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METALLICA – Das erfolgreichste Heavy-Metal-Album aller Zeiten

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Man muss kein Psychologe sein, um zu wissen, dass manche Dinge im Moment des Erlebens gar nicht richtig einzuschätzen sind. Eben weil man erst mit ein wenig Abstand begreift, was da eigentlich gerade passiert. So geht es der Metal-Welt im Sommer 1991…


Im Heavy Metal gehören Metallica schon vor ihrem fünften Album zu den unbestrittenen Schwergewichten, aber ihr offiziell nur Metallica getauftes, aber unter Black Album bekanntes Werk wird das Leben der Protagonisten auf den Kopf stellen, die gesamte Musiklandschaft verändern und Metallica in den Olymp der größten Bands des Erdballs katapultieren.


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Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind Metallica schon mit ihren ersten Demos, die Anfang der Achtziger in der aufblühenden Metal-Szene einschlagen wie die vielzitierte Bombe. Mit ihren ersten drei Alben Kill ‘Em All (1983), Ride The Lightning (1984) und Master Of Puppets (1986), die das Genre Thrash Metal erst definieren, legen die vier blutjungen Langjährigen einen kometenhaften Aufstieg hin, der 1986 mit dem tragischen Unfalltod des Ausnahmebassisten Cliff Burton zunächst abrupt endet. Doch Frontmann James Hetfield, Schlagzeuger Lars Ulrich und  Gitarrist Kirk Hammett berappeln sich wieder und nehmen mit Neuzugang Jason Newsted ihr Album … And Justice For All (1988) auf. Dank des ersten Videoclips der Bandgeschichte zum balladesk beginnenden, aber furios endenden One kriegt man – MTV sei Dank – mindestens einen Fuß in die Mainstream-Tür. Im harten Metal-Bereich sind Metallica die erste Adresse, verkaufen die Hallen reihenweise aus und dürfen als erste Gruppe aus dem thrashenden Underground eine nennenswerten US-Chartplatzierung und somit den größten Erfolg ihrer Karriere feiern. Doch der Abstand zu Haarspray-Rockern der Marke Bon Jovi, Poison und Mötley Crüe auf den vorderen Positionen ist noch mehr als deutlich. Irgendwie werden die Chefs Ulrich und Hetfield das Gefühl nicht los, dass noch mehr geht. Vor allem aber haben sie die progressive Ausrichtung auf Justice mit überlangen, vertrackten Songs nach eigenem Empfinden ausgereizt. Die neuen Songs sollen ohne Umschweife auf den Punkt kommen, aber tiefgängig bleiben, perfekt arrangiert und klanglich in Szene gesetzt.



Während die beiden Hauptsongschreiber an neuem Material arbeiten, entscheiden sie sich dazu, den Kanadier Bob Rock (ja, der heißt wirklich so…) als Produzenten zu verpflichten. Nicht zuletzt, weil der mit dem aktuellen Mötley Crüe-Album „Dr. Feelgood“ einen waschechten und unglaublich voluminös klingenden Nummer-Eins-Hit zu verzeichnen hat. Ulrich formuliert es später so: „Unsere beste Platte schlummerte noch in uns, und Bob konnte uns helfen, genau die zu machen.“ Als erstes wurde der gewohnte Arbeitsprozess des Vierers komplett umgekrempelt: Die Band soll zusammen so viele Takes aufnehmen, bis alle zufrieden sind, befindet Rock. Gesangsharmonien neben dem wilden Gebrüll wären zudem doch auch mal einen Versuch wert, und an die Texte müsste man auch noch mal ran. Der Startschuss für fortwährende Diskussionen zwischen den Musikern und dem Mann am Mischpult ist gelegt. Der Perfektionismus aller Beteiligten führt dann unter anderem dazu, dass das fertige Album insgesamt dreimal komplett neu abgemischt wird, was die Gesamtkosten auf die auch heute noch sensationelle Summe von einer Million Dollar hochschraubt. Aber es soll eben die beste Metallica-Platte überhaupt werden, lautet das kollektive Ziel, dem alles andere untergeordnet wird.


