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Popkultur

Wieso machen eigentlich so viele Musiker ihren eigenen Wein?

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Rock‘n‘Roll und Alkohol gehören für viele irgendwie zusammen, das verstehen wir ja. Rock‘n‘Roll und Merchandise auch, man will ja auf der Kutte zeigen, wie gut man Led Zeppelin findet. Streng genommen ist die Kombination aus Rock‘n‘Roll und alkoholischem Merchandise da nur folgerichtig, doch insbesondere dieser Seitenarm der Musikwelt hat in den letzten Jahren einige reichlich obskure Blüten getrieben.

von Björn Springorum

Immer mehr Rock- oder Metal-Bands haben plötzlich ihren eigenen offiziellen Wein. Das ist insofern schon mal bedenklich, als dass wahrscheinlich kein einziger der Damen und Herren Musiker jemals eine Rebe gepflanzt, eine Traube geerntet oder eine Flasche im Keller abgefüllt hat. Klar, Wein trinken tun sie wahrscheinlich alle (und davon nicht zu wenig), doch das allein macht noch keinen Weinexperten aus einem Bass-Experten. Gehört es also zum guten Ton, heute nicht nur eine Gitarre richtig herum halten zu können, sondern auch einen Merlot von einem Cabernet am Geruch unterscheiden zu können?


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Irgendwie nicht. Denn, mit Verlaub, doll schmecken die Weine nicht. Alles kein ganz billiger Fusel, aber gefällige Stangenware mit ordentlich Frucht und Wumms. Gut, immerhin der Wumms passt in den Kontext. Und lukrativ ist die ganze Sache natürlich obendrein – zumindest für die Musiker. Große Rock-Bands lassen sich von riesigen Weinkonzerzen ein hübsches Sümmchen zahlen, damit die Konzerne fortan offiziell mit dem Logo und Artwork der Band für ihre Weine werben dürfen. Denn eines muss man sich klar machen: Mit dem Aroma, dem Anbau und der Produktion der Weine haben die Bands so wenig am Hut wie Keith Richards mit Nikotinpflastern.

Das Ohr trinkt mit

Auch billig ist das nicht gerade. Da kostet ein australischer Shiraz von Motörhead dann auch schon mal um die 15 Euro. Ein vergleichbarer Wein aus einem gigantisch großen Anbaugebiet wie diesem kostet beim Weinhändler vielleicht die Hälfte. Aber das Ohr, das trinkt anscheinend mit. Obwohl: Wer zum Henker trinkt eigentlich Rotwein, wenn er Motörhead hört? Oder AC/DC? Oder Iron Maiden? Oder Slayer, verdammt noch mal? Die Liste der Bands mit ihrem „eigenen“ Wein ist sehr lang. Mag man es bei KISS noch irgendwie verstehen, weil man mittlerweile wahrscheinlich auch einen offiziellen KISS-Goldfisch erstehen kann. Bei all den anderen Bands wie Accept, Amon Amarth, Doro oder den Scorpions fragt man sich aber schon, was das genau soll.

In Vino Veritas oder so

Hard Rock und Heavy Metal ist doch eigentlich eher die Musik des Bieres und des Schnapses. Zumindest ist davon auszugehen, dass der meiste Getränkeumsatz auf dem Wacken Open Air nicht mit einem trockenen Cabernet aus dem Eichenholz gemacht wird. Natürlich kein Problem für die findige Welt des Marketing: Bier und Schnaps gibt es natürlich längst auch von so ziemlich jeder großen Band. Das Trooper-Bier von Iron Maiden (viel zu hopfig!) zum Beispiel oder das AC/DC-Bier (puh!), natürlich auch Wodka von Rammstein oder Ghost. Eine Ausnahme hier macht Sting. Der hat doch tatsächlich ein eigenes biodynamisches Weingut in der Toskana. Message In A Bottle, schon klar.

Die müßige Frage, ob das noch Rock‘n‘Roll ist, sparen wir uns an der Stelle bewusst. Und wie immer gilt natürlich: Muss niemand kaufen, stört niemanden und scheint ja durchaus nachgefragt zu sein. Es darf sich aber eben auch niemand beschweren, wenn er nach einer Flasche AC/DC-Zinfandel am nächsten Tag mit ordentlich Dröhnen im Schädel aufwacht. Aber das ist ja irgendwie auch Rock‘n‘Roll…



Titelfoto: Fin Costello/Redferns


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