Popkultur
Zeitsprung: Am 22.5.1950 kommt Bernie Taupin, Texter von Elton John, zur Welt.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 22.5.1950.
von Matthias Breusch und Christof Leim
Die Worte, die Elton John in seinen Welthits singt, stammen von Bernie Taupin. Und keines der Lieder schrieben die beiden gemeinsam im gleichen Raum. Zum Geburtstag des Texters am 22. Mai blicken wir auf die gigantische Karriere zurück – und auf die unglaublichen Glückstreffer, die sie ermöglicht haben.
Hier könnt ihr Eltons und Bernies Hits hören:
Die kreativsten Songwriting-Duos der Pop-Geschichte sind schnell aufgezählt: John Lennon/Paul McCartney (Beatles) und Björn Ulvaeus/Benny Andersson (Abba) sind klassische Musiker-Gespanne, die viel und oft um ein Klavier gesessen haben, um an ihren Lieder zu feilen. Raketenmann Elton John und sein Texter Bernie Taupin fallen da aus dem Rahmen: Nicht ein einziger ihrer zahlreichen Welthits entstand, während sich die beiden im selben Raum aufgehalten haben.
Genau der richtige Zufall
Los geht die Geschichte mit der Geburt von Bernard John Taupin am 22. Mai 1950 in Sleaford, Lincolnshire in England. Ein fleißiger Schüler soll der Junge nicht gewesen, aber schon früh soll sich ein Händchen fürs Schreiben gezeigt haben. Er wächst auf einem abgelegenen Bauernhof auf und meldet sich 1967, mit 17 Jahren also, auf eine Kleinanzeige der Plattenfirma Liberty Records im New Musical Express. im großen London sucht man nach talentierten Sängern und Songwritern. Über die gleiche Meldung stolpert der drei Jahre ältere Pianist Reginald Dwight.
Bernie Taupin 1977 – Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images
Dwight schiebt von diversen Showband-Jobs „mit einer mittelmäßigen Band“ ordentlich Frust und erklärt später: „Ich war drauf und dran, alles hinzuschmeißen und mir einen Job in einem Plattenladen zu besorgen.“ Als er eines Tages im Büro von eben jenen Liberty Records vorspricht, räumt er ein, keinerlei Händchen für Texte mitzubringen: „Ich bin ein hoffnungsloser Fall …“ Liberty-Scout Ray Davies greift daraufhin hinter sich und zieht aus einem riesigen Stapel von Umschlägen blind den erstbesten heraus: Die Bewerbung von Bernie Taupin. Ein unfassbarer Glückstreffer. Reginald liest Bernies poetische Entwürfe auf dem Weg nach Hause in der U-Bahn und zeigt sich angetan: „Es war pures Schicksal“, betont er seither immer wieder. „Es hätte irgendjemand sein können, und mein Leben hätte sich vollkommen anders entwickelt.“
Nie zusammen
Auch Bernie, ein großer Verehrer von Bob Dylans Sprachkraft, weiß sein Glück im Nachhinein kaum zu fassen. In den beiden Jahren seit seinem Schulabschluss ist er, abgesehen von einem abgebrochenen Praktikum in einer Zeitungsredaktion und allerlei tristen Gelegenheitsjobs, kreuz und quer über die britische Insel getrampt, hat die örtlichen Brauerzeugnisse einer strengen Prüfung unterzogen und seine Spieltechnik am Snooker-Tisch perfektioniert. „Ich hatte keine Ahnung von Songwriting und habe aus purer Verzweiflung einen Haufen psychedelischer Gedichte eingereicht, die man von Rechts wegen in den Müll hätte werfen sollen. Ich weiß nicht, was Ray Davies in ihnen gesehen hat …“
Die erste Zeit ist nicht einfach, schweißt die beiden Einzelgänger aber als unzertrennliche Freunde fürs Leben zusammen. Bernie erzählt der BBC 2018 in einem Radiointerview: „Wir hatten musikalisch dieselbe Wellenlänge und waren wie Brüder. Elton hat sich als Einziger nie darüber lustig gemacht, dass ich in der großen Stadt wie ein naives Landei gewirkt habe.“ Zu Beginn teilen sie sich ein Zimmer in Eltons Elternhaus und arbeiten unablässig an Songs. Bernie schreibt im Kinderzimmer, Elton lässt sich dazu am Klavier in der Wohnstube Musik einfallen. Eine streng getrennte Arbeitsweise, die für Jahrzehnte gleich bleiben wird.
