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Popkultur

Zeitsprung: Am 15.9.2008 verstirbt Richard Wright von Pink Floyd.

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Richard Wright

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 15.9.2008.

von Timon Menge und Christof Leim

Richard „Rick“ Wright ist der typische Klassenstille — das Genie, das sich in der letzten Reihe versteckt, während seine Mitschüler vorne wild mit den Fingern schnipsen. Aus dem Sound von Pink Floyd kann man sich den Keyboarder jedoch nicht wegdenken. Er gehört zu den Gründern der legendären Prog Rock-Band, hat auf allen Alben (bis auf eines) und auf jeder Tour gespielt. Am 15. September 2008 verstarb er mit nur 65 Jahren an Krebs.

Taucht hier ein in die Welt von Pink Floyd:

Im Prinzip sind Pink Floyd eine Studentenband. So entscheidet sich Richard „Rick“ Wright zunächst für ein Architekturstudium am Regent Street-Polytechnikum in London, wo er Nick Mason und Roger Waters kennenlernt. Dass er einmal Rockgeschichte schreiben wird, kann er bei seiner Einschreibung noch nicht wissen. Das Klavierspielen hatte er sich selbst beigebracht, mit Faszination für alles mit Tasten und Knöpfen. Hammond-Orgel, Mini-Moog, Kurzweil-Synthesizer, Flügel, Farfisa-Orgel – Rick Wright kann sie alle. Seine große Liebe und seine wichtigste Inspiration ist der Jazz, doch auch die Klassik beeinflusst ihn nachhaltig.

Die frühen Pink Floyd. Ganz rechts. Rick Wright

Pink Floyd machen sich Mitte der Sechziger einen Namen in der Psychedelic Rock-Szene Englands, ihr Debüt The Piper At The Gates Of Dawn (noch mit Syd Barrett) erscheint 1967. Im Laufe der bemerkenswerten Karriere der Briten steht Wright meist hinter seinen Bandkollegen Roger Waters und David Gilmour zurück, doch kann man sich den Pink Floyd-Kosmos nur mit seinem Beitrag überhaupt vorstellen: Ohne die weiten Soundflächen und die elegischen Klangwelten hätte die Band schlicht ganz anders gewirkt. Zudem steuert Wright wichtige Kompositionen bei wie Paint Box, It Would Be So Nice und The Great Gig In The Sky, auch monumentale Stücke wie Shine On You Crazy Diamond, Time und Echoes stammen anteilig aus seiner Feder.

Ab Mitte der Siebziger rückt das Songwriting aus seinem Fokus, Wright konzentriert sich verstärkt auf seine Rolle als „ausführender“ Keyboarder. Das markiert den Anfang vom vorläufigen Ende: Während der Aufnahmen zu Animals (1977) kommt es zur Schreibblockade, weil Wright unter seiner angeschlagenen Ehe leidet. Im September 1978 veröffentlicht er sein erstes Soloalbum Wet Dream — ein weiteres Signal, dass er Pink Floyd gedanklich schon halb den Rücken zugekehrt hat.

Als die Band 1979 ihr legendäres Werk The Wall einspielt, wird Wright von Waters aus der Band gedrängt. Die anschließende Tour fährt der Keyboarder noch mit, allerdings nicht mehr als festes Mitglied, sondern als angestellter Livemusiker. Auf dem Album The Final Cut (1983) fehlt er bereits komplett, 1984 zieht er sich nach Griechenland zurück. Noch im selben Jahr veröffentlicht er mit seinem Popprojekt Zee das Album Identity — ein kreativer Ausflug, den er später als „experimentellen Fehler“ bezeichnen wird.

