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Die musikalische DNA von Metallica

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Die Namen der Big Four gehören auf jede gut sortierte Metalkutte. Anthrax, Megadeth, Slayer und Metallica haben die Essenz von Thrash Metal definiert und mit brutalen Riffs und hartem Geklöppel den Weg für tausende Nachfolger geebnet wie ein wildgewordener Bulldozer. Letztere allerdings schafften dabei noch am ehesten den Sprung in den Mainstream: Metallica sind weltbekannt und dank ihrer zahlreichen Flirts mit anderen Genres auch bei Menschen beliebt, die Metal-LPs sonst nicht mit der Kneifzange anfassen würden. Unter Fans wie Feinden löste das wieder und wieder Diskussionen hervor. Blues-Rock von Metallica? Geht gar nicht! Metallica mit Orchester? Bäh! Metallica schneiden sich die Haare ab? Verbrennt sie, bevor sie sich vermehren!


Hört euch hier die musikalische DNA von Metallica in einer Playlist an und lest weiter:


Darauf aber können sich wohl hoffentlich die verbohrtesten Hater einigen: Allen Kontroversen zum Trotz sind Metallica immer ihren Weg gegangen. Noch alle Schickssalsschläge und Krisen hat die Band in fast vier Jahrzehnten Bandgeschichte überwunden. Mehr noch als ihre Kollegen von Anthrax, Megadeth und Slayer haben Metallica immer wieder versucht, sich neu zu erfinden und sich ein größeres Publikum zu erschließen, um die frohe Botschaft des Thrash Metals mit gefletschten Zähnen um die Welt zu tragen. Das macht Metallica aus: Dass sie dem Metal immer treu blieben und doch nach neuen Wegen suchten, um ihn frisch zu präsentieren. Was sich über die Jahrzehnte auf ihren Sound ausgewirkt hat, erfahren wir mit Blick auf ihre musikalische DNA.


01. Diamond Head – Am I Evil?

Von Anfang an war Metal ein transatlantisches Phänomen. In den USA gründeten sich 1971 Pentagram und legten mit ihrem schweren Hard Rock den Grundstein für die hiesige Metal-Szene. In England waren sie allerdings noch ein bisschen früher dran: Black Sabbath etwa fanden bereits 1968 zusammen, der Rest ist Geschichte. Als der geborene Däne Lars Ulrich im Jahr 1981 eine Anzeige in der Zeitung The Recycler aufgab, nannte er glatt drei britische Bands als Referenz – und keine amerikanische. Tygers Of Pan Tang, Iron Maiden und Diamond Head waren Teil der virilen New Wave Of British Heavy Metal, die das von Black Sabbath vorgegebene Tempo gehörig anzogen. Auf die Anzeige meldeten sich der junge James Hetfield und Hugh Tanner von der Band Leather Charm. Nur fünf Monate nach Gründung erschien ihr erster Song auf der Compilation Metal Massacre und legte den Grundstein für die Karriere Metallicas. Großen Erfolg konnten sie von Anfang an im UK verzeichnen. Dort erschien die Single Creeping Death vom Album Ride The Lightning auf dem Label Music For Nations. Darauf waren auch zwei Coverversionen enthalten, eine davon zollte den britischen Pionieren Tribut: Am I Evil?, im Original von Diamond Head.


02. Saxon – Motorcycle Man

Bevor Metallica aber soweit waren, brauchten sie Verstärkung. Zum zweiten Mal annoncierte Lars Ulrich in The Recycler, diesmal aber hatte er schon einen Namen: Metallica. Den hatte er von seinem Kumpel Ron Quintana gemopst, der während einer Brainstorming-Session einen Titel für sein Fanzine suchte. Ulrich – der zu Napster-Zeiten ironischer Weise in den Krieg gegen Urheberrechtsverstöße zog – hielt die Klappe und behielt den Namen für sich. Dave Mustaine fand ihn zumindest überzeugend: Er heuerte als Lead-Gitarrist bei der frisch geborenen Band an. Das Karma war ihnen aber nicht wohl gesonnen: Auf den ersten Pressungen von Metal Massacre wurde die Band als „Mettallica“ gelistet. Es reichte trotzdem zu einem ersten Auftritt und sogar einen Platz im Vorprogramm von Saxon während deren US-Tour im Jahr 1982. Obwohl Metallica Saxon zweifelsohne überflügelt haben, so nutzten sie doch häufiger die Gelegenheit, den Briten ihre Ehre zu erweisen. Sänger Biff Byford zeigte sich begeistert, als Metallica im Jahr 2008 seinen Song Motorcycle Man coverten: „Verdammt brillant“, schrieb er auf Saxons Tourblog. Nach fast 30 Jahren, so Byford, hätte sich damit ein Kreis geschlossen. Amen!