Unter eigener Flagge
Schnell stehen sie auf der Lohnliste von Dick James, dem Musikverleger der Beatles. Bernie kriegt zehn, Elton 15 Pfund pro Woche. Aber ihr Ansatz, sich als Songwriter für Stars wie Tom Jones oder Engelbert Humperdinck zu etablieren, trägt keine Früchte, ebenso wenig ihre Komposition für die Vorausscheidung des ESC 1969: I Can’t Go On Living Without You, vorgetragen von der schottischen Sängerin Lulu, fällt beim Mainstream-Publikum durch.
Erst Eltons unbändiger Drang, sich kompromisslos unter eigener Flagge zu verwirklichen, bringt 1970 den Durchbruch – über den Umweg Kalifornien. Im „Troubadour“, auf der Bühne des legendären Singer/Songwriter-Clubs von Hollywoods Sunset Strip, geht Elton Johns Stern auf. Amerika scheint nur ihn gewartet zu haben.
An die Spitze
Der erste Nummer-eins-Hit Your Song, produziert von David Bowies Studioteam von Space Oddity, erledigt den Rest. Reg Dwight da schon Geschichte, der Künstler Elton John katapultiert sich förmlich in die Charts und wird dank seiner spektakulären Shows mal als der Poperbe von Klaviertier Jerry Lee Lewis gefeiert, mal als „Jimi Hendrix des Pianos“.
Bernie und Elton bleiben auch weiter in jeder Lebenslage gemeinsam unterwegs. „Innerhalb von vier Jahren aus dem Nichts an die Spitze mit sechs Millionen verkauften Alben – bis man aufgehört hat zu zählen“, wie eine amerikanische TV-Station Mitte der Siebziger staunt.
Das wilde Leben – als Zuschauer
Bernie bildet während des rasanten Aufstiegs den stabilisierende Faktor in Eltons Leben zwischen ausverkauften Stadien, durchgeknallten Partys und Reisen im eigenen Flieger, einer zur Luxusbude umgebauten Boeing 707 namens Starship One: „Ich hab mich allerdings manchmal wie ein Groupie gefühlt, denn ich stand ja nie mit auf der Bühne“, sagt Taupin rückblickend.
Bernie Taupin weiß, dass er in der Musikwelt eine Sonderrolle genießt: „Kein anderer Songwriter meiner Art hat jemals so viel Anerkennung erfahren.“ Ein Teil seines Rezepts für Konzeptwerke mit gewitzten Titeln wie Don’t Shoot Me I’m Only The Piano Player sieht so aus: „Wir machen Alben, und danach höre ich mir sie nie mehr an. Es sei denn, ich werde in irgendeinem Aufzug damit beschallt, was ziemlich häufig passiert.“ Seine Erfolgsformel fällt letztlich einfach aus: „Ich verarbeite keine persönlichen Emotionen, sondern schreibe Geschichten nach der Art von Vorlagen für Filme. Das lag mir immer näher, als mein Innerstes nach außen zu kehren.“
Meistens was anderes
Taupins alleiniger Lebensinhalt ist das Ganze allerdings nicht, obwohl er zwischenzeitlich auch schon mal mit anderen Partnern – darunter Alice Cooper – zusammengearbeitet hat. Mit vier Alben trat der Wahlamerikaner mittlerweile als Sänger in Erscheinung. Seit 2010 beschäftigt er sich zudem in seinem Atelier als Maler und Bastler mit der Umgestaltung amerikanischer Flaggen: „95 Prozent meiner Zeit bin ich mit meiner Kunst beschäftigt. Erst wenn Elton anruft, setze ich mich hin und schreibe für ihn. Rund ums Jahr würde mich das als tägliche Beschäftigung wahnsinnig machen.“
Zeitsprung: Am 21.4.1970 beginnt Elton John seine erste Welttournee.

Popkultur
Zeitsprung: Am 7.6.1993 ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol.
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 7.6.1993.
von Christof Leim
An seinem 35. Geburtstag ändert Prince seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol. Damit will er gegen seine Plattenfirma protestieren, von der er sich künstlerisch eingeschränkt fühlt. Der Rest der Welt wundert sich…
Hört hier in die besten Prince-Songs rein:
Seinen ersten Plattenvertrag unterschreibt Prince Rogers Nelson 1977. Darin einigt sich der 18-Jährige mit Warner Bros. Records darauf, die völlige kreative Freiheit zu behalten und sämtliche Alben selbst zu produzieren. Das funktioniert für alle Beteiligten gut, macht Prince zum Star und bringt Warner Millionenseller wie Purple Rain (1984) und Sign O’ The Times (1987). Deshalb stört es auch niemanden, wenn der Mann zwischendurch zum Beispiel ein fertiges Album in die Tonne kloppt und schnell mal eben ein neues aufnimmt (siehe Lovesexy, 1988). 1992 wird der Deal sogar verlängert.
