------------

Popkultur

Ausgekoppelt: Die 6 meistverkauften Singles aller Zeiten

Published on

Whitney Huston
Foto: Graham Wiltshire/Getty Images

Es gab einmal Zeiten, da konnte man beim Plattenhändler des Vertrauens einzelne Songs auf Vinyl oder CD erstehen. Durch Spotify und Co. hat sich das Phänomen „Single“ längst ins Netz verlagert und scheint sich wieder zur vorherrschenden Form der Musikveröffentlichung zu entwickeln. Die folgenden sechs Auskopplungen gingen in den letzten Jahrzehnten besonders häufig über die Ladentheke — und die letzten zwei Songs dominieren bisher das Online-Geschehen.

von Timon Menge

6. Elvis Presley — It’s Now Or Never (1960)

Elvis Presley hat jede Menge Platten verkauft, daran besteht kein Zweifel. Seinen größten Hit landete der „King“ 1960 mit It’s Now Or Never, komponiert von Aaron Schroeder und Wally Gold. Schenkt man dem Buch Behind The Hits von 1986 Glauben, brauchte das Duo dafür nicht besonders lange: „Die Zwei verfassten den Text innerhalb von einer halben Stunde. Ein Song, den sie in 20 oder 30 Minuten fertiggestellt haben, wurde der größte ihrer Karriere.“ Aber: Falls euch die Melodie bekannt vorkommt, habt ihr absolut recht. Ein Tipp: Hört euch nochmal den italienischen Klassiker O Sole Mio an …

5. Whitney Houston — I Will Always Love You (1992)

Es wäre eine Überraschung gewesen, wenn dieser Song in unserer Liste fehlen würde. Schließlich ist die Filmmusik zu dem romantischen Thriller-Drama Bodyguard mit Whitney Houston und Kevin Costner noch heute der meistverkaufte Soundtrack aller Zeiten. Das liegt nicht zuletzt an der erfolgreichsten Single-Auskopplung der Compilation: Mit ihrer unfassbar intensiven Interpretation des Dolly-Parton-Songs I Will Always Love You hat sich Whitney Houston ein Denkmal gesetzt, weit über ihren Tod hinaus. Das sehen mehr als 20 Millionen Single-Käufer*innen nicht anders.

4. Bill Haley & The Comets — Rock Around The Clock (1954)

In gerade einmal einer halben Stunde nehmen Bill Haley und seine Comets am 12. April 1954 einen Song auf, der die Welt der Rockmusik für immer verändern soll. Das gelingt allerdings nicht sofort: Als der Song am 20. Mai 1954 erscheint (als B-Seite!), schaffen es Bill Haley und seine Band zwar in die Charts, doch der große Knall bleibt noch aus. Erst als ein Jahr später der Film Blackboard Jungle anläuft, wird aus dem erfolgreichen Song ein Hit. Der Song Rock Around The Clock gehört nämlich zum Soundtrack des Streifens und kommt so gut an, dass er bis heute mehr als 25 Millionen mal verkauft wird.

3. Mungo Jerry — In The Summertime (1970)

Wenn es auf der Welt einen Song gibt, der für Sonnenschein, Eiscreme und gekühlte Capri-Sonne steht, dann ist das In The Summertime von der britischen Band Mungo Jerry. Da macht es auch nichts, dass es sich 1970 gerade einmal um die erste Single der Gruppe handelt. Mit ihrem größten Hit trifft die Band um Frontmann und Songschreiber Ray Dorset den Nerv einer ganzen Generation und den vieler Generationen danach. Gerade einmal zehn Minuten braucht Dorset, um die Nummer zu komponieren, wie er 2014 in einem Interview verrät. Ein netter Stundenlohn.

2. Elton John — Something About The Way You Look Tonight / Candle In The Wind 1997 (1997)

Eigentlich stammt Candle In The Wind ja aus dem Jahr 1973. Elton John und sein langjähriger Songwriting-Partner Bernie Taupin komponieren das Stück zu jener Zeit, um Hollywood-Star Marilyn Monroe zu gedenken, die elf Jahre zuvor gestorben war. Doch Ende der Neunziger soll das Stück eine neue Bedeutung bekommen. Damals gibt John nach dem Tod von Lady Diana eine modernisierte Fassung des Songs zum Besten und verschafft der Welt damit den Soundtrack für ihre Trauer um die jung verstorbene Kronprinzessin. Mit 33 Millionen verkauften Einheiten belegt die Single Platz zwei in unserer Liste.

