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Popkultur

Zeitsprung: Am 28.5.1983 bringt das 2. US Festival tolle Bands und verheerende Kosten.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 28.5.1983.

von Christof Leim

Mit dem nötigen Kleingeld geht alles: Anfang der Achtziger findet Steve Wozniak, Mitbegründer von Apple Computers, dass die Menschen zu sehr „ich, ich, ich“ denken. Deshalb will er dazu beitragen, dass die Gemeinschaft mehr das „wir“ in den Vordergrund rückt und gründet zusammen mit dem einflussreichen Konzertveranstalter Bill Graham das US Festival. Der Name bezieht sich also auf das englische Wort „us“, also “uns” oder “wir”, nicht auf „United States“. Bei dieser Veranstaltung im Glen Helen Regional Park in San Bernardino, Kalifornien sollen Technik und Rock und überhaupt die Gesellschaft zusammenfinden – ein ehrenvolles Ansinnen. Die erste Sause findet im September 1982 statt, unter anderem mit den Ramones, Police, Tom Petty und Santana – und macht satte 12 Millionen Dollar Verlust.

Steve Wozniak 1983. Foto von Alan Light [CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Zweiter Versuch

Die zweite Auflage ab 28. Mai 1983 soll noch größer werden. (Hier gibt es eine freakige TV-Werbung dazu.) Wozniak verspricht den „Super Bowl des Rock“. Damit liegt er nicht angesichts von 750.000 Besuchern über vier Tage und Live-Übertragung für ein Millionenpublikum nicht ganz falsch. Jeder Tag steht unter einem anderen musikalischen Motto: Headliner des „New Wave Day“ am 28. Mai sind The Clash, die hier ihre letzte Show mit Mick Jones spielen. Den finalen Abend am „Country Day“ beschließt Willie Nelson.

Für David Bowie als Höhepunkt des dritten Tages („Rock Day“) legt Wozniak 1,5 Millionen Dollar seines eigenen Geldes auf den Tisch, weil „er ihn wirklich gut findet“. Etwas anderes bleibt ihm auch nicht übrig, weil Bowie, der seit 1978 nicht mehr in den USA gespielt hatte, gerade mitten in einer Europatour für das Album Let’s Dance steckt. Deshalb muss eine 747 gechartert werden, um Band, Crew und Equipment für einen Auftritt aus Europa nach Kalifornien und wieder zurück zu fliegen. Das treibt die Reisekosten ganz ordentlich in die Höhe.

Raus mit dem Geld

Diese monetäre Overkill zieht ein paar Probleme nach sich: Im Vertrag von Van Halen, dem Headliner des „Heavy Metal Day“ am 29. Mai, gibt es eine Klausel, nach der kein Künstler mehr Geld als sie bekommen darf. Deshalb wird ihre Gage von einer runden Million um die Hälfte aufgestockt. Für den schwerreichen Musikfan Wozniak geht damit die Welt nicht unter, der diesmal involvierte Konzertveranstalter Berry Fey nennt die Deals des Computervisionäre aber „den teuersten Backstage-Pass der Geschichte“. Das Salär für Van Halen gilt damals als die höchste Gage, die jemals für einen einzigen Gig gezahlt wurde. Auf der Setlist der Band stehen 23 Songs, ergibt also rund 65.000 Dollar pro Lied. Kann man schon mal machen.

Damit nicht genug: Man darf blauäugig vermuten, dass The Clash als Punkband nicht notwendigerweise großen Reibach machen wollen, doch den Briten reichen ihre vergleichsweise mageren 500.000 Dollar nicht aus. Eine Woche lange schimpft die Band darüber in den Medien, was sich auch in ihrer Show niederschlägt, bei der sie versuchen, das Publikum ebenfalls zur Unzufriedenheit anzustacheln. Daraufhin lässt Barry Fey eine Kopie des Schecks über die 500.000 auf die (damals neuartigen) Leinwände projizieren. Zum sonstigen Programm gehören die Stray Cats, die einen formidablen Gig hinlegen, eine noch nicht so bekannte irische Band namens U2, Men At Work, Stevie Nicks, Joe Walsh, die Pretenders und INXS, die mit diesem Engagement den Fuß in den US-Markt setzen.

Heavy Metal!

Ähnlich läuft es für die gerade aufsteigenden Mötley Crüe, die am „Heavy Metal Day“ eine legendäre Show abliefern, die ihren Bekanntheitsgrad mächtig steigert. Überhaupt spielen an diesem Tag einige Größen des Genres Hard Rock/Heavy Metal, das sich damals gerade anschickt, durch die Decke zu gehen. So steht Ozzy Osbourne auf dem Programm, dazu Judas Priest, Triumph, Quiet Riot und die Scorpions, die ebenfalls zu dieser Zeit in den USA durchstarten.

Es wird rechtschaffen gerockt, Heads werden gebangt, die YouTube-Aufnahmen lohnen sich. Doch es kommt im Auditorium zu hässlichen Szenen. Unter den mehr als 300.000 Fans, die über den 29. Mai verteilt zum Gelände kommen (Zeltplätze gibt es nicht), bricht Gewalt aus. Ein Mann wird mit einem Wagenheber erschlagen, weil ein Drogendeal schief geht, ein anderer stirbt an einer Überdosis. Schade angesichts des ursprünglichen Plans, die Menschen zusammenbringen. Davon abgesehen gilt die Veranstaltung als Meilenstein in der US-amerikanischen Festivalgeschichte. Allerdings macht die Sause nochmal flockige zwölf Millionen Dollar Miese – und findet im folgenden Jahr auch nicht mehr statt.

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