Grundlegende Meinungsverschiedenheit
Dem unglaublich produktiven Künstler liegt Anfang der Neunziger viel daran, seine unzähligen unveröffentlichten Songs – angeblich über 500 – so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen. Verständlich, denn dafür hat er das Zeug ja geschrieben. Die Plattenfirma lehnt das jedoch ab, denn sie legt (nicht weniger verständlich) Wert darauf, nur das beste Material in die Läden zu stellen und vor allem den Markt nicht zu überschwemmen. Prince macht keinen Hehl daraus, dass ihm das so gar nicht gefällt und malt sich für öffentliche Auftritte das Wort „Slave“ (dt.: Sklave) ins Gesicht. Nur nützt ihm das nichts, denn Warner Bros. besitzen die Rechte an Princes Künstlernamen und kreativem Output, wie es für Plattenverträge völlig üblich ist. Kurz gesagt: Warner wollen nicht einfach Hunderte an Liedern raushauen, Prince will nicht nur eine Marke sein, mit der die Firma Geld verdient.
Also lässt sich unser Mann etwas einfallen: Er verkündet am 7. Juni 1993, seinem 35. Geburtstag, dass er von nun an nicht mehr den Namen Prince nutze, sondern ein Symbol, das aussieht wie ein Mashup aus den astrologischen Zeichen für Mann und Frau. „Es ist ein unaussprechliches Symbol, dessen Bedeutung nicht erklärt wurde“, heißt es in einer kryptischen Erklärung des Künstlers. „Es geht darum, in neuen Wegen zu denken.“ Prince lässt sich das Ding als „Love Symbol #2“ schützen, packt es auf das Cover seines 1992er-Albums und nutzt es fortan als Bezeichnung für sich selbst.
Ändert aber nix…
Das ist natürlich alles ein bisschen unpraktisch. Zum einen kann man das „Symbol“ nicht schreiben, weshalb Warner Floppy Disks mit einer Grafikdatei an die Medien verschickt. Außerdem weiß niemand, wie man dass denn nun jetzt aussprechen soll. MTV lösen das Problem angeblich, indem sie in ihren Sendungen immer ein metallisches „Klonk!“ einspielen, wenn das „Symbol“ genannt werden müsste. Doch es hilft alles nichts, ein Name muss her. Irgendwann einigt man sich auf „The Artist formerly known as Prince“ oder „TAFKAP“. Das ist offensichtlich ziemlich bescheuert, und für die Fans bleibt ihr Held ohnehin Prince. Vor allem aber: Der Vertrag mit Warner gilt natürlich trotzdem weiter, und juristisch, also „in echt“, heißt der Mann weiterhin Prince Rogers Nelson. Und beides weiß er auch.
Added to my collection: 3.5″ floppy given to press when Prince changed his name. Contains a font w/ one symbol in it. pic.twitter.com/mNL0eOHDGI
— Anil Dash (@anildash) 23. Juni 2014
Viele in der Musikindustrie halten die Aktion für verrückt, die Fans wundern sich, aber immerhin bringt „TAFKAP“ seinen Standpunkt deutlich zum Ausdruck. Die folgenden Alben und Singles gelten allerdings nicht als Höhepunkte seines Schaffens, die Verkaufszahlen gehen deutlich zurück.
Erst im Jahr 2000, als der Vertrag mit Warner ausläuft, nutzt Prince wieder seinen alten Namen. Statt sich erneut an eine Firma zu binden und die herkömmlichen Wege für Vertrieb und Vermarktung zu wählen, agiert er als sein eigener Herr, setzt auf das Internet und baut eigene Strukturen auf. In einem Interview mit Larry King erklärt sich Prince beziehungsweise „TAFKAP“ beziehungsweise „Klonk!“.
2014 jedoch setzt sich der Künstler wieder mit Warner an einen Tisch, weil sein Erfolgsalbum Purple Rain zum 30. Jubiläum neu aufgelegt wird. Das Einlenken lohnt sich, denn Prince gewinnt die Rechte an all seinen alten Platten zurück. Leider stirbt der Ausnahmemusiker am 21. April 2016 mit nur 57 Jahren.
