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Wie Nirvana sich mit „Bleach“ darauf vorbereiteten, die Rockwelt zu verändern
1989 ist der Grunge-Boom noch weit weg, US-Rock-Größen hören seinerzeit auf Namen wie Bon Jovi, Richard Marx oder Poison. Doch jede Aktion zieht auch eine Reaktion nach sich, erst recht in der Kunst. Während also in Los Angeles und New York hochglanzpolierte Trends gesetzt werden, gärt es im amerikanischen Nordwesten rund um Seattle musikalisch bereits gewaltig, und zwar aus einer ganz anderen Richtung.
von Tom Küppers
Mittendrin steht eine noch unbekannte Band namens Nirvana. Oft wird deren Geschichte auf Nevermind und den tragischen Selbstmord ihres Sängers Kurt Cobain reduziert, aber will man Grunge verstehen und alles, was damit zu tun hat, kommt man nicht um diese Stadt und das Nirvana-Debüt Bleach herum.
Hier könnt ihr euch Bleach anhören:
Warum ausgerechnet in dieser Region eine der blühendsten amerikanischen Rocklandschaften entsteht, können rückblickend selbst damalige Akteure kaum erklären. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass Seattle und Umgebung aufgrund der einigermaßen abgeschiedenen geografischen Lage von kulturellen Strömungen weniger berührt werden und sich deswegen eigene Stilistiken entwickeln können. „Seattle ist das perfekte Beispiel einer nicht ganz so gut angesehenen Stadt, deren Musikszene von den amerikanischen Medien komplett ignoriert wurde“, versucht Jonathan Poneman, Mitgründer des ortsansässigen Labels Sub Pop den einzigartigen Seattle-Sound zu erklären. Und dementsprechend interessieren sich die lokalen Künstler nicht die Bohne dafür, was vermeintlich angesagt ist, und schaffen lieber Eigenes. Bands wie Green River oder Soundgarden veröffentlichen schon seit Mitte der Achtziger Jahre fleißig Musik, was allerdings nur wenige Eingeweihte zu schätzen wissen.
Die frühen Nirvana: Cobain, Novoselic, Channing (v.l.) (Bild: Charles Peterson/Promo)
Im November 1988 veröffentlichen Nirvana auf Sub Pop ihre erste Single Love Buzz in einer Auflage von 1000 Stück. Geplant ist, möglichst schnell eine EP hinterherzuschieben, allerdings bereiten sich Cobain, Bassist Krist Novoselic und Schlagzeuger Chad Channing einfach mal auf einen Langspieler vor. So entert man bereits im Dezember 1988 unter der Ägide des lokalen Produzentengurus Jack Endino die Reciprocal Recording Studios für erste Sessions.
Im Januar sind die Aufnahmen dann nach mehreren Unterbrechungen abgeschlossen, allerdings greifen Nirvana bei drei Songs (Paper Cuts, Downer und Floyd The Barber) auf alte, noch mit Drummer Dale Crover von den Melvins eingespielte Demos zurück. Noch obskurer: Mit Jason Everman steigt kurzerhand ein zweiter Gitarrist ein, der zwar auf dem Cover abgebildet, aber nicht mit einem Ton zu hören ist, dafür allerdings großzügig die Studiokosten von 606 Dollar und 17 Cent übernimmt.
Eigentlich könnte das Bleach getaufte Albumdebüt somit im Frühjahr 1989 erscheinen, allerdings möchte die Plattenfirma ein Wörtchen mitreden. Bruce Pavitt, der andere Gründer von Sub Pop, besteht darauf, dass die von der Band vorgesehene Reihenfolge der Lieder unbedingt überarbeitet werden muss, was Diskussionen und Zeitverzug mit sich bringt. Dass seine Firma zu diesem Zeitpunkt nicht einmal über genug Liquidität verfügt, um eine Platte pressen zu lassen, verschweigt er dezent. Hier sollte nicht der einzige Streitpunkt zwischen Musikern und Geschäftspartnern liegen.
So lässt Cobain verlauten, er fühle sich von Pavitt und Poneman förmlich genötigt, Musik zu machen, die dem von den beiden ins Leben gerufenen Begriff „Grunge“ entspricht. Dass die Labelgründer einen gewissen Stil prägen wollen, sei es durch Auswahl der Künstler oder eine übergreifenden Bildsprache, ist kaum von der Hand zu weisen. Die Kompositionen Cobains sind deswegen, wie er später erklärt, durchweg von einer negativen Atmosphäre geprägt, Texte werden in allerletzter Sekunde hingekritzelt. Krist Novoselic hat in einem Interview 2001 noch eine ganz andere Erklärung dafür, warum Bleach so klingt wie es klingt. „Zu der Zeit lief eine Kassette in unserem Van rauf und runter: Auf der einen Seite The Smithereens, auf der andern Celtic Frost.“ Das heißt: Griffiger College-Rock auf der einen, Schweizer Extrem-Metal auf der anderen…
Kurz nachdem Bleach am 15. Juni 1989 erscheint, gehen Nirvana wieder auf Tour, und dieser Einsatz zahlt sich aus. Denn auch wenn Sub Pop nicht den besten Job in Sachen Werbung machen, verkauft sich das Debüt knappe 40.000 Mal. Das lässt sich natürlich nicht mit den Millionenverkäufen vergleichen, die Bleach nach dem Durchbruch mit Nevermind als Neuveröffentlichung erzielt. Trotzdem: Mit dieser Leistung haben Nirvana nicht nur Anlauf für ihren eigenen Gang durch die Decke genommen.
