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Popkultur

Brian Epstein: Der Mann hinter den Beatles

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Foto: Brian Epstein (Brian Epstein) [CC0], via Wikimedia Commons

Den Vertrag, der Brian Epstein zu einem der wichtigsten, einflussreichsten, bekanntesten und ja, auch reichsten Künstlermanager der Popmusikgeschichte machte, hat er angeblich nie unterzeichnet. Und dabei war Epstein ein recht illustrer Geschäftsmann!


 

Seine Eltern besaßen im beschaulichen Arbeiterstädtchen Liverpool eine Reihe an Möbel- und Plattengeschäften (also ehrlich, manchmal gibt es doch recht sonderbare Kombinationen) und der junge Brian zeigte schon früh ein einschlägiges Talent, die Ware an den Mann zu bringen. Dass er mal künstlerisch einen nicht ganz unwesentlichen Erfolg haben würde, zeichnete sich damals – sagen wir es mal so – noch nicht ganz so deutlich ab. Aus der London Royal Academy of Dramatic Art ist er nämlich hochkantig wieder rausgeflogen. Und mit ihm sein Traum vom Schauspielern. Also wieder zurück nach Liverpool, Platten verkaufen. Komisch nur, dass immer wieder Leute nach der Single My Bonnie fragten. Den Song von diesen Beatles, den sie in einer Deutschen Hafenstadt aufgenommen haben. Hamburg, oder so ähnlich. Außerdem tauchten diese Beatles auch immer wieder im Mersey Beat auf. Dem Magazin, in dem Epstein selbst die Werbeanzeigen für seinen Plattenladen schaltete. Gut, auch wenn der liebe Brian mit seinem gepflegten Äußeren, seinen ordentlich gelegten Haaren und eleganter Kleidung eher der Klassik-Typ war, konnte ein Besuch im Liverpooler Cavern Club nicht schaden. Ein Konzertbesuch, so schicksalhaft wie kaum ein anderer!


Cavern_Club

Foto: George M. Groutas


Später wird Brian Epstein sagen, die Beatles seien seine „Berufung, Mission und Religion“ gewesen. Eine Aussage mit viel persönlicher Tiefe, wie sich später noch zeigen wird.

Aber zurück zu dem einen Novemberabend im Jahre 1961. Die Beat-Musik Klänge hallten ziemlich rau in seinen Ohren und auch die Lederjacken und die langen Haare der Jungs da auf der Bühne… das wirkte doch alles etwas suspekt. Aber da war mehr. Da war dieses Gefühl, diese Ausstrahlung, die unseren Platten- und Möbelverkäufer einfach nicht loslassen wollten. Sein Kommentar „absolutely awful but incredible“ bringt wohl ganz gut auf den Punkt, was Brian damals im Cavern Club durch den Kopf gegangen sein muss. Und obwohl er, im Grunde gesagt, keinen blassen Schimmer von der Musik- oder Veranstaltungsbranche hatte, überzeugte er John, Paul und George (Ringo stieß kurz darauf dazu) sich von ihm managen zu lassen. Kann man ja mal machen. Zunächst war das Ganze übrigens als Nebenjob gedacht, halbtags eben. Ist ja keine große Sache.



Aber gut, dass dieser Nebenjob dem Land Großbritannien zwischenzeitlich mehr Devisen einbringen sollte, als die hiesige Autoindustrie, konnte damals ja noch niemand wissen. Schließlich krebsten gut 300 Beat-Bands durch die Stadt und natürlich waren auch alle fest davon überzeugt, in der nächsten Zeit ihre Namen in schillernden Buchstaben über den Toren der großen Konzerthallen zu sehen. Dass der britische Norden jetzt nicht grade als die Hochburg der Musikindustrie galt um vom feschen London auch eher mit der Form eines höflichen Lächelns betrachtet wurde, mit dem man sonst nur seinen sechsjährigen Neffen lobt, der grade mit seiner neu erlernten Geige eine absolute Gänsehaut-Performance unterm Tannenbaum vorgelegt hat, war der Sache auch nicht grade förderlich.

In anderen Worten: Trotz des Talents der Beatles brauchte es schlicht und einfach Brian Epstein, damit sie zu den Beatles werden konnten, die wir heute kennen. Die Beatles, die mit ihrem Look und Auftreten die Mädels dieser Welt reihenweise in Ekstase versetzten. Auf die Idee mit den Pilzfrisuren sind die vier nämlich nicht selbst gekommen. Wer würde das schon? Brian würde es. Und er hatte noch mehr Ideen. Er verstand es, aus vier Musikern eine tatsächliche Band zu machen, die sich vermarkten ließ.


Foto von NBC Television (eBay front back) [Public domain], via Wikimedia Commons

Foto von NBC Television (eBay front back) [Public domain], via Wikimedia Commons


Nach dem Gang zum örtlichen Friseur ging es zum Schneider des Vertrauens, damit den vier Jungs das nächste Markenzeichen auf den Leib genäht werden konnte: Ordentliche Mod-Anzüge! Herrlich! Zu guter Letzt gab’s noch den Knigge für die Bühne: Kein Fluchen, keinen Alkohol, keine Zigaretten und am Ende der Show eine höfliche Verbeugung. Brian hat sich nie in die Musik der Beatles eingemischt. Er wusste, dass „seine Künstler“, wie er sie nannte, das am besten selber konnten. Aber ohne seine Style-Beratung wäre diese Musik nie ins Britische Fernsehen, geschweige denn unter einen Plattenvertrag gekommen. The rest, as they say, is history.

Aber zu Brian Epstein gehörte mehr als sein geschicktes Händchen, aus vier Leather’n’Jeans Typen eine adrette Band zu machen, die mal eben die Titelseiten der weltweiten Fashion-Magazine kapert.


Foto von Koch, Eric / Anefo [CC BY-SA 3.0 nl (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/nl/deed.en)], via Wikimedia Commons

Foto von Koch, Eric / Anefo via Wikimedia Commons


Brian Epstein war homosexuell und tablettenabhängig. Beides Eigenschaften, die im Großbritannien der frühen 60er nicht besonders legal waren. Sein Privatleben musste er also  in einem gleißenden, nervenzerreibenden Rampenlicht verstecken und versank in der Kluft zwischen strahlendem beruflichen Erfolg und einer vertuschten Wahrheit. In Depressionen, Tabletten- und Alkoholrausch. Etwas, das ihn im jungen Alter von 32 Jahren das Leben kosten wird.

Vielleicht der Grund, warum er seine Zeit, wie er selbst sagte, am liebsten mit seinen Künstlern verbrachte. Und nicht bei sich selbst. Er war der fünfte Beatle, der kaum in Erscheinung trat. Unauffällig elegant auftretend, höflich und offenbar ein miserabler Verhandlungspartner, der nicht hart genug mit der Musikindustrie umging. Brian Epstein ist nicht das Vorbild der heutigen Künstlermanager-Riege, keine typische Erscheinung dieses Berufs. Aber wäre er das gewesen, dann würde heute vielleicht auch niemand von gelben U-Booten singen und die Autos auf der Abbey Road müssten nicht dauernd an diesem einen verdammten Zebrastreifen anhalten. Immer diese Touris mit ihren seltsamen Foto-Ideen!

„I like to create myths“ sagte Brian Epstein einmal. Keine Frage, das hat er geschafft. In den fünf wohl ereignisreichsten Jahren der Popgeschichte, in denen er John, Paul, George und Ringo managte, hat er die Band und sich selbst zum Mythos gemacht. Der elegante Mann hinter den Beatles.


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