
Ein angeblicher Sprecher der scheinbaren KI-Band The Velvet Sundown sorgt für Aufsehen. Doch wenig später stellt sich heraus: Er hätte die Öffentlichkeit bewusst getäuscht.
The Velvet Sundown sorgte im Juni für Aufsehen in der Musikwelt. Plötzlich tauchten zwei Alben einer bislang völlig unbekannten Band auf den gängigen Streamingdiensten auf. Innerhalb weniger Wochen sammelten sie über 700.000 monatliche Hörer:innen auf Spotify. Die Musik, von ihnen bezeichnet als eine Mischung aus psychedelischem Siebziger-Jahre-Rock, cineastischem Pop und analogem Soul, wirkte zwar generisch, doch das Interesse war geweckt. Ebenso auffällig: sämtliche Bandfotos trugen eindeutig die Handschrift generativer KI.
Erfolg mit AI-Verdacht
Schnell kamen in sozialen Medien und auf Plattformen wie Reddit Zweifel auf. Handelte es sich bei Velvet Sundown um ein KI-Projekt? Der Verdacht verdichtete sich, als die Plattform Deezer einzelne Tracks als potenziell KI-generiert kennzeichnete und die Seite Music Ally analysierte, dass der Großteil der Playlist-Platzierungen von nur vier Spotify-Konten ausging. Dennoch behauptete ein auf X/Twitter aktiver Account vehement das Gegenteil: Alles sei handgemachte Musik.
Ein vermeintlicher Sprecher tritt auf, und zurück
Inmitten der Spekulationen meldete sich ein Mann namens Andrew Frelon zu Wort. Er gab sich gegenüber Rolling Stone als Sprecher und Mitglied der Band aus. Hierzu gestand er prompt: „Es ist Marketing. Es ist Trolling. Früher hat sich niemand dafür interessiert, was wir gemacht haben, und jetzt sprechen wir plötzlich mit dem Rolling Stone. Also: Ist das falsch?“ Im Interview räumte er ebenfalls ein, dass einige Songs mit dem KI-Tool Suno produziert wurden. Wenig später folgte jedoch der Rückzieher: In einem Posting gab Frelon zu, alles sei ein ausgeklügelter Schwindel gewesen. Ziel sei es gewesen, die Medien zu testen und auf die Absurdität digitaler Wahrnehmung hinzuweisen. Die offizielle Spotify-Seite der Band distanzierte sich umgehend von ihm und bezeichnete Frelon als nicht mit dem Projekt verbunden.
Täuschung und Transformation
Die Band selbst äußerte sich bislang nur vage. Über den offiziellen Spotify-verlinkten X-Account erklärten sie in einer Nachricht an Rolling Stone,The Velvet Sundown sei ein „multidisziplinäres künstlerisches Projekt“, das Musik mit analoger Ästhetik und spekulativem Storytelling verbinde. Die Rolle von KI werde dabei bewusst offengelassen. Man verstehe die Faszination rund um das Projekt, wolle aber, dass Berichterstattung auf überprüfbaren Informationen basiere.
Kunstprojekt oder Marketing-Coup?
The Velvet Sundown bleiben also vorerst wohl ein undurchsichtiges Phänomen an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Medienrealität. Ob hinter dem Projekt eine gezielte Provokation steckt, ein ernst gemeinter künstlerischer Ansatz oder schlicht ein clever inszenierter Marketing-Coup, lässt sich bislang kaum eindeutig sagen. Aber: Die Diskussion, die The Velvet Sundown ausgelöst haben, reicht weit über ihren Fall hinaus. Sie berührt grundlegende Fragen nach Authentizität, künstlerischer Urheberschaft und der Rolle von Künstlicher Intelligenz im Popbetrieb.