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Wie ernst es allen Beteiligten damit ist, verdeutlicht der Preis, den Newsted, Ulrich und Hammett bezahlen: Ihre Ehen enden vor den Scheidungsrichtern. Geschlagene neun Monate dauern die Aufnahmen, doch schon die erste Auskopplung Enter Sandman zeigt, dass sich alle Mühen definitiv gelohnt haben. Nicht nur, dass der Stadion-Metal geboren wird: Heute gehört der Song zu den größten Rock-Hymnen und steht in einer Linie mit Klassikern wie  Whole Lotta Love und ‘Hells Bells’. Der „Now I lay me down to sleep“-Kinderreim gehört zum Grundwissen jedes Rock- und Metal-Fans, der markante Anfangsriff der Nummer zum Alptraum eines jeden Gitarrenladenbesitzers.


Schaut euch hier das offizielle Video zu Enter Sandman an:


 

Doch die Single bleibt nicht der einzige überragende Moment. Vielmehr ist es Bob Rock und den Musikern tatsächlich gelungen, ein Album zu erschaffen, mit dem sich Metallica als gereifte, aber eben nicht an den Mainstream anbiedernde Band präsentieren. Anders gesagt: Auch wenn Hetfield und Co. unprätentiös in natürlich pechschwarzen Straßenklamotten auf die Bühne gehen, so haben sie das große 1×1 des Songwritings inzwischen verinnerlicht. Beispiele gefällig? Bitte schön: Nothing Else Matters geht mindestens auf Augenhöhe mit dem Sandmann über die Ziellinie. Balladeske Töne sind im „Metalliversum“ beileibe nichts Neues, aber dieses Stück trifft genau die richtige Mitte zwischen großen Orchestermelodien und harten Gitarren. Das stampfende Sad But True zählt inzwischen ebenfalls zu den Evergreens, wird von Rock sogar als „Kashmir der Neuzeit“ geadelt, und das völlig zu Recht. The Unforgiven pendelt wunderschön zwischen hart und zart; Wherever I May Roam, die Ode an die Freiheit und das Leben unterwegs, erinnert mit arabisch-orientalisch anmutendem Vibe und epischer Erhabenheit an Großtaten von beispielsweise Led Zeppelin. Will sagen: Einen richtigen Ausfall sucht man unter den zwölf Songs vergebens – ein bis zum heutigen Tag extrem seltenes Kunststück.


 


So richtig begreifen kann man die Bedeutung dieses Geniestreichs erst heute mit mehr als zwei Jahrzehnten Abstand. Anfang der Neunziger ist in der Rockmusik schon vieles möglich, aber dass eine Thrash-Metal-Band in Jeans und Turnschuhen plötzlich weltweit die Charts aufrollt, gult schon als ein ziemlich dickes Ding. Unter anderem wird zum ersten Mal die deutsche Nummer Eins erklommen. Aus Hallen werden Stadien, die Tournee dauert insgesamt über drei Jahre. In Diskotheken weltweit laufen vor allem Enter Sandman und Sad But True neben Hits von Red Hot Chili Peppers und Nirvana rauf und runter. Überhaupt entgehen Metallica mit dem Black Album komplett dem partiellen Niedergang der traditionellen Metal-Szene der Achtziger, die für eine Weile von Grunge und Crossover abgehängt wird.


Schau dir hier das Video zu Nothing Else Matters an:

 


 

Ohne die Leistungen ihrer Zeit- und Stilgenossen schmälern zu wollen: Mit ihrem fünften Wurf ist Metallica ein millionenfach verkaufter Klassiker der modernen Musikgeschichte gelungen, der schlicht in jede Sammlung gehört – Zeitgeist hin, Metal-Purismus her. Dieses Album hat den Weg für etliche Bands der härteren Gangarten geebnet, Metal salonfähig und in der heutigen Form und Popularität erst möglich gemacht. Das konnte man damals beim besten Willen nicht ahnen.


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