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Popkultur

Zeitsprung: Ab 10.3.1979 rattert die Doublebass auf „Overkill“ von Motörhead.

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Motörhead Overkill Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.3.1979.

von Christof Leim

Am 10. März 1979 lassen die mächtigen Motörhead die Single Overkill als Vorbote ihres gleichnamigen zweiten Albums auf die Menschheit los. Nicht nur gehört die Nummer in jeden vernünftigen Haushalt: Das erste Doublebass-Geballer sorgt für Begeisterung in der Headbangerschaft.

Hört hier in Overkill rein:

Natürlich drehen die Krachmusik-Fans damals ein bisschen durch: Der neue Motörhead-Song beginnt mit einer ratternden, knatternden Doublebass-Drum, und sie ballert volles Brett durch. Fünf Minuten und 14 Sekunden Vollgas. Herrlich. 1979 ist das richtig hartes Zeug, das die Welt bis dahin so nicht gehört hat. Klar, andere Bands spielen auch mal schnell, aber keine so räudig und hart wie das infernalische Trio aus Lemmy KilmisterFast Eddie Clarke und Trommeltier Philthy Taylor.

Dabei ist die Nummer quasi aus Versehen entstanden: Philthy hatte sich gerade ein neues Drumkit zugelegt mit zwei großen Basstrommeln. Beim Rumprobieren kam er auf den durchgehenden Ballergroove von Overkill, was die Kollegen aufhorchen ließ. Laut Lemmy haben sie sofort und auf der Stelle den Song geschrieben, der mit folgenden bezeichnenden Zeilen beginnt: „Only way to feel the noise / is when it’s good and loud.“ So sieht’s aus.

Das sollte Folgen für die Krachmusik haben, insbesondere bei den jungen Wilden, die nur ein paar Jahre später die Thrash Metal-Welle lostreten würden. Denn härter ist immer besser, und schneller sowieso. So erklärt Lars Ulrich von Metallica in der Dokumentation Metal Evolution: „Ich habe dieses dieses Doublebass-Ding von Phil Taylor. Als ich Anfang 1980 Overkill gehört habe, ist mir der Kopf weggeflogen.“ Seine Begeisterung hört man dem bahnbrechenden Metallica-Debüt Kill ‘Em All dann auch deutlich an. Großmeister Dave Lombardo von Slayer schlägt in die gleiche Kerbe: „Bei Motörhead habe ich zum ersten Mal Doublebass in der Art gehört. Es gab sowas zwar schon von anderen Schlagzeugern, aber niemand hat das so schnell mit diesem Beat gespielt.“ Der britische Guardian bezeichnet Taylor in einem lesenswerten Artikel deshalb als den „Mann, der Thrash erfunden hat“.

Dabei war Philthy nicht der erste, der die Doublebass fliegen ließ. Für alle, die nicht wissen, was damit überhaupt gemeint ist: Üblicherweise gehört zu einem Schlagzeug eine große Trommel, die auf dem Boden steht und mit dem Fuß über ein Pedal gespielt wird. Beim klassischen „Bumm-Tschack“ macht die Bassdrum (oder Kickdrum) das „Bumm“. Wer mehr „Bumm“ braucht, und das braucht ein Metalhead per Definition, benutzt dann eben beide Füße über zwei Pedale. Die treten entweder eine große Bassdrum oder eben zwei, wie man sie insbesondere bei Metal-Schlagzeugern sieht.

Erfunden hat es aber ein Jazzer namens Louie Bellson in den Vierzigern, der damit bei diversen Big Bands insbesondere während seiner Soli für Furore sorgen konnte. Im Rock’n’Roll kam das in den Sechzigern an: So probiert Ginger Baker von Cream ein wenig damit herum (etwa 1968 bei White Room), ebenso Mitch Mitchell von der Jimi Hendrix Experience und Keith Moon von The Who, vor allem aber Carmine Appice von Vanilla Fudge (Shotgun, 1969). Und natürlich hat der Professor höchstselbst, Neil Peart von Rush, bei solchen Experimenten später auch gerne auch Füße im Spiel, Fusion-Jazzer wie Billy Cobham sowieso (Quadrant 4, 1974).

Philthy bei der Arbeit – Pic: Andrew King/Wiki Commons

Aber all diese Koryphäen nutzen die Doublebass „nur“ als gelegentliche Klangoption oder Kabinettstückchen bei Soli, wie ein „Gewürz“ quasi. Ein grundlegender Bestandteil eines Stückes oder gar eines Stils (Metal, Baby!) wird das erst später: Ian Paice treibt 1971 den Song Fireball mit seiner „Doppel-Kick“ an, Simon Phillips legt 1977 im Studio für Sin After Sin von Judas Priest einen Grundstein für das stählerne Genre, für die Tour übernimmt Les Binks. Man höre nur Dissident Aggressor

Es ist Philthy Taylor, der 1979 so richtig konsequent, so richtig mit Vollgas durchzieht. Overkill wird zum zweitmeistgespielten Song der Motörhead-Geschichte; laut setlist.fm bei mindestens 1092 Shows. Wenig überraschend: Nur Ace Of Spades kam öfter dran (1180 mal). Das Start-Stopp-Ende, wenn der Track abbricht und dann wieder losmetert, walzet die Band im Laufe der lauten Dekaden immer genüßlich aus. Die Liste der Coverversionen ist endlos: Metallica nehmen die Nummer für Garage Inc (1998) auf, und als Philthys Nachfolger Mikkey Dee bei den Scorpions einsteigt, spielen sogar unsere Hannoveraner Freunde das Lied live – und Klaus Meine singt! Die unkaputtbaren Ostküsten-Thrasher Overkill haben sich sogar nach dem Klassiker benannt. Mehr noch: Overkill ist am 11. Dezember 2015 außerdem der letzte Song, den Lemmy Kilmister jemals mit Motörhead auf der Bühne spielt.

Only way to feel the noise
is when it’s good and loud
So good I can’t believe it
Screaming with the crowd
Don’t sweat it
Get it back to you
Don’t sweat it
Get it back to you
Overkill
Overkill
Overkill

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