03. Anthrax – Metal Thrashing Mad

In ihren Anfangstagen waren Metallica ganz nah dran, als sich ein neuer Metal-Sound formierte. Schnell war der, rasend schnell, und nahm keine Gefangenen. Seinen Titel erhielt der neue Stil erneut im UK: Der Kerrang!-Autor Malcolm Dome sprach in der 62. Ausgabe des britischen Rock-Magazins zum ersten Mal von „Thrash Metal“ und somit war am 23. Februar 1984 der neue Name für das Genre geboren. Dome ließ sich dabei von einem Song inspirieren, der neue Maßstäbe in Sachen Härte und Schnelligkeit setzte: Metal Thrashing Mad von Anthrax. Anthrax selbst hatten noch im Vorjahr im Vorprogramm von Metallica gespielt und sicherlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch freundeten sie sich schnell an. Als der Metallica-Bassist Cliff Burton, bekannt für seinen innovativen Einsatz des Wah-Wah-Pedals, bei einem tragischen Busunglück ums Leben kam, zeigte sich Anthrax-Gitarrist Scott Ian schockiert. Zum 28. Todestag des Bassisten sagte er in Chris Jerichos Podcast: „Ich war 22 Jahre alt und lebte den Traum, da denkst du schnell, du seist Superman. Du fühlst dich unverwundbar und dann erzählt dir jemand sowas“, erinnerte er sich an den schicksalhaften Tag. Nicht nur Burton blieb beiden Bands noch lange im Gedächtnis, auch der gegenseitige Respekt vor dem jeweiligen Tun hat nie nachgelassen. Nicht unbedingt selbstverständlich in der zanksüchtigen Metal-Community!


04. Megadeth – Mechanix

Wesentlich schwieriger nämlich gestaltet sich das Verhältnis der Band zu ihrem ehemaligen Gitarristen David Mustaine. Der ist bekanntlich ein Hitzkopf, aber auch kein Kind von Traurigkeit: Nachdem er 1983 hochkant bei Metallica rausflog, gründete er kurzerhand seine eigene Band: Megadeth. Noch schneller, härter und kompromissloser sollte die klingen und Metallica dabei überflügeln. Geschafft hat er es nicht wirklich, doch zählen Megadeth nunmehr ebenso wie Anthrax und die befreundeten Slayer – Kerry King half bei den ersten Megadeth-Shows an der Gitarre aus – zu den Big Four des Thrash Metals. Einem anderen Gitarristen sagte Mustaine immer wieder Böses nach. Dass ihn Hammett übergangslos an der Lead-Gitarre ersetzte, hätte er schließlich vielleicht verkraften können. Dass er sich aber – so Mustaine – großzügig beim Vorgänger bediente? Niemals! „Schon witzig, wie Kirk Hammett jeden meiner Lead Breaks vom No Life ‘til Leather-Tape geklaut hat“, knurrte er einen Interviewer des Magazins Metal Forces an. „Und ihr wählt ihn in eurem Magazin zum besten Gitarristen.“ Hammett zeigte sich stets gelassener und nahezu mitleidig, wenn er auf den aufbrausenden Mustaine angesprochen wurde. Dass Metallica sich aber beim Material ihres ehemaligen Gitarristen bedienten, stimmt: Ihr Song The Four Horsemen verarbeitet ein Riff, das Mustaine noch während seiner Zeit in der Band geschrieben hatte und mit Megadeth unter dem Titel Mechanix veröffentlichte. Entstanden war es als Witz: Eigentlich nämlich spielte er bei einer Probe Lynard Skynyrds Sweet Home Alabama nach!


05. The Misfits – Last Caress

Metallicas bahnbrechende Geschwindkeit speiste sich allerdings nicht allein aus der Konkurrenz zu Megadeth oder ihrem Faible für den Sound der New Wave Of British Heavy Metal. Auch Punk-Musik hatte seinen Einfluss auf die Band. Nach dem Tod Burtons nahmen die Band in Ulrichs Garage zum Spaß eine Cover-EP auf, die neben einer weiteren Diamond Head-Interpretation und einer überraschenden Version von Killing Jokes The Wait auch ein Medley aus zwei Songs der Horror Punks The Misfits enthielt. Am Ende von Last Caress/Green Hell sind sogar die ersten Töne von Iron Maidens Run To The Hills zu hören, womit Metallica erneut den Brückenschlag zwischen Punk und Heavy Metal in ihrer Musik betonten. Mit dem ehemaligen Misfits-Frontmann Glenn Danzig teilten sich schon die Bühne, um die beiden Stücke zu performen. Auf sein liebsten Misfits-Cover angesprochen, nannte der kauzige Sänger sofort Metallica. James Hetfield ließ sich sogar zu dem Witz hinreißen, dass er im Falle einer Disney-Verfilmung von Metallicas Geschichte am liebsten von Danzig gespielt würde. Das hätten wir ja gerne gesehen!


