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Gutenachtgeschichten von Iggy Pop und berührende Worte von Dave Grohl: Das Corona-Update

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Iggy Pop
Foto: Clemens Bilan/Getty Images

Die Zukunft der Konzertbranche stellt Kreativschaffende auch nach ersten Lockerungen der Corona-Maßnahmen vor ein Rätsel. Zum Glück gibt es Stars wie Dave Grohl, der berührende Worte über die Bedeutung von Konzerten findet, und Iggy Pop, der in der neu-gewonnenen Freizeit Gutenachtgeschichten einspricht. Außerdem im Corona-Update: Live-Material von David Bowie und zweierlei Cover mit Lennon-Bezug.

von Victoria Schaffrath

Schwer zu sagen, welche Bowie-Ära am verblüffendsten ist, doch sein Stil in den Neunzigern kam futuristisch und düster, aber nicht allzu unkonventionell daher. Dass man das beim vormaligen „Thin White Duke“ nicht mit Langeweile verwechseln sollte, beweisen drei Live-Alben aus der Earthling-Phase, die in den kommenden Wochen nach und nach auf die Streaming-Portale wandern sollen. Den Anfang macht LiveandWell.com, dessen 12 Songs bisher nur Abonnenten von BowieNet zu Gehör bekamen. Mit Little Wonder, aufgenommen im Oktober 1997 in New York, liefert man einen Vorgeschmack.

Wer in einer größeren Auswahl an Auftritten der ganz Großen schwelgen möchte, kann sich auf dem YouTube-Kanal der Rock And Roll Hall Of Fame austoben: Mehr als 200 Videos gibt es dort mittlerweile, die Dankesreden, Laudationes und Ehrenauftritte einschließen. Da man die diesjährige Zeremonie wegen des Lockdowns in den November verschieben musste, halten wir uns mit legendären Auftritten von Prince, Bon Jovi, U2, Little Richard und mehr über Wasser.

Worte, von denen wir nie dachten, sie im gleichen Satz zu lesen: Iggy Pop liest Gutenachtgeschichten. Gut, die Idee ist nicht auf den Mist des „Godfather of Punk“ gewachsen, sondern Teil der Kunstaktion Bedtime Stories. Dabei soll laut Pitchfork alles, was in der Kunst Rang und Namen hat, eine Geschichte vorlesen. Ob Jeff Koons, Michael Stipe, Takashi Murakami oder eben der „Iguana“, auf uns wirkt die Liste der Beteiligten eher vitalisierend als beruhigend. Ladet die erste Folge mit Iggy und seinem Liebesbrief an einen Hund hier herunter.

Coverversionen für das Seelenwohl

Diese Woche gab es erneut wohlige und erhebende Cover von einer Handvoll hochkarätiger Stars. Den Anfang machten Jeff Beck und Johnny Depp, die ihr Cover von John Lennons Isolation bereits letzten Monat veröffentlichten. Nun erhält das kontemporäre Update ein passendes Video, das allerdings schon lange vor der tatsächlichen Isolation entstand: „Johnny und ich arbeiten schon einige Zeit gemeinsam an Musik und haben den Track letztes Jahr im Studio aufgenommen“, erklärt Beck. „Von Johnny und mir werdet ihr in Zukunft noch mehr hören!“

Zum Dampf-Ablassen eignet sich Under Pressure von Queen & David Bowie seit jeher exzellent; vor dem derzeitigen Szenario erhält das zeitlose Stück aber noch einmal eine neue Bedeutung. Wenn sich dann noch der singende Showmaster Jimmy Fallon, seine Hausband The Roots und Falsett-Profi Brendon Urie von Panic! At The Disco einmischen, wird ein Gänsehaut-Moment draus. Letzterer machte bereits mit seinem Cover von Bohemian Rhapsody von sich reden. Bonus: Questlove, der Einmachgläser und Topfdeckel zum Schlagzeug umfunktioniert, muss man gesehen haben.

Let It Be Deluxe

Spätestens bei den Namen, die sich am folgenden Projekt beteiligen, vergisst man für einen Moment Reproduktionszahlen und Rettungsschirme: Nuno Bettencourt und Gary Cherone von Extreme, Orianthi, Avril Lavigne, Mitglieder von Dream Theater und Alice Cooper sowie eine nicht-enden-wollende Liste an namhaften Studiomusikern spielen die Beatles. Für die Organisation Soundcheck Live ergänzt die fesselnde Version von Let It Be eine Spendenauktion.

Dave Grohl über die Bedeutung der Live-Musik

„Ich bin mir nicht sicher, wann genau wir wieder mit klopfenden Herzen Arm in Arm aus vollem Halse singen können… Aber ich weiß, dass wir es wieder tun werden, weil wir müssen“, schreibt Dave Grohl da in seinem Artikel für den Atlantic. Als eine der musikalischen Stimmen der Krise findet Der Foo-Fighters-Fronter im Tribut an Konzertbesuche erneut die richtigen Worte. „Leider hat die Corona-Pandemie die heutige Live-Musik auf unvorteilhafte Bildausschnitte reduziert, die aussehen, als wären sie mit einer Überwachungskamera aufgezeichnet worden und klingen, als hätte Neil Armstrong sie vom Mond gesendet.“

„Versteht mich nicht falsch“, stellt er klar, dass er selbst für diese kleinen Momente dankbar ist, „aber ich habe Lust auf eine große Portion schweißgebadeten, Ohren-zerfetzenden Live-Rock’n’Roll, und zwar sofort. Die Sorte Musik, die dein Herz rasen, deinen Körper tanzen und deine Seele aufatmen lässt.“ Das fühlen wir mehr, als uns lieb ist. Doch Grohl setzt noch einen drauf und erzählt von seinen liebsten Konzerterfahrungen. Darunter eine Show seiner eigenen Band, der kein Geringerer als Bruce Springsteen beiwohnte. Der „Boss“ hinterließ ihm eine Notiz, die unsere Liebe für Konzerte wohl perfekt zusammenfasst: „Wenn du als Künstler*in in dein Publikum blickst, solltest du dich in ihnen sehen; genau so, wie sie sich in dir sehen sollten.“

Zukunft der Festival-Branche ungewiss

Der Sänger trifft die emotionale Komponente von ausgefallenen Shows und Festivals auf den Punkt. Auf der anderen Seite steht die nüchterne und dringliche Betrachtung der Absagen, besonders für die Festival-Branche. In Großbritannien steht der gesamte Industrie-Arm laut einem aktuellen Bericht vor dem Kollaps. Da die meisten Festivals nicht für den Fall einer globalen Pandemie versichert sind, gleichzeitig aber nicht die Anforderungen für Rettungsschirme erfüllen, stehen vor allem kleinere Independent-Festivals vor dem Aus.

So könnten bis Frühjahr 2021 59 Prozent der Belegschaft ohne Anstellung dastehen. Paul Reed, Vorsitzender eines Handelsverbandes unabhängiger Festivals in UK, warnt mit deutlichen Worten: „Das ist keine temporäre Betriebspause mehr – das ist ein ganzes Jahr an Einkommen und Handel, das uns wegbricht. Wenn es im Herbst keine Unterstützung gibt, werden die resultierenden Entlassungen es uns schwer machen, in 2021 überhaupt Events auf die Beine zu stellen.“ In Deutschland soll zu diesem Zweck im August das Festival für Festivals stattfinden. Es soll als digitale Veranstaltung und Spendenaktion zur Rettung kleinerer Festivals dienen – und als Ersatztermin für die ausgefallenen Events.

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