1. Bing Crosby — White Christmas (1942)

Schon seit Ewigkeiten führt Bing Crosby die Liste der meistverkauften Singles aller Zeiten an und das wird voraussichtlich auch so bleiben: Mehr als 50 Millionen(!) Exemplare von White Christmas gehen im Lauf der Jahrzehnte über die Ladentheke. Nicht schlecht für einen Song, der in gerade einmal 18 Minuten aufgenommen wurde. Und nicht nur das: Zählt man die unzähligen Coverversionen hinzu, kommt der Weihnachtsklassiker von Songschreiber Irving Berlin sogar auf mehr als 100 Millionen verkaufte Einheiten. Der absolute Wahnsinn.

Die meistverkaufte Digital-Single: Xiao Zhan — Spotlight

Hierzulande wird kaum jemand wissen, wer Xiao Zhan ist, doch in China ist der Mann ein Superstar. Hinter den enormen digitalen Verkaufszahlen seines Songs Spotlight steckt allerdings nicht nur das Stück an sich, sondern auch Politik. So kam es 2020 zu einem medialen Konflikt, weil auf der Fanfiction-Website Archive Of Our Own Texte veröffentlicht wurden, die Zhans Fangemeinde ein wenig zu explizit fand. Als Reaktion auf die Kontroverse (und inmitten seiner ausgeprägten Präsenz in der chinesischen Presse) veröffentlichte Zhan die Single Spotlight, die bis heute mehr 50 Millionen Mal digital gekauft wurde.

Der meistgestreamte Song auf Spotify: Ed Sheeran — Shape Of You

Wer diesen Song noch nie gehört hat, besitzt vermutlich kein Radio und kennt auch niemanden, der ein Radio besitzt. Seit mehr als fünf Jahren kann man sich Shape Of You von Ed Sheeran kaum entziehen, was sich auch in den Streaming-Zahlen der Nummer niederschlägt. Mehr als 3,2 Milliarden(!) Aufrufe verzeichnet der Song allein bei Spotify. Das sind 64-mal so viele Streams wie Thriller von Michael Jackson verkauft wurde. Könnte man doch nur herausfinden, wo oft Platten wie Thriller in den vergangenen Jahrzehnten abgespielt wurden …

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Reich und sexy: Das sind die erfolgreichsten Alben aller Zeiten!

Popkultur

Zeitsprung: Am 20.3.2000 veröffentlichen Metallica „No Leaf Clover“.

Published on

Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.03.2000.

von Christof Leim

Neue Songs gab es von Metallica um die Jahrtausendwende wenige. Eine der Ausnahmen taucht 1999 bei der Orchesterkollaboration S&M auf: No Leaf Clover. Am 20. März 2000 erscheint die Single dazu.

Hier könnt ihr euch S&M anhören:

Endlich neuer Stoff: Als Metallica im November 1999 unter dem Titel S&M den Mitschnitt ihrer Auftritte mit dem San Francisco Symphony Orchestra veröffentlichen, liegt Reload schon zwei Jahre zurück, Garage Inc. von 1998 enthält nur Coverversionen. Auf S&M ballert die Band im Wesentlichen ihre sattsam bekannten Hits und ein paar „deep tracks“ unverändert runter, während das Orchester unter der Leitung von Michael Kamen dazu spielt, quasi „draufgeflanscht“ wurde. Dabei schafft das klassische Ensemble manchmal mehr emotionale Tiefe und Spannung, oft genug sucht es aber auch vergeblich die Lücken im Riffgeknatter. (Wie das alles so kam, erzählen wir ein andermal bei einem Zeitsprung über S&M.)

Zwei Welten

Metallica-Freaks weltweit können sich dabei über zwei unveröffentlichte Stücke freuen: den Godzilla-gleichen, recht einfachen Stampfer – Human (ausgesprochen: „Minus Human“) und ein Lied namens No Leaf Clover. Beide sollen Überbleibsel der Load/Reload-Sessions sein, und das hört man. Damals hatten Metallica unter viel Wehklagen der Szenewächter den Pfad des „Stählernen“ verlassen und sich für ein paar Jahre von Metal und Thrash allgemein Richtung Rock orientiert.

