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Popkultur

„Metal On Metal“: Wie Anvil die harte Musik mitdefinierten

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Anvil
Foto: Pete Cronin/Redferns/Getty Images

„Amboss“ bedeutet der Bandname Anvil übersetzt. Metal On Metal lautet der Titel des zweiten Albums der Kanadier. Auf dem Cover zu sehen: eine Kreissäge, die funkensprühend einen Amboss zerteilt. Eindeutiger kann man sich nun wirklich nicht ausdrücken. Heute auf uDiscover Music: die Geschichte einer Platte, die den Metal maßgeblich mitdefiniert hat.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Metal On Metal von Anvil anhören:

In der Welt des Metal verehren wir große Legenden wie Metallica, Slayer und Anthrax. Es gibt in der der Krachmusik allerdings auch die unzähligen Truppen aus der zweiten Reihe, die sich seit 40 Jahren im Untergrund bewegen und das Genre von dort aus massiv beeinflussen. Zur zweiten Sorte gehören auch Anvil, die nicht nur eine besondere Vorliebe für Alliterationen haben, sondern auch echten Pioniergeist, wenn es um Heavy Metal geht. Am 15. April 1982 veröffentlichen die Kanadier ihr zweites Album Metal On Metal. Bis heute gilt die Platte als Schwermetall-Standardwerk, das von Erstliga-Titanen wie Metallica, Slayer und Anthrax als wichtiger Einfluss genannt wird. Nehmen wir die Entstehungsgeschichte der Scheibe unter die Lupe.

Die Anfangstage

Ende der Siebziger heißen Anvil noch Lips, genau wie Frontmann, Gitarrist und Gründungsmitglied Steve „Lips“ Kudlow. Nach ihrem ersten, vollständig selbst finanzierten Album Hard ‘N‘ Heavy (1981) benennt sich die Band um, unterschreibt ihren ersten Plattenvertrag und bringt das Debüt auf dem neuen Label gleich noch einmal raus. „Anfang der Achtziger gab es noch keinen Metal, besonders in Nordamerika“, berichtet Kudlow in einem Interview mit dem britischen Metal Hammer. „Das war etwas, was vor allem aus Großbritannien rüberkam. Wir gründeten uns ‘78 und ich glaube, dass wir den Metal in unser Land gebracht haben. Wir hatten Kassetten, die wir über unsere PA laufen ließen, um unserem Publikum andere coole Bands vorzustellen. Das war also eine wirklich neue Sache, doch für uns war es nur die Fortsetzung der Hardrock-Musik, die wir als Kids gehört hatten. Sie nannten es Heavy Metal und wir waren glücklich darüber, ein Teil davon zu sein.“ Im Januar 1982 nimmt das neue Genre längst auch in Nordamerika Fahrt auf — und Anvil starten mit der Produktion ihres zweiten Albums Metal On Metal.

Metal On Metal: Ein Schwermetall-Meilenstein für die Geschichtsbücher

Metal On Metal war viel eher ein Metal-Album als unser Debüt“, erklärt Kudlow im Interview. In der Tat lassen Anvil mit Hard ‘N‘ Heavy-Songs wie School Love, Bedroom Game und Bondage zwar bereits anklingen, dass sie eine härtere Gangart einlegen als viele ihrer Kolleg*innen. Doch nach dem namensgebenden Amboss klingen die Kanadier erst auf ihrer zweiten Platte. Mothra, March Of The Crabs, der Titeltrack, 666: Auf Metal On Metal zelebrieren Anvil titelgerecht das, was wir heute unter dem Namen Metal kennen und legen damit wichtige Grundsteine für die Entwicklung der harten Musik in Kanada und den USA. Das hat nicht nur Vorteile, wie Kudlow berichtet: „Wenn man seiner Zeit voraus ist, ist das ein echtes Problem. Selbst wenn man etwas extrem Einzigartiges und Innovatives hat und es an eine Plattenfirma schickt, bekommt man keinen Vertrag, weil sie es nicht verstehen.“ Für Anvil hat es mit Attic Records ja zum Glück trotzdem geklappt.

Mit Metal On Metal beeindrucken Anvil nicht nur ihr neues Label, sondern auch einen Musiker namens Lemmy Kilmister. Die ersten zwei Anvil-Platten gefallen dem Briten so gut, dass er Gitarrist Kudlow fragt, ob er nicht als Ersatz für „Fast“ Eddie Clark bei Motörhead einsteigen möchte. Kudlow lehnt dankend ab. Hinter dieser Entscheidung steht er bis heute, obwohl er es rückblickend zumindest gerne versucht hätte, wie er in einem Interview mit Music Feeds verrät: „Es hätte für Motörhead alles verändert und es hätte auch für Anvil alles verändert. Ob ich mir das gewünscht hätte oder es bedaure? Nein. Ich bedaure, dass ich nie die Gelegenheit hatte, es wenigstens zu versuchen. Aber darüber hinaus: Nein, das kann man nicht wirklich bedauern. Es hätte bedeutet, dass unser drittes Album Forged In Fire nie erschienen wäre. Stattdessen hätte ich auf Another Perfect Day gespielt und ich mag diese beiden Alben nicht missen.“

„Alles ist so gelaufen, wie es laufen sollte.“

Obwohl Anvil als wichtiger Einfluss auf so ziemlich alle großen Bands Metal gelten, spielen sie nie in der ersten Riege des Genres. Ärgerlich findet Kudlow das nicht, wie er in einem Gespräch mit Blabbermouth erklärt: „Wenn ich es sofort geschafft hätte, würden wir jetzt nicht hier sitzen. Ich würde nicht mit 64 Jahren hier sitzen und etwas mit meinem Leben anfangen. Ich verdiene Geld und bin verdammt nochmal nicht pleite. Ich bin nicht pleite, okay? Viele Musiker, die es geschafft haben, als sie 20 Jahre alt waren, haben mit 64 kein Geld mehr auf dem Konto. Sie sind total abgebrannt. Sie waren mal Rockstars. Sie haben alles verloren, was sie hatten, und können es nie wieder zurückbekommen. Nein, danke.“ Außerdem findet er: „Alles ist so gelaufen, wie es laufen sollte, und dafür bin ich dankbar. Ich bereue nichts und das ist, worum es geht.“

Ihren Pionierstatus werden Anvil ohnehin nicht verlieren. Das sieht Lemmy nicht anders. Als Kudlow den Rock’n’Roll-Meister im Jahr 1983 in einem Hotelzimmer in Birmingham fragt, ob er  sich eigentlich darüber im Klaren ist, welchen Einfluss er auf die Welt des Metal genommen hat, antwortet der Motörhead-Frontmann: „In zehn Jahren wird dir ein Kerl gegenübersitzen, der genau das Gleiche zu dir sagt.“ Wie so oft: Wahre Worte von Lemmy.

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