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Zeitsprung: Am 10.5.1988 veröffentlicht Prince das kurzfristig aufgenommene „Lovesexy“.
Popkultur
Von Woodstock bis zum Fyre Festival: Die größten, besten und schlimmsten Festivals aller Zeiten
Die Sonne knallt, die ersten Mega-Festivals sind schon über die Bühne gegangen. Zum Start der Freiluftsaison stellen wir Open-Air-Festivals vor, die in die Geschichtsbücher eingegangen sind – positiv wie negativ.
von Björn Springorum
Sommer, Sonne, Bier in der Hand und eine Band unter freiem Himmel sehen: Seit über 50 Jahren sind Musikgfestivals ein integraler Bestandteil des Sommers und ein Übergangsritus für unzählige Generationen. Manche Festivals sind bis heute unvergessen, manche würde man lieber sofort wieder vergessen – Bühne frei für unsere Top 10 der denkwürdigsten Festivals aller Zeiten.
Der Pionier: Monterey Pop Festival (1967)
Bei der Mutter aller Festivals denken alle immer gleich an Woodstock, und das aufgrund der Symbolkraft auch nicht zu Unrecht. Der eigentliche Pionier der Gegenkulturfestivals findet aber im Juni 1967 statt – also rund zwei Jahre vor Woodstock. In Nordkalifornien wird Musikgeschichte geschrieben, als Jimi Hendrix sein US-Debüt gibt (nur echt mit brennender Gitarre), als The mamas And The Papas, Eric Burdon And The Animals, The Who, The Byrds oder Big Brother And The Holding Company das Zeitalter von Aquarius herufbeschwören. Sogar der offizielle Werbesong San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair) von Scott McKenzie wird zur Legende.
Der Mythos: Woodstock (1969)
Vieles ging schief bei Woodstock. Die Organisatoren waren nicht auf die Massen vorbereitet, statt der geschätzten 50.000 kamen 400.000 überwiegend junge Menschen. Es regnete, alles versank im Schlamm, der Zaum ums Gelände wurde nicht rechtzeitig fertig, die PA war schwach und das Essen ging aus. Alles egal: Woodstock ist dennoch die Urmutter aller Festivals, der Aufschrei des jungen Amerikas gegen den Vietnamkrieg. Fast schon nebensächlich, wer da auf der Bühne spielte (unter anderem Jimi Hendrix, Santana, Jefferson Airplane, The Who, Sly & The Family Stone, Crosby, Stills, Nash & Young, Mountain, The Grateful Dead, Creedence Clearwater Revival und Janis Joplin). Als Jimi Hendrix die Nationalhymne verzerrt besessen spielte, waren nur noch 40.000 Menschen da. Der Hippietraum war bald darauf vorbei, auch Woodstock konnte ihn nicht retten. Der Mythos, der wird aber für immer derselbe bleiben.
Der Riese: Isle Of Wight Festival (1970)
Ein Jahr nach Woodstock ist der Vietnamkrieg immer noch nicht zu Ende. Also kommen auf der Isle Of Wight bei bestem englischen Sommerwetter (nasskalt, windig, grau) 600.000 Besucher zusammen – die bis dato größte Menschenansammlung in Europa. Jimi Hendrix und Joan Baez verbreiten auch in Europa ihre Botschaft des Friedens, außerdem spielen Miles Davis, The Doors, The Who, Lighthouse, Ten Years After, Emerson, Lake & Palmer, Joni Mitchell, The Moody Blues, Leonard Cohen oder Jethro Tull. Ausgerechnet nach dem Event 1970 ist erst mal Schluss mit dem Isle of Wight Festival – bis 2002.
Der Anarchist: Love-And-Peace-Festival
Die Ostseeinsel Fehmarn geht im September 1970 in die Geschichtsbücher ein: Hier spielt Jimi Hendrix sein letztes Konzert vor seinem Tod am 18. September. Der Auftritt ist allerdings lustlos, unmotiviert, überhaupt läuft auf dem Festival nichts wirklich rund: Das Wetter ist schlecht, die Organisation mangelhaft, zudem zwingen 180 Rocker der Bloody Devils die Veranstalter dazu, als Security eingesetzt zu werden. Ganz miese Idee. Procol Harum und Ten Years After sagten ab, die Besucher bauten sich aus den Türen der Latrinen Windschutz. Am Ende spielen Ton Steine Scherben (damals noch als Rote Steine). Während sich die veranstalter mit der Tageskasse aus dem Staub machten, spielte die Band Macht kaputt, was euch kaputt macht – und die Besucher nahmen das sehr ernst. Man kann also sagen, dass das desaströse Festival nicht gerade seinem Namen gerecht wurde.
