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Popkultur

Zeitsprung: Am 12.3.1955 stirbt Jazz-Legende Charlie Parker.

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Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 12.3.1955.

von Timon Menge und Christof Leim

Man kennt ihn als „Yardbird“, als „Bird“ und vor allem als einen der wichtigsten Jazzer aller Zeiten. Mit dem Saxofon im Anschlag revolutioniert er das Solospiel und beteiligt sich maßgeblich an der Entwicklung eines ganzen Genres, dem Bebop. Am 12. März 1955 stirbt der legendäre Charlie Parker im Alter von nur 34 Jahren. Werfen wir einen Blick auf seine Geschichte.

Hier könnt ihr euch die Musik von Charlie Parker anhören:

Los geht es in der Freeman Avenue in Kansas City im US-Bundesstaat Kansas, denn dort kommt Charlie Parker Jr. am 29. August 1920 zur Welt. Später siedelt seine Familie in das andere Kansas City in Missouri um, wo Parker aufwächst. Bereits mit elf Jahren beginnt er, auf dem Saxofon zu üben, mit 14 tritt er der High-School-Band bei, und mit 15 verlässt er die Schule, um den Grundstein für seine Karriere als Musiker zu legen. Als einer seiner Ziehväter gilt der Posaunist Robert Simpson, der Parker die Grundlagen der Improvisation beibringt.

Arbeitswut und Drogensucht

Zeitweise probt Parker bis zu 15 Stunden am Tag, später macht er die Jazz-Lokale um seine Heimatstadt unsicher. Zu einem Eklat kommt es im Frühling 1936 im Reno Club: Als Parker zur Improvisation ansetzt, verliert er den Faden und weiß nicht mehr, was er spielen soll. Das regt Schlagzeuger Jo Jones so sehr auf, dass er ein Becken nach Parker schmeißt, um ihm zu verdeutlichen, dass er die Bühne verlassen soll. Manch ein Künstler hätte seine Karriere an dieser Stelle beendet. Doch Parker arbeitet noch härter.

Im Sommer desselben Jahres heiratet er seine Partnerin Rebecca Ruffin, im Herbst schleicht sich aber auch eins seiner dicksten Probleme in sein Leben. Auf dem Weg zu einem Auftritt geraten Parker und einige Mitmusiker in einen Autounfall. Der Saxofonist bricht sich drei Rippen und den Rücken. Das wiederum handelt ihm eine Schmerzmittel-, Opium- und Heroinabhängigkeit ein.

Umzug in den „Big Apple“

1939 siedelt Parker nach New York City um, wo er seine Karriere endgültig starten möchte. Zeitgleich arbeitet er als Tellerwäscher. In der Stadt der Städte verfeinert er seinen Stil und entdeckt neue Spielweisen, die die Musikgeschichte für immer verändern. Seine Drogensucht allerdings wird Parker leider nicht los, wie so viele Akteure der New Yorker Jazz-Szene. Schon 1939 kostet ihn die Abhängigkeit seine Ehe mit Ruffin. Auch mit psychischen Problemen hat er zu kämpfen. Er verpasst Auftritte, gilt als unzuverlässig. Mitte der Vierziger zieht er nach Kalifornien. Dort ist Heroin schwerer verfügbar, also steigt er auf Alkohol um. Im „Golden State“ lernt er seine zweite Frau Doris kennen, mit der er bis zu einem Tod verheiratet bleibt — obwohl Parker ab 1950 mit Chan Berg zusammenlebt, der Mutter seines Sohnes Baird und seiner Tochter Pree.

Als Pree im März 1954 im Alter von drei Jahren stirbt, verliert auch Parker seinen Lebensmut. Noch im selben Jahr versucht er zweimal, sich umzubringen, und landet schließlich in einer psychiatrischen Klinik. An seinem Todestag, dem 12. März 1955, hält er sich in New York auf und schaut gerade Fernsehen, als er stirbt. Die genaue Ursache lässt sich im Nachhinein nicht feststellen. So litt Parker gleichzeitig an einer Lungenentzündung, an einem Magendurchbruch, einer Leberzirrhose und hatte einen Herzinfarkt. In der Gerichtsmedizin wird Parkers Alter auf 50 bis 60 geschätzt, obwohl er gerade einmal 34 Jahre alt war. Für seine Beerdigung kommt Jazz-Trompeter Dizzy Gillespie auf, ein alter Freund und Kollege.

Die Geschichte des Jazz in vier Worten

Was genau sich hinter seinem Beitrag zur Entwicklung des Jazz verbirgt, würde zu weit in die Musiktheorie führen. (Glaubt uns: Es gibt ganze Bücher darüber.) Die Kurzfassung: Parker verpasst dem Jazz eine Frischzellenkur, spielt unter anderem deutlich schneller, als es bisher der Fall war, wendet revolutionäre Spielarten auf eigens komponiertes Material an, krempelt das Solospiel um und verhilft dem Genre endgültig von der Tanzmusik zur Kunstform. Noch kürzer bringt es Miles Davis auf den Punkt: „Man kann die Geschichte des Jazz in vier Worten erzählen: Louis Armstrong. Charlie Parker.“ Rest in peace, Bird.

Zeitsprung: Am 17.8.1959 erscheint „Kind Of Blue“ von Miles Davis.

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