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Popkultur

Diabolus in Musica: Was es mit dem „Teufelsintervall“ tatsächlich auf sich hat

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Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Als Black-Sabbath-Gitarrist Tony Iommi und sein Kollege Geezer Butler in den 1970er-Jahren bei einer Bandprobe ein Riff stießen, das als Grundbaustein diesen ganz speziellen, sinister-disharmonischen Ton enthielt, wussten die beiden, dass sie einen ganz besonderen, künftig wesentlichen Bestandteil der Band gefunden hatten. Zu hören ist dieser Ton im Riff vom Song Black Sabbath – und die Rede ist natürlich vom sogenannten Teufelsintervall, dem Tritonus, auch Halboktave genannt. Klar, Iommi & Co. hatten nicht als erste das Territorium des Tritonus betreten, musikhistorisch kann aber zumindest behaupten, dass er ihn in den Heavy Metal gebracht hat — oder, könnte man sagen, damit den Heavy Metal überhaupt erst erfunden hat.

von Markus Brandstetter

Über den Tritonus ranken sich mittlerweile ähnlich viel Mythen wie um den Teufel selbst. Er sei von der katholischen Kirche einst verboten und als „Teufelsintervall“ bezeichnet worden, heißt es — diese Geschichte bekommt man in der Regel in jedem zweiten Video oder Artikel zum Thema Tritonus. Aus diesem Grund wollen wir uns einmal in einigen Punkten dem Phänomen Teufelsintervall widmen — und auch mit ein paar Mythen aufräumen.

1. Der Tritonus wurde im Mittelalter von der katholischen Kirche verboten.

Der Bassist und großartige Musik-YouTuber Adam Neely widerlegt in einem äußerst sehenswerten Video die omnipräsente Legende, dass der Tritonus im Mittelalter verboten war. Neely gibt dabei nicht nur das Beispiel eines Weihnachtsliedes aus dem 13. Jahrhundert, das eben jenes Intervall nutzt — sondern versucht auch nachzuverfolgen, wie es zu diesem Mythos gekommen sein konnte. Dass der Tritonus verpönt war, ist laut Neely durchaus möglich — das hatte aber eher damit zu tun, dass es in Chören ein sehr schwer zu singendes und zu harmonisierendes Intervall war.

Neely legt hier schlüssig dar: Die Kirche hat den Tritonus ebenso wenig verboten wie ihn als „Diabolus in Musica“ bezeichnet. Wird eine Geschichte aber oft genug wiederholt, wird sie zum allgemeinen Konsens.

2. Der Tritonus klingt gar nicht immer böse und teuflisch.

Ganz nüchtern gesprochen: Beim Tritonus handelt es sich einfach um ein Intervall, das drei Ganztöne umspannt — deswegen auch der Name Tritonus. Wer gerade ein Instrument zur Hand hat, möge einmal ein C spielen — und dann drei Ganztöne rauf zum Fis gehen. Voila: der Tritonus. Der kann je nach Kontext durchaus diabolisch klingen (mit jeder Menge Distortion und tiefer gestimmten Gitarren ganz besonders), kann aber in anderem Kontext für einen ganz und gar nicht schrecklichen, dafür leicht mysteriös-schönen Kontrast sorgen. Zum Beispiel — bleiben wir bei einem kurzen musikwissenschaftlichen Ausflug — im lydischen Modus. Das charakteristische an diesem Modus ist die erhöhte/übermäßige Quarte — eben der Tritonus. Wie das klingt, kann man etwa wunderbar im Stück Flying In A Blue Dream von Joe Satriani hören. Oder in Stücken von Steve Vai oder Pink Floyd.

3. Das „Teufelsintervall“ macht auch in anderem Kontext eine sinistre Figur!

Gut, auch wenn der Tritonus also von der Kirche nicht als Werkzeug des Leibhaftigen verschmäht wurde — er bringt wie gesagt eine durchaus eigene Klangnote ins Spiel. Diese kann, wie im Werk The Planets von Gustav Holst, auf das sich Black Sabbath berufen, eine martialische Stimmung erzeugen. Oder sie wird genutzt, wenn es möglichst sinister, düster, spannungsgeladen zur Sache gehen soll, etwa im Heavy Metal. Der Tritonus kann aber auch eine Art Durchgangston sein, wie die für den Blues charakteristische Blue Note zeigt. Dass im Blues der Teufel eine große Rolle spielt (siehe den alten Mythos der Kreuzung, an der Robert Johnson dem Leibhaftigen seine Seele verkauft haben soll), macht das natürlich noch stimmiger.

4. Sogar die Simpsons nutzen ihn!

Aber nicht nur Rock und Klassik lassen sich akustisch mit dem Teufel ein — der Tritonus ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Titelmelodie der Kult-Sitcom „The Simpsons“.  „Ich wollte eine große, orchestrierte, unausstehliche, arrogante Melodie, die dir die beste Zeit deines Lebens verspricht“, zitiert Classic FM den Schöpfer der Serie, Matt Groening. Für die Komposition der Titelmelodie — eine kleine Sinfonie! – zeichnete Danny Elfman verantwortlich — und der nahm sich dafür nicht den lydischen Modus, sondern sogar den lydisch dominanten Modus als Ausgangspunkt her. Nachzuhören ganz am Anfang:

Auch in der Melodie von Pink Panther kommt der Tritonus zum Einsatz.

5. Für Tony Iommi war er richtungsweisend.

„Ich erinnere mich, als ich das Riff [von Black Sabbath] zum ersten Mal spielte, stellten sich alle Haare auf meinem Arm auf und ich wusste, das war es. Das war’s, das ist es, was wir machen, das ist es, was wir tun. Es war, als hätte man mir gesagt: ‚Das ist es, was du tust, und das ist es, wohin du gehst‘“, erinnerte sich Iommi im Podcast Backstaged: The Devil in Metal von Loudwire.

Weitere Songs, die den Tritonus prominent nutzen sind etwa Purple Haze von Jimi Hendrix, In-A-Gadda-Da-Vida von Iron Butterfly, Enter Sandman von Metallica, Painkiller von Judas Priest und The Beautiful People von Marilyn Manson.

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