Der Millionenflop: US Festival (1983)
Schon das erste US Festival 1982 von Apple-Gründer Steve Wozniak wird trotz Fleetwood Mac, The Grateful Dead, The Police oder Tom Petty zum Mega-Flop, der den Veranstalter zwölf Millionen US-Dollar kostet. Hält Wozniak nicht ab, es im nächsten Jahr gleich noch mal zu versuchen. Diesmal kamen Stevie Nicks, David Bowie oder Van Halen (die allein 1,5 Millionen US-Dollar kosteten), doch selbst die 670.000 Besucher können einen weiteren katastrophalen Flop nicht verhindern. Am Ende bricht Chaos aus, es wird randaliert, zwei Menschen sterben. Zu einer dritten Auflage kommt es nicht.
Der Hipster: Coachella (1999)
Die erste Ausgabe von Coachella ist 1999 ein massiver Flop: Die Veranstalter hofften auf 70.000 Besucher, bekamen gerade mal die Hälfte und verloren eine knappe Million US-Dollar. Am Line-Up mit unter anderem Beck, Tool, Rage Against The Machine, The Chemical Brothers und Morrissey kann es zumindest nicht gelegen haben, so oder so sah alles danach aus, dass das erste Coachella gleich auch das letzte Coachella bleiben würde. Nach zwei Jahren Pause war Coachella wieder da – und wurde dann sehr schnell das beliebteste Festival der USA. Nur Rage Against The Machine treten hier mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr auf.
Der Gewalttätige: Woodstock 1999 (1999)
30 Jahre nach Woodstock wird das zweite Sequel des Hippe-Jahrhundertereignisses zur Katastrophe: Über 200.000 Leute kommen in den Bundesstaat New York, doch statt love, peace and music wird das Festival zum Kriegsgebiet: Essen und Getränke sind extrem teuer, die sanitären Anlagen in schlechtem Zustand, es kommt zu zahlreichen Vergewaltigen, sexueller Nötigung, Diebstahl, Plündereien, Brandstiftung und brutaler Gewalt. Der Name Woodstock wurde 1999 für immer beschmutzt
Der Kriminelle: Fyre Festival (2017)
Auch dank der Netflix-Doku ging das Fyre Festival als größter Betrug in die Festivalgeschichte ein. Gepusht von Influencern als paradiesisches Glamour-Event auf den Bahamas, fanden die Festivalbesucher Notzelte und verpackte Sandwiches statt Strandvillen und Gourmetküche vor. Das Festival wurde angesagt, Veranstalter Billy McFarland musste für sechs Jahre ins Gefängnis und wurde zu 26 Millionen US-Dollar Schadenersatz verklagt. Im April 2023 verkündete er dann tatsächlich, dass es Fyre Festival II geben soll. Das kann ja was werden.
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Zeitsprung: Am 28.5.1983 bringt das 2. US Festival tolle Bands und verheerende Kosten.
Popkultur
45 Jahre „The Cars“: Wie eine Bostoner Band die Zukunft der Rockmusik erfand
Das selbstbetitelte The-Cars-Debüt klingt ein bisschen so wie David Bowie und Queen auf einem Roadtrip durch die USA. Auch 45 Jahre nach der Veröffentlichung hat das visionäre The Cars nichts von seinem melodischen Zauber verloren.
von Björn Springorum
Die späten Siebziger sind für die klassische Rockmusik keine einfache Zeit. Links wird sie von räudigem, schnoddrigen Punk überholt, rechts scheren schon die Synthesizer aus, um Wave und Synth-Pop in Position zu bringen. Mittendrin: The Cars aus Boston, die mit ihrem wegweisenden Debüt The Cars den Verlauf der Musik ändern sollen.