Erst 1987 nähern sich Wright und Pink Floyd wieder an. Roger Waters geht inzwischen eigene Wege und hat reichlich verbrannte Erde hinterlassen, wie ihr hier lesen könnt. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung um den Bandnamen veröffentlichen David Gilmour und Nick Mason 1987 das Pink Floyd-Album A Momentary Lapse Of Reason, auf dem Wright wieder als Gastmusiker mitspielt. Während der anschließenden Tour gibt die Gruppe bekannt, dass ihr Original-Keyboarder wieder an Bord sei — obwohl er zu dieser Zeit nach wie vor als Angestellter für die Band arbeitet. 1992 findet endgültig zusammen, was zusammen gehört: Rick Wright wird wieder vollständiges Mitglied und nimmt großen Einfluss auf The Division Bell (1994), das 14. Studioalbum der Briten. Im Anschluss komponiert Wright sein zweites Solowerk Broken China, das 1996 erscheint und die Depressionserkrankung seiner Ehefrau Mildred thematisiert.

Ein Wiedersehen zwischen Richard Wright und Roger Waters geschieht erst im Jahr 2000, fast zwei Dekaden nach ihrer letzten Begegnung. Angeleiert wird die Zusammenkunft von Waters-Keyboarder Jon Carin. Wright zeigt sich im Anschluss nicht begeistert und berichtet von einem unpersönlichen, kurzen Treffen. Von seinem Freund David Gilmour hingegen erhält er wiederholt Schützenhilfe. So ist Wright zwar ein genialer Musiker, aber kein allzu versierter Selbstvermarkter. Immer wieder scheitern seine Soloversuche — auch deshalb, weil sie nicht wahrgenommen werden. David Gilmour nimmt sich seiner an, engagiert ihn als Tourmusiker und gewährt dem Keyboarder sogar Raum für seine Solosongs.

Am 2. Juli 2005 folgt der Moment, der jedem noch so gestandenen Altrocker die Tränen in die Augen treibt: Pink Floyd stehen wieder gemeinsam auf der Bühne. Für das Live 8-Konzert von Bob Geldof vergessen Waters und seine Kollegen ihren Streit und spielen gemeinsam das letzte Pink Floyd-Konzert in klassischer Besetzung. Später möchte Roger Waters wissen, ob Wright als Gastmusiker für eines seiner Londoner Konzerte zur Verfügung steht. Der lehnt dankend ab. Seinen letzten Auftritt absolviert der Keyboarder anlässlich eines Tributkonzerts für Syd Barrett am 10. Mai 2007.

Am 15. September 2008 erliegt Rick Wright schließlich einem Krebsleiden. David Gilmour weiß bereits vorher, dass sein alter Freund den Kampf gegen den Gehirntumor aufgegeben hat, verschweigt aber, dass Wright im Sterben liegt. In Die Welt sagt Gilmour wenige Wochen vorher: „Richard Wrights Rolle bei Pink Floyd wurde von der Öffentlichkeit deutlich unterschätzt. Nicht nur seine Kompositionen, vor allem seine Aura verlieh Alben wie Dark Side Of The Moon, Meddle und Wish You Were Here eine Leichtigkeit, die Pink Floyd nicht mehr besaß, nachdem Ricks Persönlichkeit vom größten Ego in der Band an den Rand gedrängt worden war.“

Dem großen Einfluss des Verstorbenen zollen Gilmour und Mason am 7. November 2014 ein letztes Mal Tribut: Sie veröffentlichen The Endless River, das fünfzehnte und letzte Pink Floyd-Studioalbum, das fast komplett ohne Gesang auskommt und mehr noch als früher faszinierend weite Ambient-Klangwelten bietet. Es basiert auf Material aus den Sessions für The Division Bell, enthält also auch maßgebliche Beiträge Wrights. „An dieser Platte lässt sich gut erkennen, dass sein Spiel zum Kern des Pink Floyd-Sounds gehört“, erklärt Nick Mason dazu. „Mir das anzuhören, hat mir nachdrücklich klar gemacht, was für ein besonderer Musiker er war.“

Richard Wright auf der Bühne 2006 – Pic: Deep Schism

 

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