Metallica und Michael Kamen (l.) im Dezember 1999 bei den Billboard Music Awards – Foto: Brenda Chase Online USA, Inc./Getty Images

Im Rahmen des S&M-Projektes funktionieren die beiden neuen Songs deshalb gut, da hier Orchester und Metallica eben nicht nur nebeneinander spielen, sondern weil die beiden Welten sich ergänzen. No Leaf Clover beginnt mit einem dramatischen Intro mit Pauken, Streich- und Blasinstrumenten, das die Band heute noch vor Liveeinsätzen des Stückes laufen lässt. Es folgen unverzerrte Akkorde von Meister Hetfield, über die sich fast so etwas wie Filmmusik spinnt. Natürlich lassen die harten Riffs nicht lange auf sich warten, und für die Strophen bräuchten Metallica und der Song das Orchester nicht mehr. Im Laufe von 5:43 Min. wechseln sich laut und leise, hell und dunkel, rockig-direkt und klassisch-umspielt immer wieder ab und machen aus No Leaf Clover ein kleines Schätzchen aus der zweiten Reihe der Metallica-Werke.

Keinblättriges Kleeblatt

Textlich scheint sich James Hetfield hier mit den Fallstricken von Ruhm und Reichtum zu beschäftigen: Ein Protagonist spürt seine Chance („feels right this time“) auf einen Durchbruch („crash course with the big time“), ignoriert aber Warnungen („pay no mind to the distant thunder“). Doch das scheint zu kurz gedacht zu sein („sucker for that quick reward“), denn im Chorus stellt sich heraus, dass hinter dem „beruhigenden Licht am Ende des Tunnels“ doch nur ein Zug steckt. Dazu passend verbirgt sich die schwarzmalerische Aussicht schon im Titel, der auf ein „four leaf clover“ anspielt, ein vierblättriges Kleeblatt also. Damit meint ein No Leaf Clover also alles andere als einen Glücksbringer. 

Abgesehen davon, dass die abgenutzte Licht/Tunnel/Zug-Metapher für Hetfields Verhältnisse ziemlich schwach daherkommt, schlägt No Leaf Clover damit in eine ähnliche Kerbe wie The Memory Remains. Dass sich ein sensibler Texter wie der Metallica-Frontmann noch eine knappe Dekade nach dem unfassbaren Erfolg des Black Album mit Ruhm, Erfolg und ihren Nachteilen beschäftigt, verwundert nicht. Nachzulesen sind die Textzeilen hier.

Kunstanalystische Tresengespräche

Der Blog Toilet Ov Hell (heißt wirklich so, cooler Name) schreibt in einem gelungenen Kommentar, dass No Leaf Clover womöglich „der letzte Windstoß echten künstlerischen Wachstums“ für Metallica gewesen sein könnte, bevor sie sich in ihre „enttäuschende, aber verdiente“ Rolle als so genannter „Legacy Act“ zurückgezogen haben. So bezeichnet man üblicherweise eine Gruppe, die vor allem von ihrer und durch ihre gewaltige Geschichte lebt. Verständlich wäre es im Falle unserer Helden, denn die glorreichen Zeiten der ebenso innovativen wie alkoholgetränkten Ballerei auf Großtaten wie Ride The Lightning (1984) und Master Of Puppets (1986) ist mit dem Jahreswechsel 1999/2000 schon anderthalb Dekaden her.

T-Shirt-Motiv zum Titel

Ob das so stimmt, kann man diskutieren, und das machen wir auch gerne an jedem Festivaltresen der Welt, aber ganz Unrecht haben die Leute von Toilet Ov Hell nicht. Und zwar aus folgendem Grund: Man darf die lärmige Therapiestunde St. Anger (2003) und die unfassbar unerträglich beschissene Kollaboration mit Lou Reed auf Lulu (2011) zwar als künstlerische Statements bezeichnen, aber unstreitbar Großes wie in den ersten zehn Jahren ihrer Geschichte haben Metallica damit wohl nicht geleistet. Auf Death Magnetic (2008) und Hardwired…To Self-Destruct (2016) liefert das Quartett zwar guten Stoff, wiederholt aber bekannte Formeln und Formate. Ob das reicht, muss die Headbangerschaft noch am Tresen klären.

