Video zu dem Song zu drehen. Es kostete £3.500, dauerte ganze drei Stunden und war ein Paradebeispiel für großartiges Rockmarketing – mit überraschenden Kameraperspektiven in Freddie Mercurys Lieblingspose a la Marlene Dietrich und einem durchgehend psychedelischen Look. Die Band hatte riesigen Spaß bei dem Dreh und Gowers erinnerte sich: “Wir fingen um 7.30 Uhr an, waren um 10.30 Uhr fertig, und 15 Minuten später saßen wir im Pub.”



Die Plattenfirma war zuerst dagegen, Bohemian Rhapsody als Single zu veröffentlichen, aber die Band bestand darauf, dass es die richtige Wahl war. Wahrscheinlich schadete es nicht, dass der Radio DJ Kenny Everett den Song an einem Wochenende 14 mal spielte und damit den Hype entfachte, der die Single letztendlich auf Platz 1 der britischen Charts katapultierte, wo sie sich neun Wochen lang hielt und damit einen neuen Rekord aufstellte. Auf der B-Seite befand sich Roger Taylors weniger bombastischer Song I’m In Love With My Car, der 40 Jahre später in einer Werbekampagne für Jaguar wieder auftauchte.

We will rock you

Alles, was Queen nun machten, war überbordend und beeindruckend – eben auf Cecil B DeMille-Niveau. Im Sommer 1976 spielten sie im Londoner Hyde Park vor 150.000 Menschen. Im Dezember veröffentlichten sie ihr Album A Day At The Races, dessen Titel wieder von einem Marx Brothers-Film stammte. Das Album wurde mit einer Promoaktion auf der Pferderennbahn Kempton Park gelauncht und enthielt den Megahit Somebody To Love – einem von der verstorbenen Aretha Franklin inspirierten und sehr ambitionierten Song, für den die Band ihre Stimmen auf mehreren Spuren aufnahm, um einen Gospelchor-Effekt zu erzielen. Das Publikum war begeistert und schickte die Single auf Platz 2 der Charts.

Gleichzeitig erreichte die Band ein Brief aus Amerika, der sie sehr glücklich machte: Als sein Filmcharakter Dr Hugh Z Hackenbush schrieb ihnen Groucho Marx, um ihnen mitzuteilen, dass ihr Erfolg seiner Meinung nach mit ihrer “klugen Auswahl der Albumtitel” zusammenhing. Später, bei einer Reise nach Amerika, traf die Band Groucho persönlich, überreichte ihm eine gerahmte goldene Schallplatte und spielte für ihn den Song 39 auf einer seiner eigenen Gitarren.

Als der Punk in Großbritannien Fuß zu fassen begann, wandten sich Queen mit ihrem 1977er Album News Of The World einem härteren Rocksound zu. Das Album wurde von Mike Stone co-produziert und enthielt u. A. die Rockhymnen We Will Rock You und We Are the Champions. Mittlerweile dominierten Queen den Stadionrock wie keine andere Band: Sie spielten lukrative, weltweite Tourneen, machten legendäre Videos und ihre Plattenverkäufe gingen parallel zu ihrer Popularität als Liveact durch die Decke. David Bowie zollte Freddie Mercurys Bühnenpräsenz mit diesen Worten Tribut: “Von allen theatralischen Rockkünstlern, hat Freddie es am weitesten getrieben – bis auf die Spitze und darüber hinaus. Und natürlich finde ich es immer großartig, wenn ein Mann Strumpfhosen trägt. Ich habe ihn nur einmal live gesehen, aber es stimmt: Das Publikum frisst ihm wirklich aus der Hand.”



Queens letztes Studioalbum dieses Jahrzehnts war das in Frankreich aufgenommene Jazz von 1978 mit Fat Bottomed Girls und Don’t Stop Me Now als den erfolgreichsten Singleauskopplungen in Europa. Das Comedy-Highlight des Albums kam in Form von Bicycle Race, mit dem die Band einmal mehr bewies, dass sie musikalisch immer noch nach Innovation strebte (bestes Beispiel: das Gitarren-“Race”!). Mercury schrieb den Song, nachdem er die Tour De France gesehen hatte, aber Bicycle enthält außerdem einen scherzhaften Verweis auf den Film Star Wars.

Im nächsten Jahrzehnt erfanden sich Queen komplett neu, aber zuvor veröffentlichten sie noch ein letztes Album in den 70ern: Ihr erstes Livealbum Live Killers. Aufgenommen wurde es beim europäischen Teil ihrer umfangreichen Tour 1979. In Amerika erreichte es Platinstatus und untermauerte damit Queens Status als eine der weltweit größten Livebands der Rockmusik.



Ende der 70er ging die Band nach Deutschland, um dort an ihrem Album The Game zu arbeiten. In die 80er starteten sie voller neuer Ideen und Hoffnungen. Sie entdeckten einen cleveren Weg, Punk und Disco zu überleben und ihren Sound anzupassen. Es folgten Hits wie Another One Bites the Dust und Crazy Little Thing Called Love, der Höhenflug von Live Aid und der Tiefpunkt mit Mercurys Erkrankung und seinem Tod.

Aber die 70er waren ein goldenes Jahrzehnt für Queen. Die Band war so außergewöhnlich, originell und talentiert – sie hatten einen Ruf als verspielt und verschwenderisch und haben dabei einige der unvergesslichsten und innovativsten Songs des 20. Jahrhundert hervorgebracht.

Der Bohemian Rhapsody-Soundtrack ist jetzt hier erhältlich.


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