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Popkultur

Brexit: Was bedeutet der EU-Ausstieg für die Musik?

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Foto: Dan Kitwood/Getty Images

Vor etwas mehr als einem Monat vollzog das Vereinigte Königreich nach langer Diskussion den EU-Austritt; nun verhandeln die Führungsspitze der Insulaner und die Europäische Union über zukünftige (Handels-)Beziehungen. Für den Musikmarkt in UK und Fans britischer Klangexporte wirft das allerhand Fragen auf. Was bedeutet der Brexit denn nun für die Musik?

von Victoria Schaffrath

Mal eben via Eurotunnel zum Jubiläumskonzert nach Wembley oder den Londoner Geheimtipp in der Kneipe um die Ecke sehen? Aufgrund des Brexits scheint die Zukunft dieser Szenarien unsicher. Britische Expert*innen warnen vor drastischen Konsequenzen für die Musikszene, aber auch Fans dürften Veränderungen zu spüren bekommen. Wir haben den aktuellen Stand der Dinge zusammengefasst.

Brexit: Konsequenzen für Musiker*innen

Da das Vereinigte Königreich nicht zum Schengen-Raum gehört, müssen Reisende in Zukunft wohl Visa beantragen. Etablierte Künstler*innen aus UK können sich da auf ihre Agenturen verlassen, die den Papierkram für die Einreise in EU-Staaten sowie die Anmeldung von Equipment zu erledigen wissen. Zubehör wie Gitarren und Verstärker müssen in Zukunft nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit als Import oder Export deklariert werden, was den Verwaltungsaufwand in die Höhe treibt.

Aus diesem Grund könnten EU-Touren für kleinere Bands aus Großbritannien Zukunftsmusik bleiben: Die Kosten für eventuelle Visa und zusätzliche Reisezeit aufgrund von längeren Kontrollen machen aus der Option, auch für einzelne oder spontane Termine den Ärmelkanal zu überqueren, einen Wunschtraum. Die dortige Musikergewerkschaft prognostiziert „verheerende“ Zustände. Einzige Hoffnung: eine Art Spezialpass für Musiktreibende, der sich derzeit jedoch noch im Petitions-Stadium befindet.

Selbst-auferlegte Quarantäne

Auch andersherum sieht es düster aus: Will eine junge Band etwa aus Deutschland nach England einreisen, um Konzerte zu spielen, drohen ab Januar 2021 enorme Kosten und bürokratische Hürden. Das Britische Innenministerium bestätigte kürzlich, dass für ein entsprechendes Visum inklusive Arbeitserlaubnis eine Gebühr von mehr als 200 £ anfallen wird. Um dieses überhaupt beantragen zu können, müssen die Betreiber*innen der meist eher brotlosen Kunst stolze 1.000 £ an Erspartem auf ihrem Konto vorweisen.

 

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Brexit: Konsequenzen für Musikfans

Doch nicht nur semiprofessionelle Rockstars dürften unter der neuen Regelung leiden. Auch in unseren Plattensammlungen macht der Brexit Halt, denn bei Merch und Musik aus Großbritannien fallen in nicht allzu ferner Zukunft Zölle an. Diese Kosten müssen Shops auf Verbraucher*innen umlegen; bestellt man selbst Waren von der Insel, kann man zudem mit einer längeren Versanddauer aufgrund von Zollprüfungen rechnen. Wer jetzt befürchtet, dass diese Kosten auch bei digitalen Downloads zutreffen, liegt leider richtig.

Noch einmal komplexer kommt dann auch die eigene Reiseplanung zu Konzerten oder Festivals auf der Insel daher. Ein Touristenvisum ist zwar noch nicht beschlossene Sache, jedoch bedeutet der Brexit eben, dass wir selbst bei einer Reise nach Großbritannien Europa verlassen. Einerseits entstehen dadurch möglicherweise unerwartete Kosten wie Roaming-Gebühren beim Mobilfunkanbieter. Andererseits verlieren Zusatzversicherungen (wie die für einen Rücktransport im Krankenfall) gegebenenfalls ihre Gültigkeit, sofern sie sich nur auf das europäische Ausland beziehen.

Fazit: „Anarchy in the UK“

Allgemein gibt es also allerlei Unsicherheit, die wohl leider noch eine Weile bestehen bleiben wird. Variablen wie Künstlerpässe und neue Einreise- und Handels-Abkommen geben uns zumindest Hoffnung, dass wir auch in Zukunft genug Musik aus Großbritannien bekommen. Deren Inhalte dürften dank der unsteten politischen Lage jedenfalls interessant ausfallen.

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