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Popkultur

Zeitsprung: Am 10.2.1999 kehren Dickinson & Smith zu Iron Maiden zurück.

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Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.2.1999.

von Christof Leim

Am 10. Februar 1999 kommt zu Freudentänzen unter Headbangern weltweit: Die mächtigen Iron Maiden verkünden die Rückkehr von Sänger Bruce Dickinson. Überraschend spielt auch Gitarrist Adrian Smith wieder mit, womit die Briten nun eine Drei-Gitarren-Armada aufbieten können. Nach harten und unbefriedigenden Jahren sichern sich Maiden damit wieder den Platz auf dem Metal-Thron und werden sogar noch erfolgreicher als in den güldenen Achtzigern. Eine Rückschau…


Hört hier in das Reunionalbum Brave New World rein:

Klickt auf „Listen“ für das volle Programm.

In den ersten Jahren ihrer Karriere machen Iron Maiden nichts falsch. Von 1980 an erscheinen (fast) jährlich bahnbrechende Alben, die den klassischen Heavy Metal definieren. Dazwischen spielt das Quintett weltweit vor immer größerem Publikum, und das ohne irgendwelche Zugeständnis an den so genannten Mainstream. Als 1988 Seventh Son Of A Seventh Son erscheint, sind Maiden in ihrem Genre die größten Band des Planeten; musikalisch haben sie einen vorläufigen Höhepunkt an progressiver Ausgefuchstheit und epischer Breite erreicht. Was soll danach kommen?

Das erfolgreichste Line-up von Iron Maiden fällt Anfang der Neunziger auseinander

Die Truppe um Kapitän Steve Harris entscheidet sich, zu den Ursprüngen zurückzukehren: Für den Nachfolger No Prayer For The Dying (1991) stehen rohere Riffs, weniger Keyboards und kürzere Songs auf dem Plan. Damit zeigt sich Gitarrist Adrian Smith allerdings nicht einverstanden. Ein Zank im Proberaum kommt zum anderen, und der wichtige Songwriter im Maiden-Kosmos verlässt die Band. Für ihn übernimmt Janick Gers aus Dickinsons Soloband. Im Folgejahr erscheint dann noch Fear Of The Dark, doch in der Welt der harten Musik brechen dank Grunge und Crossover neue Zeiten an. Auch Sänger Bruce Dickinson möchte zu unbekannten Ufern aufbrechen, startet ab 1993 eine Solokarriere und wird Pilot. Schon auf seiner Abschiedstour stand es um die Stimmung in der Band nicht zum Besten, insbesondere mit Bassist Steve Harris gerät der Sänger immer wieder aneinander.

Hat keinen guten Stand bei Iron Maiden: Blaze Bayley – Pic: Johnfg5/Wiki Commons

Damit beginnen schwierige Jahre: Als neuen Frontmann engagieren die Briten Blaze Bayley von Wolfsbane, einen sympathischen Rocker, der allerdings einen anderen Gesangsstil als sein Vorgänger pflegt und bei den alten Songs schnell an seine Grenzen stößt. Zudem setzt das wie gewohnt ambitionierte Tourpensum der Kondition seiner Stimmbänder zu. Die beiden Alben mit seiner Beteiligung, The X-Factor (1995) und Virtual XI (1998), leiden zudem unter überraschend schwachem Songwriting und einer suboptimalen Produktion, nachdem sich Stammproduzent Martin Birch 1992 zur Ruhe gesetzt hat. Für beides kann Blaze nichts, aber auf einen grünen Zweig kommen Iron Maiden mit ihm leider nicht. Wie gehabt zieht die Band ihr Ding trotzdem knüppelhart durch, spielt allerdings in deutlich kleineren Hallen.

