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Popkultur

Nashville Milestones | Johnny Cash – American IV: When The Man Comes Around

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Johnny Cash – American IV: When The Man Comes Around (2002)

„American IV: When The Man Comes Around“ war Cash‘s letztes Album vor seinem Tod am 12.09.2003. Bis auf den Titelsong bestand die Tracklist der Scheibe ausschließlich aus Coverversionen bekannter oder traditioneller Kompositionen. Auf den ersten Blick also nicht sonderlich spektakulär. Auf den Zweiten jedoch umso mehr: Vor dem ersten gehörten Ton sticht das reduzierte, auf den Punkt gebrachte Cover ins Auge. Schwarzer Hintergrund, weiße Lettern und Johnny mit gesenkter, demütiger Kopfhaltung und geschlossenen Augen. Hinzu kam die auf‘s Wesentliche reduzierte Version des Nine Inch Nails Klassikers „Hurt“…

Grund genug, damit das Album ein paar Tage nach seiner Veröffentlichung in der gut sortierten CD-Abteilung einer Drogeriemarktkette in meinem Einkaufskorb wanderte. Zugegeben, beim ersten Durchlauf war ich etwas geschockt: Die angeschlagene Stimme Cash‘s, die sich bei „Hurt“ wie ein Stilmittel anhörte, zog sich durch die komplette Scheibe. Auch die restlichen Arrangements fielen nicht sonderlich aus diesem Konzept. „American IV: When The Man Comes Around“ landete erst einmal im Regal, denn es entsprach kein Stück den Hörgewohnheiten zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts.Johnny-Cash---Pressefotos-2010
Die Platte stellte sogar eine komplette Antithese zur Musiklandschaft 2002 dar. Ein Gedanken, der mir ab den ersten Hördurchläufen im Kopf herumschwebte: „Was hat sich Rick Rubin (der einige meiner Lieblingsplatten für Danzig, Slayer oder die Beastie Boys produzierte) nur bei dieser Scheibe gedacht?!“
 
In der Retrospektive betrachtet muss dieser Denkanstoß von Rubin und Cash beabsichtigt gewesen sein. Die Musikwelt veränderte sich in dieser Zeit dramatisch: Aufnahmesoftware wurde für jedermann erschwinglich, Modelingsounds jeglicher Couleur hielten Einzug und Produktionen gerieten immer synthetischer. Alldem einen alten, gebrechlichen, vom Leben und seinen diversen Süchten gezeichneten Mann mit einer Akustikgitarre entgegenzustellen war schlichtweg ein Geniestreich – wie die gesamte American Recordings Serie! Mehr Gefühl, mehr Ehrlichkeit und mehr vertonte Lebenserfahrung ist nur schwer möglich!

Diese Erkenntnis erlangte ich aber erst gut zwei Jahre nach Johnny Cash‘s Ableben. „American IV: When The Man Comes Around“ reifte im CD-Regal wie ein hervorragender Wein und lies zu diesem Zeitpunkt sein volles Volumen in meinen Gehörgängen frei.

Augenscheinlich war ich nicht der Einzige, Johnny-Cash---Pressebild-06 den „American IV: When The Man Comes Around“ wachrüttelte. Ein Schweif durch die aktuelle Singer-Songwriter Szene Nashvilles dürfte Johnny aus dem Jehenseits ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Er und Rick Rubin belebten nicht nur seine Karriere neu sondern zeigten der ganzen Welt, wie viel Power und Emotion in einer Dreadnought Gitarre und Gesang stecken!

„American IV: When The Man Comes Around“ ist eine Platte für die Ewigkeit, die den Musikhörer fordert, ihn auf eine Reise schickt und gleichzeitig aufzeigt, dass großartige zu Lebzeiten vollbrachte Taten unvergänglich sind. „American IV: When The Man Comes Around“ wartet darüber hinaus mit exquisiten Stargästen auf: Don Henley von The Eagles, Ex-Red Hot Chili Peppers Gitarrist John Frusciante, Nick Cave, Marty Stuart oder Fiona Apple sind nur ein kleine Auswahl der Künstler, die Cash bei den Aufnahmen zu seinem 87sten Studioalbum begleiteten.
 
Text: Chris Franzkowiak
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