Liveeinsätze

Als erste Single von S&M wird zeitgleich Nothing Else Matters ausgekoppelt, No Leaf Clover folgt erst vier Monate später am 20. März 2000. Mit der Nummer erreichen Metallica einen Platz 74 in den allgemeinen US-Charts und sogar die Spitze der Mainstream Rock Charts. In Deutschland reicht es für Platz 40. 

Für die Konzerte packen sie den Song immer mal wieder auf die Setlist, bis März 2020 insgesamt 125 Mal, wie etwa beim Konzert in Köln im Sommer 2019 (vollständiger Bericht hier). Die andere neue Nummer – Human bringt es nur auf vier Einsätze. Zum Vergleich: Das Stück Master Of Puppets haben die Burschen schon 1671-fach gespielt. Auch bei der einmaligen Neuauflage des Orchesterprojektes im Jahr 2019 unter dem Titel S&M2 gehört die Nummer natürlich zum Aufgebot. Für ein Schätzchen aus der zweiten Reihe ist das schon in Ordnung.

Zeitsprung: Am 25.5.1982 spielen Metallica in einer Schule.

Continue Reading

Popkultur

Zeitsprung: Am 19.3.1955 kommt Sänger & Schauspieler Bruce Willis zur Welt.

Published on

Foto: Cover

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.3.1955.

von Timon Menge und Christof Leim

Er hat Hochhäuser gesichert, als Preisboxer um sein Leben gefürchtet und mehrfach den Planeten gerettet, zumindest auf der Kinoleinwand. Was die meisten nicht wissen: Action-Star Bruce Willis kann auch Blues. Heute feiert er Geburtstag.

Hier könnt ihr euch The Return Of Bruno anhören: 

Alles beginnt in Rheinland-Pfalz, denn Walter Bruce Willis kommt am 19. März 1955 in Idar-Oberstein zur Welt. Das liegt daran, dass sein Vater David als US-Soldat in Deutschland arbeitet und dort Marlene kennenlernt, die Mutter von Bruce. 1957 zieht die Familie wieder in die USA und lebt ihr Arbeiterleben weiter; Mutter Marlene arbeitet bei einer Bank und Vater David als Schweißer, Mechaniker und Fabrikarbeiter. 

Vom Stotterer zum Schulsprecher

Als Willis auf die High School kommt, entwickelt er ein Stotterproblem, und zwar so stark, dass seine Mitschüler ihm den Spitznamen „Buck-Buck“ verpassen. Das ändert sich, als er der Schauspiel-AG beitritt. Er bekommt das Stottern in den Griff, sammelt erste Schauspielerfahrung und arbeitet an seinem Selbstbewusstsein. Schließlich wird er sogar zum Schulsprecher ernannt.

Filmposter von Armageddon

Nach dem High-School-Abschluss 1973 arbeitet Willis in einem Atomkraftwerk, später als Privatdetektiv. Danach widmet er sich voll und ganz seiner Schauspielkarriere und wir wissen, was daraus wurde. Filme wie Stirb langsam (1988), Pulp Fiction (1994), Armageddon (1998) und The Sixth Sense (1999) verhalfen Bruce Willis zu internationaler Berühmtheit, viele der Streifen sind heute Klassiker. Er kann aber auch anders.

Bruce und der Blues

Viele wissen es nicht: Willis hat auch zwei Musikalben veröffentlicht und zwar noch vor seinem Durchbruch als Schauspieler. Sein Debüt The Return Of Bruno bringt die legendäre Plattenschmiede Motown am 20. Januar 1987 auf den Markt. Darauf singt er einerseits Blues-Stücke von Ry Cooder, Jerry Leiber/Mike Stoller und Allen Toussaint; für Jackpot (Bruno’s Bop) betätigt er sich aber auch als Komponist. Under The Boardwalk, ein Drifters-Cover, erreicht sogar Platz zwei der britischen Single-Charts. Die Kritiken fallen allerdings durchwachsen aus.

Das Album gehört zu einem großen Special des US-Fernsehsenders HBO, das kurz nach der Veröffentlichung der Platte ausgestrahlt wird. Nicht zuletzt wegen dieser Größenordnung werden Willis hochkarätige Musikerinnen und Musiker zur Seite gestellt, wie Booker T. Jones, die Pointer Sisters und die Temptations. Mit If It Don’t Kill You, It Just Makes You Stronger erscheint 1989 noch ein zweites Album.

