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Popkultur

Zeitsprung: Am 27.6.1994 bieten Aerosmith den ersten Download-Song an.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 27.6.1994.

von Christof Leim

Der Song ist 3 Minuten und 14 Sekunden lang, und nach einer oder gar anderthalb Stunden können die Fans ihn auch schon hören: Die Rede ist von einer Nummer namens Head First von Aerosmith, dem ersten Track einer Major-Label-Band, der jemals zum freien Download ins Internet gestellt wurde.

Damals, am 27. Juni 1994, sieht das Internet noch ganz, ganz anders aus als heute. Es gibt kaum Websites, an aufwändige Grafiken und sonstigen Schnickschnack denkt noch kein Mensch, an digitalen Musikvertrieb schon gar nicht. Wer das neue Spielzeug nutzen will, muss sich für teuer Geld mit lahmen Modems über die Telefonleitung einwählen.

Compuserve-Werbung circa 1983, Quelle: www.noisey.com

Eine gute Idee

Drei Herren bei Geffen Records aber, einem Sublabel des Branchenriesen Universal und Heimat von zum Beispiel Guns N’ Roses und Nirvana, erkennen jedoch die Möglichkeiten des Netzes: Sie überzeugen Aerosmith, auf ihre Lizenzen für den Song zu verzichten, und überreden den Internetprovider Compuserve, die Einwahlkosten von 10 Dollar pro Stunde (!) für den Download zu streichen.

Compuserve bietet damals als erster kommerzieller Anbieter Internetzugang für Privatpersonen an, während sich die Nutzung sonst auf akademische oder militärische Zirkel beschränkt. (Wie das Internet damals sonst so aussah und wie Geffen vorgingen, beschreibt Noisey hier recht detailliert.) Zu den frühen Angeboten, die sich rasch großer Beliebtheit erfreuen, gehören Diskussionsforen. Hier betätigt sich auch Aerosmith-Bassist Tom Hamilton: „Ich finde es sehr anregend“, kommentiert er später, „mich dort mit Fans zu unterhalten.“ Vermutlich auch deshalb zeigen sich Aerosmith offen für dieses Experiment. Sänger Steven Tyler sagt dazu: „Wenn unsere Fans den Informations-Highway runterrasen, dann wollen wir die Band sein, die am Rasthof spielt. Das ist die Zukunft, Leute – los geht’s!“

Lädt die Fans auf den Informations-Highway ein: Steven Tyler

Der Großteil der Branche allerdings versteht die Signifikanz dieses Experiments nicht oder interessiert sich nicht groß dafür. Allerdings greifen in den ersten acht Tagen 10.000 Nutzer zu, für die Umstände eine nicht zu vernachlässigende Zahl. Und schon damals werden Schwierigkeiten diskutiert, die immer noch nicht aus der Welt geschafft sind: Angemessene Bezahlung in der digitalen Welt und Copyright-Fragen. Heute gehört Musik im Internet zum Leben, damals betreten Geffen und Aerosmith Neuland. Vielleicht hat die Band mit Head First deshalb auch nur einen Outtake vom Album Get A Grip ausgewählt.

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