06. Bon Jovi – Lay Your Hands On Me

Am Ende der achtziger Jahre schien Thrash Metal seinen Zenit überschritten zu haben. Auch Metallica erlebten eine Krise: Die Aufnahmen für ihre selbstbetitelte, gemeinhin als The Black Album bezeichnete fünfte Album brachten die Mitglieder an den Rande des kollektiven Nervenzusammenbruchs. Über eine Million Dollar butterten sie in die Aufnahmen, die drei Mal gemixt wurde und über deren Entstehung drei Ehen zu Bruch gingen. Hinter den Reglern saß Bob Rock, dem viele Fans aus alten Tagen keineswegs wohlgesonnen sind. Metallica machte die Band mit Songs wie Enter Sandman oder der Ballade Nothing Else Matters weltberühmt, heißt aus Metalhead-Perspektive: Die Poser entdeckten die Band. Die Wahl Rocks überraschte tatsächlich: Der hatte mit Aerosmith, The Cult oder Mötley Crüe zusammengearbeitet, war aber auch durch seine Produktion von Bon Jovi bekannt. Fans wissen, dass der Pop-Rocker bei der Band keinen guten Stand hatte: Nachdem der Bon Jovi-Hubschrauber bei einem Konzert in England über dem Stadium herumflog, in dem Metallica spielten und ein sowieso schon verkorkstes Konzert endgültig ruinierten, waren in Bandfotos immer häufiger Sticker zu sehen. Was draufstand? „Kill Bon Jovi“! Ob es das war, was Bon Jovi mit dem Rock-produzierten Lay Your Hands On Me meinten? So oder so: Überraschend ist es durchaus, dass Metallica nur drei Jahre nach dem Skandal mit dem Produzenten des verhassten Sängers zusammenarbeiteten. Der Erfolg aber gab ihnen recht.


07. Marianne Faithfull – It’s All Over Now Baby Blue

Es sollte für Die-Hard-Fans noch schlimmer kommen, denn mit Load und ReLoad nahm die Truppe Blues- und Folk-Einflüsse in ihr Repertoire auf. Plötzlich klangen Metallica wie eine Hard Rock-Band aus den Südstaaten – und nicht mehr nach einem epischen Thrash Metal-Quartett aus Kalifornien! Das aber müssen wir ihnen durchaus lassen: Unbedacht war diese Stilkorrektur keineswegs. Der Song The Memory Remains vom zweiten Teil des ursprünglich als Doppelalbum geplanten Diptychons zum Beispiel featuret Marianne Faithfull, die gemeinsam mit James Hetfield über eine Künstlerin singt, die über ihren ausbleibenden Erfolg verrückt wird. „Ich wusste nicht viel über sie“, gab Hetfield über die ungewöhnliche Kollaborateurin zu. Bob Rock hat sie ihm vorgestellt und Hetfield fand sofort Gefallen an den stimmlichen Qualitäten der Sängerin, die mit Songs wie It’s All Over Now Baby Blue eine ganze Reihe an bittersüßen Folk-Hits für sich verbuchen konnte. „Wir waren auf der Suche nach einer verwitterten Stimme, bei der du Zigaretten auf der CD förmlich riechen konntest“, erinnerte er sich in einem Interview. „Sie war diese Stimme und ein sehr intensiver Charakter.“ Ganz klar: Ohne Faithfulls eindringliche Performance wäre der Song nur halb so gut. Denn wenn Metallica schon ihren Stil ändern, bleiben sie trotzdem stilvoll. Oder?


