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Popkultur

Tanzt ihr B*****s, die Königin hat Laune! – Part II

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Geschichten vom Breaken, Popping und Twerken – Teil II

Wenn man sich mit Streetdance und Hip Hop Dance befasst, sollte man nicht vergessen, dass es sich nicht nur um Musik oder einen zugehörigen Tanzstil handelt, sondern um eine ganze Subkultur, die ihren Anfang im New York der 70er nahm und eigentlich aus dem Funk entstand. Die daraus resultierenden Ausdrucksformen fanden schließlich bei Teens und Twens weltweit Anklang.

B-Boys und B-Girls

Bei aller Vielfältigkeit der Bewegungen, die sich im Hip Hop Tanzen auftut, bleibt jedoch immer die Konstante der Improvisation als einer der wichtigsten Bestandteile der Hip Hop Kultur. Freestyle Tanzbattles sind ebenso in dieser Jugendkultur verankert und identitätsstiftend wie Rap, DJing und Graffiti Writing.

Hört hier in die fettesten Hip Hop Tracks:

Die Urstyles der Hip Hop Bewegungen heißen Uprock, Funk und Breaking. Letzteres nahm seinen Ursprung in der New Yorker South Bronx und speist sich in der frühen Form aus Tanzbewegungen, die in den 60ern und 70ern in den Afroamerikanischen Communities beliebt waren. Diese Tanzart, die auch als Toprock bezeichnet wird, fand ihren Gegenpart im Uprock aus Brooklyn, die weitaus aggressiver erscheint. Die puerto-ricanischen als auch afroamerikanischen Einwanderer markieren in der Anfangszeit des Hip Hop und Breakdancing die wohl größten Einflüsse.

1973 erfand DJ Kool Herc (eigentlich Clive Campbell, Spitzname Hercules), der Vater des Hip Hop, schließlich den Break Beat – um den Tänzern auf seinen Partys die Möglichkeit zu geben, ihre Skills vorzuführen. Daher auch der Name, den Kool Herc den Tänzern gab: B-Boys und B-Girls (Break-Boy, Break-Girl), da sie auf die Pausen eines Tracks tanzen und dort neben dem Toprock noch Elemente aus Kampfkunst und Gymnastik einfließen ließen. Sein Breakbeat DJing fand schnell Nachahmung bei späteren Hip Hop Pionieren wie Afrika Bambaataa oder Grandmaster Flash.

Vom Funk zum Breakdance

Bis heute gehören vier Bewegungen zum Breaking: Toprock (fußorientiertes Tanzen, stehend), Downrock (ebenfalls fußorientiert, doch mit Händen am Boden), Freezes (eingefrorene Posen) sowie komplexe Power Moves.

Während Breaking in New York die Straßen eroberte, entwickelten sich zeitgleich andere, mehr an Funk orientierte Stile wie Roboting, Bopping, Locking oder Popping an der amerikanischen Westküste. Besonders die TV Show Soul Train sorgte für die Popularität und Verbreitung dieser Styles. Tanzcrews wie die Lockers oder The Electric Boogaloos, die diese Stile vornehmlich tanzten, zeigten in der Show ihr Können.

Locking (damals noch ‘Campbellocking’), erfunden 1969 von Don ‘Campbellock’ Campbell in L.A. und populär gemacht von seiner Crew The Lockers, sieht dem Popping zwar ähnlich, doch die Tänzer verharren bei diesem Stil länger in ihren Positionen. Popping ist dagegen weniger spielerisch: Entstanden im kalifornischen Fresno der 70er, wurde dieser Stil durch Samuel „Boogaloo Sam“ Solomon und seiner Crew The Electric Boogaloos verbreitet. Im Popping werden die Muskeln abwechselnd angespannt bzw. entspannt, um ruckartige rhythmische Bewegungen zu erzeugen.

Diese funkinfiltrierten Stile waren nicht von Anfang an Hip Hop, sondern wurden nach und nach vor allem durch die mediale Verbreitung adaptiert und integriert. Als Kevin Donovan, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Afrika Bambaataa, 1982 den Begriff ‘Hip Hop’ und dessen Säulen in einem Interview erwähnte, wurde das zugehörige Tanzen als Schirmwort für ebendiese diversen Stile. Popping, Locking und Breaking wurden in den Medien kurzerhand als Breakdance zusammengefasst – bis heute eine der vier Säulen der Hip Hop Kultur, die Afrika Bambaataa damals schon als MCing (‘Emceein’), DJing (‘Deejayin’), B-boying und Graffiti writing (‘Aerosol Writin’) beschrieb.

Afrika Bambaataa – Planet Rock from fatherof4hicks on Vimeo.
Heute spielen sich Hip Hop Tanzstile nicht mehr auf den New Yorker Straßen oder in den Großstädten Kaliforniens ab, sondern zunehmend in den Medien weltweit. Die Hip Hop Kultur ist allerdings nicht nur geprägt vom Tanz zur zugehörigen Musik, sondern auch von lokalen Feindseligkeiten (Eastcoast vs. Westcoast), Rap-Kriege, vermeintliche Frauenfeindlichkeit und Abgesänge aufeinander.

Noch immer ist die Hip Hop Kultur in Bewegung und zeigt sich veränderlich, wie kaum eine andere Subkultur. Die Musik sowie der zugehörige Tanzstil zeichnet sich facettenreich: neue Formen entstehen sobald Songs erscheinen, die neu interpretierte Bewegungen verlangen. Hier lässt sich schließlich wieder der Bogen zum Twerken finden: In diesem Sinne fand eine bis zu den VMAs eher unbekannte Bewegung mit Miley ein skandalträchtiges Zugpferd.

Wenn es also hilft, Hip Hop und Streetdance lebendig zu halten, kann man auch mal einen solch vieldiskutierten Auftritt tolerieren – die ganzen Möchtegern-Twerker im heimeligen Wohnzimmer, können aber gerne dort weiterüben ohne es online zugänglich zu machen.

 


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