Aller Anfang ist schwer
Die Bandgründer Ric Ocasek und Benjamin Orr sind damals alles andere als Greenhorns. Beide über 30, beide schon in diversen Bands in Ohio oder Michigan gewesen. Auf die synthetische Zukunft der Rockmusik haben sie aber erst mal keinen Bock: Sie spielen in der Folk-Band Milkwood, die nach Crosby, Stills And Nash duftet und 1972das Album How’s The Weather hervorbringt. Die Musikwelt interessiert sich damals dafür nicht – und das eigentlich zu Unrecht, wie man hier hören kann:
Mit Folk wird es anscheinend nichts, also versuchen sie es erst mit der Band Richard And The Rabbits und dann mit dem Akustikduo Ocasek And Orr. Man kann also auch sagen, dass sie einfach so lang alle Genres abgrasen, bis mal irgendwas auf offene Ohren stößt. Nächste Station: Cap’n Swing, ebenfalls eine weitgehend vergessene Band, in der aber immerhin auch der spätere The-Cars-Gitarrist Elliot Easton spielt. Irgendwann hat Ocasek genug vom ganzen Misserfolg und den ganzen vergeblichen Anstrengungen. Kostet ja auch Zeit und Kraft. Also holt er sich den Keyboarder Greg Hawkes in die Band und entwickelt ein neues Konzept.
Mit Rockabilly und Punk in die Zukunft
Unter den Namen The Cars gründet sich 1976 eine Band, die aus dem Rockabilly der Fünfziger, dem Minimalismus des Punk und den ungeahnten Möglichkeiten der neuen Synthesizer einen neuen Sound macht. The Cars klingen in ihren frühen Tagen stark nach David Bowie oder Queen, aber eben hinter dem Steuer eines US-amerikanischen Cabrios auf einem Roadtrip durch die Harmonien des Great American Songbook. Hier entsteht Musik, die so klingt wie die Vergangenheit und die Zukunft der Rockmusik.-
Und irgendwie funktioniert alles plötzlich ganz schnell. Am Silvesterabend 1976 spielen sie ihre erste Show auf einer Air Force Base, bei einer ausgedehnten Frühjahrstour 1977 durch New England entwickeln sie im Pink-Floyd-Stil die Songs ihres Debüts. Und die erzeugen schnell einen ordentlichen Buzz um diese neue Band: Ein Demotape wird von Bostoner Radiosendern praktisch im Loop gespielt, schnell ist auch das Interesse großer Plattenfirmen da. Hier war etwas Neues im Busch, da will niemand zu spät auf den Zug aufspringen. Aus Businesssicht sind The Cars damals schon recht clever: Sie entscheiden sich für einen Deal mit Elektra Records (damals auch die Heimat der übermächtigen Eagles), weil das Label im Vergleich zum Mitbewerber Arista Records keine New-Wave-Acts unter Vertrag hat. Man würde, so schlussfolgert die Band, folglich mehr herausstechen.
Aufgenommen wird in London
Und der Plan geht so was von auf: Nach den Aufnahmen in London mit Queen-Hitmaker Roy Thomas Baker erscheint am 6. Juni 1978 The Cars und kann bis auf Rang 18 der erbittert umkämpften US-Charts klettern. Alle Singles charten ebenfalls, aus Radios im ganzen Land dröhnen sehr bald Good Times Roll oder Just What I Needed. Aber warum eigentlich? Warum verkauft sich The Cars über sechs Millionen Mal und bekommt sechsfach Platin? Weil die Rockmusik im Wandel ist. Und The Cars als einer der Zukunftsboten auf den Plan treten.
Das Album erscheint in einer Übergangsphase, in einer Zäsur. Zwar haben AC/DC gerade erst Powerage veröffentlicht, aber zur selben Zeit kommen eben auch Kraftwerk mit ihrem Maschinenmanifest Die Mensch-Maschine und die Rolling Stones mit dem wavigen Some Girls um die Ecke. Es passiert was in der Rockmusik, das klassische Line-Up aus Gitarre, Bass, Drums wird zunehmend weniger nachgefragt. Da passen The Cars mit ihrem eklektischen Sound perfekt.
Jeder Song sitzt
Die Harmonien des Pop, die Melodien des Radio-Rock, die Extravaganz des New Wave und der Simplizismus des Punk erschaffen einen originellen, frischen, eingängigen Sound, der der Band endlich die erhoffte Aufmerksamkeit bringt. Auch nicht unwichtig: Die Songs sind allesamt grandios geschrieben und arrangiert. Und funktionieren bis heute. „Wir scherzten früher, dass wir unser erstes Album eigentlich The Cars Greatest Hits nennen sollen, so meinte Gitarrist Elliot Easton mal.
Das Spannende ist aber auch, wie brückenbauend The Cars damals sind: Die übliche Kluft zwischen Rockern und Poppern wird von ihnen mühelos überbrückt. Für Rocker ist The Cars gerade noch hart und gitarrenlastig genug, für New-Waver sind die Songs in Sachen rockiger Härte gerade noch erträglich.
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