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So war’s: Tedeschi Trucks Band in Berlin

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Lässig in schwarzem Hemd und Jeans, den Blick hochkonzentriert auf den Hals seiner Gibson gerichtet und hin und wieder, wenn es einfach zu gut wird, mit geschlossenen Augen genießend, lässt er seine Finger über die Saiten rasen, sie sliden über die dünnen Metallfäden wie bei kaum einem anderen, ansonsten steht er unbewegt: Derek Trucks ist nicht unbedingt die Showversion eines virtuosen Gitarristen.

Als King of Slide, wie er gerne genannt wird, hat man auch keinen Bühnen-Firlefanz nötig und so schaut Derek nur hin und wieder zu Bandkollegin und Ehefrau Susan Tedeschi hinüber, während er seine Solos zum Besten gibt. Noch in den Kinderschuhen stand er bereits auf der Bühne, Fans lieben das Video des 14-Jährigen, der Eric Claptons Layla interpretiert wie es manch Erwachsener, der die Bühne sein Zuhause nennt, nicht vermag.


Hört euch hier die Songs des Konzerts von Tedeschi Trucks Band an und lest weiter:


Ein Abend der großen Worte ist es nicht, drei nach acht und damit überpünktlich startet die Band mit Don’t Know What It Means, dem Opener ihres aktuellen Albums Live From The Fox Oakland. Es ist die zweite Live-Platte der Tedeschi Trucks Band und das dritte Album in Folge, das es direkt in die Billboard-Top-20 geschafft hat.

Das Tempodrom in Berlin ist an diesem Freitagabend mäßig gefüllt, Jubel und Pfiffe werden aber vollen Hallen gerecht – die Truppe aus Jackson kann sich auf ihre Fans verlassen.

Zeit für Applaus bleibt den anwesenden Blues-Liebhabern allerdings nicht, der Opener endet im ersten genialen Solo des Abends, Saxophonist Kebbie Williams lässt den Song in einem dissonanten Free-Jazz-Inferno ausklingen und die Band leitet pausenlos zu Keep On Growing über. Es folgt ein knappes “Dankeschön – thank you” von Susan und die Bläser verabschieden sich für den nächsten Song von der Bühne, dann folgt das Leonard-Cohen-Cover Bird On the Wire – nicht nur ein Geschenk an die Fronterin, deren kraftvolle Stimme hier besonders glänzt, sondern auch an den Pianisten Kofi Burbridge.

Als Derek im Anschluss die ersten Akkorde zu Laugh About It anschlägt, jubelt die Menge erkennend und folgt Susans „Hands up in the air!“-Aufforderung vor dem Chorus. Mit Right On Time spielen sie im Anschluss eine weitere Perle der 2016er LP Let Me Get By, performt vom Background-Sänger Mike Mattison am Mikro.


Tedeschi-Trucks-Band klein


Eine herausragende Besonderheit dieser zwölfköpfigen Band ist mit Sicherheit, das jedem Einzelnen mindest ein großer Solo-Moment pro Abend eingestanden wird und das wissen nicht nur die Mitglieder selbst zu schätzen, die sich stets dem jeweiligen Solisten begeistert zuwenden, sondern auch das Publikum, das oft einfach mitten im Stück Applaus und Pfiffe schenkt.

Erholung davon schafft eine exakt 30-minütige Pause, bevor die Background-Sänger mit einer Gospelversion von Anyhow die zweite Runde eröffnen. Zwar spielt das Ensemble das Beatles-Cover Whitin You, Whithout You nicht, dennoch huldigen sie Dereks Ausbildung in der indischen Musik in einem ausgedehnten Intro zu Midnight In Harlem.

Das knapp dreistündige Konzert der Tedeschi Trucks Band, gespickt aus zahlreichen eigenen Songs und einigen Cover-Stücken zeigt, mit welch schier unendlichem Repertoire diese Gruppe ihre Liveauftritte bestreitet – immerhin hat man es sich zur Aufgabe gemacht, keinen Song jemals ein zweites Mal in einer Stadt zu performen. Mit Ray Charles Let’s Go Get Stoned geben die Mitglieder in der Zugabe nicht nur ihre Empfehlung für die restliche Abendgestaltung, sondern preisen auch ein letztes Mal einen der ganz Großen der Popgeschichte.


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