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Platten

The Mamas and The Papas – Die jungen Mütter und Väter der Blumenkinder

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Foto: Cover

Nennen sich zwei Musikerinnen und zwei Musiker The Mamas and The Papas wird damit in etwa folgende Assoziationskette geknüpft: Mütter, Väter, Babies, ein Golden Retriever namens Buddy, gezupfte Folk-Klänge zu engelsgleichen Kirchenchorstimmen, selbst gebackene Kekse, Sonntagsausflug im Viertürer. Diese Kette erfährt dann eine leichte Korrektur, denn es handelt sich schließlich um eine Band der Flower Power Generation aus dem Kalifornien der 1960er Jahre, also: Mütter, Väter, Sex, Sex, Sex, ups, ein Baby, Rock’n’Roll, selbst gebackene Haschkekse, Sonntagsausflüge im Viertürer. Und dann kommt heraus, die Band heißt so, weil die Freundinnen und Gattinnen der Hells Angels Mamas genannt werden. Von braven Vorstadt-Familien kann jedenfalls keine Rede sein.


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The Mamas And The Papas
If You Can Believe Your Eyes
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Ehekrise

Als das gleichnamige zweite Album von The Mamas and The Papas nach ihrem senkrecht gestarteten ersten Album im Entstehen war, befanden sich die Blumenväter und -mütter jedenfalls inmitten einer schweren Lebens- und Bandkrise. Es gab nämlich nur ein echtes Pärchen im Quartett, Sänger und Songschreiber John Phillips sowie seine blutjunge Frau Michelle Phillips. Aber das Idyll der Eheleute bröckelte: Eine Affäre mit Papa Denny Doherty hatte Phillips seiner Frau noch verziehen und musikalisch verarbeitet (I Saw Her Again), es waren schließlich die 1960er Jahre. Doch die romantischen Verwicklungen mit dem Sänger der Byrds, Gene Clark, gingen Phillips dann zu weit, so frei war die Liebe der Beiden offenbar nicht.

Eiskalte Stimmung

Inmitten der Aufnahmen zum Album warf er seine in Liebesdingen unternehmungslustige Frau aus der Band und engagierte einen Ersatz, die Freundin des Produzenten Lou Adler. Adlers Freundin Jill Gibson sang in einigen Songs Michelles Part, doch bis heute wird darüber gerätselt, in welchen. Denn nur einen Monat später, im August 1966, holte Phillip seine Michelle zurück in die Band. Offenbar wurden die Aufnahmen so abgemischt, dass nicht einmal Phillips selbst noch den Überblick hatte, in welchen Songs ihre Stimme vorkam.

Die Stimmung unter den Mamas und Papas blieb trotz Wiedervereinigung angespannt. Nicht nur war die vierte Musikerin im Bunde, Cass Elliot, Berichten zufolge in Denny Doherty verschossen und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass die Phillips sich um ihr Eheleben kümmerten. Auch standen die Vier unter gewaltigem Druck, hatten sie doch mit ihrem Vorgängeralbum If You Can Believe Your Eyes and Ears und Hits wie California Dreamin und Monday, Monday einen großen Überraschungserfolg gelandet. Die Band wusste, jede weitere Veröffentlichung würde an diesem ersten Album gemessen werden.

The-Mamas---The-Papas

Das zweite Album ist dann auf wundervolle Weise ein Querschnitt aus den Einflüssen, mit denen Bands Mitte der 1960er Jahre umgeben waren. Der sanfte und analoge Folk von Bands wie Simon and Garfunkel war John Phillips Heimat, hier fühlte er sich wohl, hier konnte er glänzen. Songs wie Dancing Bear oder Strange Young Girls sind Beispiele seines Könnens. Die Stimmen glockenhell, die Instrumente akustisch. Doch Dancing Bear ist gleichermaßen experimentell, mit ungewöhnlichen Harmonien und einem orchestralen Einstieg mit Flöte und Oboe, die einen unweigerlich an Prokofjews Peter und der Wolf denken lässt. Hier zeigt sich der Transformationswille der Ära, in der selbst ein Bob Dylan zur elektrischen Gitarre greift. Auch “The Mamas and The Papas” wollten nicht als reine Folkband gelten und versuchten sich an einer gelungenen Mischung aus Folk, Rock, Blues und Soul mit Ausflügen ins Experimentelle.

Wie ein musikalisches Tarotkartentableau mutet der Song Trip, Stumble and Fall an, der unschwer als wütende Vorhersage Phillips an seine Frau gelesen werden kann:

Then you’re gonna trip (trip), stumble, and fall.

(Trip, stumble, and fall…)

And when you land (and when you land…)

It’s no fun at all (it’s no fun at all).

You’d better listen, my friend.

(Oh, listen my…won’t you listen my…)

Yeah, this is the end.

(This could be the…)

Someone ‘s gonna make you crawl.

(Someone’s gonna make you crawl.)

You’re gonna stumble and fall

Doch am besten wird das Beziehungsdilemma im Song I Saw Her Again zusammengefasst, geschrieben von John Phillips und Doherty, Konkurrenten in der Sache Michelle Phillips:

I saw her again last night,

And you know that I shouldn’t

Just string her along; it’s just not right.

If I couldn’t then I wouldn’t,

Schaut euch hier das passende Video an:

But what can I do, I’m lonely too.

And it makes me feel so good to know

She’ll never leave me.

(to know…know)

So ganz klar ist dabei nicht, wer hier vor wem klagt und Besserung gelobt. Phillips, der mit seiner Frau irgendwie schon durch ist oder Doherty, der sich heimlich mit Michelle trifft und der seinen Schmerz nach Ende ihrer Affäre im Alkohol ertränkt.

Cass Elliot, die mit dem Liebesdreigespann nichts zu tun hatte, legt dafür ihren großen Auftritt im Song Words Of Love hin, eine elegante Bluesnummer, die sie mit einer vor Kraft strotzenden sonoren Altstimme singt.

Ein Highlight ist auch Dancing In The Street, die berühmte Motown-Nummer von Marvin Gaye, die er für Martha & The Vandellas schrieb und bei der heute jeder nur noch an David Bowies und Mick Jaggers Version denkt – zu unrecht. Elliots Stimme schmettert die Lyrics, dass es kracht und wer bei dieser Liebeserklärung an den schwarzen Soul noch stillsitzt, ist entweder ein Geist ohne Beine oder ein Spielverderber.

Schaut euch hier einen Live-Mitschnitt vom Festival 1967 an:

Dancing In the Street soll der letzte Song gewesen sein, den “The Mamas and The Papas” live spielten, und zwar auf dem Monterey Pop Festival im Jahr 1967. Nach dieser Zugabe rief Elliot ins Mikrofon “You’re on your own.” Dann fiel der Vorhang. Was für ein Song, um sich zu verabschieden!

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