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Popkultur

Zeitsprung: Am 8.2.1969 gründet sich die Supergroup Blind Faith.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 08.02.1969.

von Timon Menge und Christof Leim

In der Theorie klingt die Idee einer Supergroup vielversprechend, doch langfristiger Erfolg gestaltet sich meist schwierig. Wo erfolgreiche Charaktere und unterschiedliche Erwartungshaltungen aufeinandertreffen, entstehen neben hoher Kunst auch große Konflikte. Am 8. Februar 1969 geben Blind Faith mit Eric Clapton, Ginger Baker und Steve Winwood ihre Gründung bekannt — und veröffentlichen ein einziges Album.


Hört hier in die Musik von Blind Faith rein:


Beginnen wir mit Eric Clapton: Schon als Jugendlicher stellt er seinen Perfektionismus unter Beweis und fliegt von der Schule, weil er zu viel auf der Gitarre übt. Die neu gewonnene Freizeit nutzt er – wozu auch sonst? – zum Proben. Schnell spielt er in legendären Bands wie The Yardbirds und John Mayall’s Bluesbreakers. Aus Zweiterer geht wenig später die Gruppe Cream hervor, ebenfalls mit Claptons Beteiligung. Das Projekt erweist sich als ebenso erfolgreich wie kurzlebig, nach gerade einmal zwei Jahren ist wieder Schluss.

Zu Cream-Zeiten lernt Clapton Schlagzeuger Ginger Baker kennen, der nach der Auflösung neue Wege einschlagen möchte. Einer weiteren Zusammenarbeit mit Clapton steht die Tatsache im Wege, dass Baker dem Cream-Bassisten Jack Bruce versprochen hat, dass man auch zukünftige Projekte nur zu dritt angehe statt zu zweit. Weil Baker und Clapton mit Blind Faith dieses Versprechen brechen, steht das Vorhaben womöglich schon zu Beginn unter keinem guten Stern. Vor allem Clapton fühlt sich unwohl mit dem Alleingang.

Kurzlebige Supergroup: Blind Faith1969 (L-R : Ric Grech, Eric Clapton, Ginger Baker, Steve Winwood) pose for a portrait in July 1969 outside Olympic Studios in London, Great Britain. (Photo by David Gahr/Getty Images)

Clapton und Steve Winwood, seines Zeichen musikalisches Wunderkind und Multiinstrumentalist, spielen bereits gemeinsam bei Eric Clapton And The Powerhouse. Zuvor arbeitet Winwood mit der Spencer Davis Group und Traffic, die er nach nur zwei Jahren verlässt. Er und Clapton verabreden sich lose zu einer Reihe Sessions, Baker stößt spontan dazu. Vor allem Winwood erkennt das Potenzial der Kombination. Das Zusammenspiel gestaltet sich unkompliziert, zudem bringt jeder der Musiker bereits eigene Fanscharen mit. Es ist zunächst einige Überzeugungsarbeit gegenüber Eric Clapton nötig, doch am 8. Februar 1969 verschicken die Musiker eine Pressemitteilung dazu, dass es nun ein neues Projekt gebe — mit vakantem Job am Bass.

Den Zuschlag für die freie Stelle erhält kurze Zeit später der unprätentiöse Ric Grech, der zuvor bei Family gespielt hat. Clapton favorisiert eigentlich Jim Capaldi von Traffic, behält seine Präferenz aber für sich. In der Presse äußern sich die Musiker unterschiedlich, was ihr Vorhaben und ihren Zeitplan betrifft. Auch sonst erscheint die Produktion des Debütalbums unruhig: Während der Aufnahmen wechselt die Gruppe den Produzenten, zudem kommen Gerüchte auf, dass vor allem Baker sich eher auf Sex und Drugs konzentriere, weniger auf Rock’n’Roll. Zu Ende bringt die Band ihr Werk trotzdem, im August 1969 erscheint Blind Faith — zur Begeisterung der Musikpresse. In den USA, Kanada und Großbritannien dringt die Scheibe bis auf Platz eins vor. Es finden sich nur sechs Songs auf der Platte, von denen einer – Do What You Like aus der Feder Bakers – dafür 15 Minuten lang ist. Hohes Ansehen genießen Presence Of The Lord von Clapton, das Buddy Holly-Cover Well All Right, Can’t Find My Way Home und insbesondere der Klassiker Can’t Find My Way Home, geschrieben von Winwood.

Eine Kontroverse entsteht wegen des Albumcovers, das ein nacktes elfjähriges Mädchen zeigt, das ein kleines Spielflugzeug in der Hand hält. Der Fotograf Bob Seidemann, ein Freund und ehemaliger Mitbewohner Claptons, verfolgt damit zwar künstlerische Ziele und agiert mit dem Einverständnis der Eltern. Doch schwierig bleibt das Motiv trotzdem. Seidemann will die Errungenschaften von Kreativität und Technik im Wechselspiel mit der Unschuld des Menschen darstellen (oder sowas ähnliches), aber in Rückschau betrachtet tut die Plattenfirma gut daran, zumindest für die USA ein alternatives Cover zu verwenden.

Das entschärfte Cover der US-Version

Den Anfang einer geplanten Tour der Gruppe markiert eine kostenlose Show im Londoner Hyde Park am 7. Juni 1969. Clapton zeigt sich unzufrieden mit der nicht vorhandenen Menge an neuem Material, möchte ungern alte Songs spielen – und überhaupt möchte er gar nicht so viele Konzerte spielen. Kontroversen bezüglich des mindestens diskussionswürdigen Albumcovers sowie Claptons offenes Desinteresse veranlassen die Musiker dazu, nach nicht einmal einem Jahr ihre Trennung bekanntzugeben. Übrig bleiben ein paar richtungsweisende Songs und, glaubt man der Band, durchaus wohlwollende Erinnerungen an die fruchtbare Zusammenarbeit.


Titelfoto: David Gahr/Getty Images

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