Es muss also etwas passieren: Im Januar 1999 wird Blaze Bayley bei einem Bandmeeting entlassen. Und wie die Musiker so über einen Ersatz nachdenken, tut Manager Rod Smallwood das, was ein guter Manager tun muss: Er lässt Vernunft walten und überzeugt den für eine gewisse Sturheit bekannten Kapitän Steve Harris, Bruce Dickinson zurückzuholen. Harris wird in der offiziellen Bandbiografie Run To The Hills zitiert, anfangs nicht wirklich viel von dieser Idee gehalten zu haben. Doch dann denkt er sich: „Wir kennen Bruce, wir wissen, was er kann. Ein bekanntes Übel sozusagen. Wir kamen schließlich elf Jahre lang auf professioneller Ebene gut miteinander aus. Als ich mir das so durch den Kopf gehen ließ, hatte ich kein Problem mehr damit. Noch im gleichen Monat treffen sich die beiden – und Bruce macht wieder mit. Mehr noch: Ein paar Stunden später rufen sie Adrian Smith an und überreden ihr ebenfalls zur Rückkehr.

Mittlerweile einer mehr als früher: Adrian Smith, Janick Gers, Bruce Dickinson, Steve Harris, Dave Murray, Nicko McBrain (v.l.)

Am 10. Februar 1999 geht schließlich die Meldung raus: „Bruce is back! And Adrian too!“ Endlich. Metalheads in aller Welt heulen sich vor Freude die Nieten rostig, frohgemut wird tausendfach die Pommesgabel gen Himmel gestreckt, das Universum ergibt wieder Sinn. Up the irons, so sieht’s doch aus. Dass Dickinson wieder bei Maiden singen würde, haben die Fans nicht nur gehofft, sondern vielleicht auch ein bisschen erwartet. Mit Adrian hat man weniger gerechnet, und schon gar nicht damit, dass sein Nachfolger Janick Gers trotzdem in der Band bleibt. Nach zehn Jahren und wichtigen Beiträgen beim Songwriting sollte der Mann nicht einfach vor die Tür gesetzt werden – ein sympathischer Zug, eigentlich. Das heißt: Ab 1999 spielen Iron Maiden mit drei Gitarren!

Die drei Amigos: Adrian Smith, Dave Murray, Janick Gers – Pic: Adels/Wiki Commons

Damit können sie viele der komplexeren Kompositionen besser auf die Bühne bringen; bei den alten Songs gibt’s halt ein Dreifach-Brett, das der Soundmann unter Kontrolle behalten muss. Die drei Kollegen verstehen sich bestens, so dass sie fortan den Spitznamen„three amigos“ tragen. Das Solo in The Trooper tritt Adrian sogar regelmäßig an Janick ab, weil der das zwischenzeitlich übernommen hatte. Alle drei Klampfer pflegen unterschiedliche Stile insbesondere bei ihren Soli, womit sie sich gut ergänzen: Adrian Smith spielt überlegt und durchkomponiert, Dave Murray flüssig und bluesig, Janick Gers mindestens milde chaotisch.



Auf der folgenden The Ed Hunter Tour, benannt nach einem Computerspiel um Bandmaskottchen Eddie, räumen Iron Maiden als Sextett nach allen Regeln der Kunst ab: Volle Hallen, Freudentränen bei der Headbangerschaft und Hits, Hits, Hits. Als Janick Gers am 8. Mai 2000 in Mannheim von der Bühne stürzt und sich eine Gehirnerschütterung zuzieht, sagt die Band das folgende Konzert in Oberhausen ab. Viele Fans verwundert das, schließlich hat das Fünfer-Line-up früher Tausende an Shows gespielt. Doch einfach weiterzumachen, hätte den Eindruck erweckt, Gers sei aus Sicht seiner Kollegen verzichtbar, womit mit die Entscheidung durchaus verständlich wird.

Im Jahr 2000 folgt das heiß ersehnte Reunionalbum Brave New World, das die Truppe wieder an die Spitze der Metal-Welt katapultiert und die folgende Welttour zu einem durchschlagenden Erfolg macht. Seitdem sind Iron Maiden größer denn je. Aber das ist eine andere Geschichte…

Bis heute Frontmann von Iron Maiden: Bruce Dickinson – Pic: John McMurtie

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