08. Suicidal Tendencies – You Can’t Bring Me Down

Von allen Alben aus dem Metallica-Backkatalog ist St. Anger eines der am kontroversesten diskutierten, obwohl es einen Schritt zurück in Richtung in Thrash Metal-Wurzeln bedeutete. Abgesehen von Lars Ulrichs Drum-Sound – mehr als einmal mit dem Klang einer zweckentfremdeten Blechtonne verglichen – war es vor allem die Abwesenheit von Gitarrensoli, die Metal-Fans irritierte. Was sollte das alles? Nun, wenn schon Metallica das Resultat einer schwierigen Phase war, lässt sich das umso mehr von St. Anger sagen. Bassist Jason Newstead verabschiedete sich, als die Band seine Idee einer einjährigen Auszeit ablehnte und die Aufnahmen mussten verschoben werden, weil sich James Hetfield wegen Alkoholismus und anderen Drogenproblemen einer Rehabilitation unterzog. Keineswegs eine ideale Ausgangslage! Wie zerrissen die Band war, zeigte der Dokumentationsfilm Some Kind Of Monster, der während der Aufnahmen und Sitzungen mit dem sogenannten „Performance Enhancement Coach“ Phil Towle gedreht wurde. Eine harte Zeit und vielleicht nicht der unbedingt ideale Einstieg für Robert Trujillo, der Newstead am Bass ersetzte. Der hatte zuvor mit Ozzy Osbourne und anderen Metal-Ikonen zusammengearbeitet, bekannt aber wurde er als Mitglied der Band Suicidal Tendencies. „Stand up – we’ll all sing along / Together – ain’t nothin’ as strong“, heißt es in deren wohl bekanntesten Song You Can’t Bring Me Down – das gilt auch für Metallica, die sich schnell wieder aufrappelten.


09. Ennio Morricone – L’estasi Dell’oro

St. Anger markierte allein deswegen eine so überraschende Kehrtwende, weil die Band zuvor die ganz großen Geschütze aufgefahren hatte: Der Konzertfilm S&M wurde 1999 veröffentlicht und zeigte die Band von einer ganz anderen Seite. Schon acht Jahre zuvor hatte der Komponist Michael Kamen den Mitgliedern vorgeschlagen, ausgewählte Stücke mit einem Sinfonieorchester aufzuführen, im April 1999 dann war es soweit. Neben zwei neuen Songs waren es vor allem die Interpretationen von klassischen Metallica-Hits, allen voran Nothing Else Matters, die für Begeisterung sorgten. Metallica und Klassik? Das passte erstaunlich gut zusammen! Schon 1996 hatten die Finnen Apocalyptica mit Plays Metallica By Four Cellos bewiesen, dass sich der Metal-Sound der Band auch im Gewand eines Streichquartetts gut machte. Es sollte für die Band allerdings nicht der einzige Flirt mit klassischer Musik bleiben: Im Jahr 2014 etwa spielten sie gemeinsam mit den chinesischen Star-Pianisten Lang Lang bei den Grammy-Verleihungen ihren Song One. Besonders einleuchtend wurde die Verbindung von Metallica und orchestralem Pathos allerdings 2007, als sie für die Tribute-Compilation We All Love Ennio Morricone das Stück L’estasi Dell’oro des italienischen Filmkomponisten neu vertonten, das als Intro ebenso auf S&M zu hören war. Die Band gab dem Spaghetti-Western-Pathos von Morricones The Good, The Bad, and The Ugly eine zackigere Note, behielt aber dessen große Gesten bei. Damit reiht sich Metallica in eine lange Tradition von Bands wie Deep Purple ein, die moderne Rock-Musik mit klassischer Unterstützung einem neuen Drive gaben.


10. Snoop Dogg – Doggfather

Die Liste von Metal-Bands, die sich auf Metallica als die obersten Vorbilder ihres Sounds berufen, ist ewig lang. Ein paar von ihnen finden sich auf der Compilation Remastered: Master Of Puppets Revisited, die 2006 erschien: Machine Head, Mastodon, Trivium waren darauf etwa vertreten. Aber auch über ihr eigenes Genre hinaus haben Metallica ihren Einfluss ausgeübt. Eine überraschende Performance war 2003 im Rahmen der Verleihung eines MTV Icon Awards an die Band zu sehen: Neben Staind, Avril Lavigne und Sum 41 trat dort auch Snoop Dogg auf! Richtig, der Rapper outete sich unter den Augen der sichtlich amüsierten Band als Metalhead und spittete eine paar Lines über den zackigen Groove des Songs Sad But True. Kein Wunder eigentlich, war Snoop doch bereits mit den an diesem Abend ebenfalls anwesenden Limp Bizkit auf Tour und knipst gerne mal Selfies mit den schwedischen Hard Rockern von Ghost. Trotzdem bewies der ebenso kurze wie skurrile Auftritt wieder einmal, wie weit Metallicas Einfluss auf die Pop-Kultur reicht. Und schlimmer geht’s immer: Auch Nickelback haben denselben Song gecovert… Dann doch lieber der „Doggfather“, oder?


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