Denn natürlich hat es die Talentsucher aus den Metropolen längst in den hohen Norden verschlagen, immer auf der Suche nach dem nächsten großen Ding eben. Als erste Band aus ihrem Umfeld können Soundgarden einen dicken Vertrag abschließen, Nirvana ziehen knapp ein Jahr später nach. Was dann dank Smells Like Teen Spirit und Nevermind passiert, erzählen wir an anderer Stelle.

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50 Jahre „Ring Ring“: ABBAs Debüt wird mit Vinyl-Sondereditionen gefeiert
Vor einem halben Jahrhundert begann in Schweden eine der erstaunlichsten Popkarrieren der Welt: Zum 50. Jahrestag des ABBA-Debüts Ring Ring gibt es die Platte exklusiv in umwerfenden Vinyl-Editionen.
von Björn Springorum
Hier könnt ihr Ring Ring hören:
Das erste Album ist ja immer etwas ganz besonderes. Da machen ABBA keine Ausnahme: Mit Ring Ring nahmen die Schweden 1973 erstmals mit in ihre Welt, gaben einen ersten Vorgeschmack auf das, was ein Jahr später nach dem Eurovision-Sieg mit der Band passieren sollte. Am 26. März 1973 erreichte der Einstand die schwedischen Plattenläden – und wurde dann dank Songs wie ihrer allerersten Single People Need Love oder He Is Your Brother zum Soundtrack des Frühlings. Mit dem Titelsong, so könnte man sogar sagen, kam der typische ABBA-Sound mit den mehrstimmigen Vocals in unsere Welt. Was ein Glück!
Die Geburt von ABBA
50 Jahre später sind ABBA längst Legende. Das muss natürlich gefeiert werden – mit gleich mehreren exklusiven und limitierten Vinyl-Sondereditionen, die man ab sofort auch bei uns im Shop vorbestellen kann. Die Editionen erscheinen am 19. Mai 2023.
Jetzt in unserem Shop erhältlich:
Neben einer Doppel-LP mit 45 RPM, neu gemastert in den Abbey Road Studios und verpackt im Gatefold mit Echtheitszertifikat gibt es weitere besondere Schmankerl für die ABBA-Sammlung: Eine Fünffach-Box mit 7-Inch-Singles sowie die fünf Singles als separate 7-Inch, bestückt mit folgenden Songs:
- He Is Your Brother / Santa Rosa
- People Need Love / Merry-Go-Round
- Ring Ring (English) / She’s My Kind of Girl
- Ring Ring (Swedish), Åh, vilka tider
- Love Isn’t Easy (But It Sure Is Hard Enough / I Am Just A Girl
Ein echtes Juwel für die Kollektion und ein würdiges Geburtstagsfest für dieses längst legendäre Album, auf dem ABBA noch als Björn & Benny, Agnetha & Frida in Erscheinung traten. Erst nach dem großen Erfolg ihres Debüts wurde aus den bislang als separate Duos agierenden Menschen die unsterbliche Band ABBA.
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„Under Attack“: Vor 40 Jahren erscheint die (vorerst) letzte ABBA-Single
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Def Leppard: Neues Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra
2023 scheint ein weiteres Def-Leppard-Jahr zu werden. Nicht nur, dass die britischen Hardrock-Legenden nach wie vor mit ihren Kollegen Mötley Crüe um den Globus touren. Nein, „Def Lep“ bringen dieses Jahr auch noch eine neue Platte raus — gemeinsam mit dem Londoner Royal Philharmonic Orchestra.
von Timon Menge
Def Leppard und ein Orchester? Zugegeben, das klingt erstmal abenteuerlich. Doch der Vorab-Single Animal nach zu urteilen machen die Briten auf Drastic Symphonies eine wichtige Sache richtig: Sie überladen ihren Sound nicht. Wo Rockbands in der Zusammenarbeit mit Klassik-Ensembles häufig Gefahr laufen, zwei ausdrucksstarke Musik-Genres übereinander zu schichten, sodass am Ende eine unangenehme „Wall Of Sound“ entsteht, halten sich Def Leppard bewusst zurück und lassen das Royal Philharmonic Orchestra das Beste aus ihren Kompositionen herauskitzeln.
Gitarrist Phil Collen bestätigt die songdienliche Herangehensweise: „Als das Angebot kam, ein Album mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufzunehmen, fühlten wir uns geehrt. Wir wollten aber nicht einfach nur das Orchester über unsere bisherigen Aufnahmen klatschen. Wir haben uns dazu entschieden, etwas ganz Besonderes zu erschaffen — etwas Klassisches, aber auf eine brandneue Art und Weise, sodass es im Kontext von Drastic Symphonies funktioniert. Wir haben neue Parts eingespielt, bestehende Sounds neu abgemischt und Instrumente rausgenommen, um dem Orchester Raum zum Atmen zu geben — also buchstäblich ein neues Album eingespielt.“
Jetzt in unserem Shop erhältlich:
Das neue Def-Leppard-Album Drastic Symphonies: ein Herzensprojekt
Def-Leppard-Sänger Joe Elliott kommentiert Drastic Symphonies folgendermaßen: „Def Leppard fanden es schon immer toll, aus allzu vorhersehbaren Pfaden auszubrechen — wie zum Beispiel bei unseren Arbeiten mit Tim McGraw, Taylor Swift und Alison Krauss. Als wir das Angebot bekamen, einige Songs aus unserem Backkatalog mit dem Royal Philharmonic Orchestra neuzugestalten, haben wir uns sofort darauf gestürzt.“ Ihm sei bewusst, dass Def Leppard nicht die erste Band sei, die mit einem Orchester spiele, doch er und seine Mitmusiker hätten einfach nicht widerstehen können.
Erscheinen soll Drastic Symphonies am 19. Mai 2023. Auf diese Songs im klassischen Gewand dürft ihr euch freuen:
- Turn To Dust
- Paper Sun
- Animal
- Pour Some Sugar on Me (Stripped Version)
- Hysteria
- Love Bites
- Goodbye For Good This Time
- Love
- Gods Of War
- Angels (Can’t Help You Now)
- Bringin’ On The Heartbreak
- Switch 625
- Too Late For Love
- When Love & Hate Collide
- Kings Of The World
- Have You Ever Needed Someone So Bad (Bonus auf Vinyl- und Atmos-Version)
Wer Def Leppard (und Mötley Crüe) live sehen möchte, hat dieses Jahr gleich dreimal die Möglichkeit dazu:
- Mai 2023 Mönchengladbach, SparkassenPark
- Mai 2023 München, Königsplatz
- Juni 2023 Hannover, Expo Plaza
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Zeitsprung: Am 1.8.1959 kommt Joe Elliott von Def Leppard zur Welt.
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Rush: „Signals“ erscheint als Super Deluxe Edition
Das Album Signals der Prog-Götter Rush feiert (mit ein wenig Verspätung) seinen 40. Geburtstag. Diesen Ehrentag begeht die Band mit einer Super Deluxe Edition, die es so richtig in sich hat.
Signals ist das neunte Studioalbum von Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart. Es erschien am 9. September 1982 und gilt längst als Klassiker. Das Album entstand teilweise auf der Tour zum Vorgänger Moving Pictures. Rush nutzen die Soundcheck-Zeit, um an neuem Material zu arbeiten. Herausgekommen sind dabei acht grandiose Tracks — begonnen mit dem Opener Subdivisions bis hin zum finalen Song Countdown.
Hier könnt ihr euch Signals anhören:
Alex Lifeson über Signals
„Nach dem Erfolg von Moving Pictures hätten wir alles machen können, was wir wollten”, erklärte Lifeson in einem Interview mit Louder Sound, und ergänzte: „In der Welt von Rush bedeutet das normalerweise, dass es Zeit ist, sich zu verändern.“ Lifeson sieht Signals als wesentliches Album der Bandgeschichte an, deutet aber auch auf den schweren Entstehungsprozess hin: “Ich stimme mit dem Konsens überein, dass Signals zu unseren wichtigsten und interessantesten Platten gehört. Aber aus offensichtlichen Gründen habe ich gemischte Erinnerungen an diese Platte“.
Signals: Details zur Super Deluxe Edition
Die Super Deluxe Edition von Signals kommt mit einem brandneuen Hugh Syme-Cover. Zu hören bekommt man den Remaster aus dem Jahr 2015, das erstmals auf CD erscheint. Vinyl-Aficionados kommen ganz besonderes auf ihre Kosten: Zum ersten Mal wurde Signals mit halber Geschwindigkeit über DMM geschnitten und auf 180g schwarzes Vinyl gepresst.
Jetzt in unserem Shop erhältlich:
Ebenfalls enthalten ist eine Blu-ray-Audio-Disc mit neuen Dolby Atmos- und 5.1-Surround-Mixes von Richard Chycki, das 48kHz-24-Bit-Stereo-Remaster von 2015, neue animierte Visualizer für jeden Song und zwei Bonus-Musikvideos für Subdivisions und Countdown. Damit nicht genug: Abgerundet wird das Package von einem 40-seitigen Hardcover-Buch mit Illustrationen, Original-Bandfotos und mehr. Zusätzlich zur Deluxe Edition erscheint auch eine Picture-Disc
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