Bruce Willis heute

Heute lebt Willis mit seiner Frau Emma Heming und seinen beiden Töchtern in Los Angeles. Ob wir nochmal auf ein Album hoffen dürfen? Wir wissen es nicht. Vielleicht singt Willis nur noch unter der Dusche. Es wäre schade, denn seine beiden bisherigen Veröffentlichungen sind gar nicht schlecht. Seine Schauspielkarriere musste er zudem beenden, da Anfang 2022 bei ihm Aphasie diagnostiziert wurde, eine Störung der Sprache. Ein Jahr wurde zudem Demenz festgestellt. Willis zog sich deshalb aus der Öffentlichkeit zurück. Wir wünschen nichtsdestotrotz alles Gute zum Geburtstag!

Zeitsprung: Am 27.2.2015 stirbt der Schauspieler – und Musiker – Leonard Nimoy.

 

Continue Reading

Popkultur

Zeitsprung: Am 18.3.1965 pinkeln die Rolling Stones an eine Tankstelle.

Published on

Foto: Promo

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 18.3.1965.

von Tom Küppers und Christof Leim

Seien wir ehrlich: Mehr oder weniger ungehöriges Benehmen gehört einfach zum Rock’n’Roll. Die Rolling Stones könnte man vielleicht sogar die ersten Rebellen der modernen Rockgeschichte nennen. Am 18. März 1965 jedenfalls produzieren sie einen kleinen Skandal, der mit unverhandelbarer Dringlichkeit und anatomischen Besonderheiten zu tun hat…

Hier könnt ihr euch die frühen Stones anhören:

Wer in einer Band spielt, egal ob als Hobbyist oder Profi, kennt die Situation. Nachts, Rückweg vom Gig, die Blase drückt. Damals wie heute gilt: ran an die nächste Tankstelle. So geht es auch den Rolling Stones am 18. März 1965. Die Band und ihre Crew fahren also vor, Bassist Bill Wyman (gilt als einer der ruhigen Vertreter in der Gruppe) fragt Charles Keeley, einen 41-jährigen Angestellten wo man denn „mal kurz Wasser lassen könnte“. Keeley, der Wyman später als „zotteliges Monster mit dunkler Brille“ beschreiben wird, entgegnet, dieses Etablissement verfüge nicht über Sanitäranlagen. 

Blasendruck & Schreihals-Modus

Mit dieser unglaubwürdigen Antwort hat keiner gerechnet, wie sich Wyman in seiner Biografie erinnert. „Ich musste inzwischen wirklich dringend, ging zum Auto zurück und erklärte, was eben passiert war.“ Sänger Mick Jagger will der Sache auf den Grund gehen und betritt mit Gitarrist Brian Jones sowie Wyman im Schlepptau nochmal die Tankstelle. Er fragt noch mal nach dem Abort, doch der Mitarbeiter ist inzwischen im Schreihals-Modus angelangt. 

Ein zotteliges Monster ohne Brille, aber mit Artgenossen: Bill Wyman (2.v.r.) und die Rolling Stones

„Na gut“, denkt sich Jagger und erklärt, das man sch eben woanders erleichtern würde. Die Stones (minus Schlagzeiger Charlie Watts, der später zu Protokoll gibt: „Ich habe im Auto geschlafen, Mann!“) steuern eine nahegelegene Mauer an, reihen sich auf und lassen der Natur ihren freien Lauf. Gitarrist Keith Richards erinnert sich in seinen lesenswerten Memoiren namens Life daran, das als nächstes – wie aus dem Nichts – die Polizei auftaucht. „Wir stehen da, lassen laufen, und auf einmal zückt ein Polizist seine Taschenlampe und beleuchtet Bills Genital.“ Unangenehm. Am nächsten Tag wird gegen Jagger, Wyman und Jones Anzeige erstattet. 

Anatomische Besonderheiten

Als Zeuge dient ein an diesem Abend ebenfalls anwesender Kunde, der sich persönlich von den Musikern auf den Schlips getreten fühlt und ihnen „ekelhaftes Benehmen“ unterstellt. Als das ganz dann im Juli 1965 vor Gericht landet, stehen die Stones mit (I Can’t Get No) Satisfaction auf der Nummer eins der Charts. Die Verhandlung selbst verläuft ohne größere Zwischenfälle, es gibt ein kleine Geldstrafe und eine Standpauke von Richter Morey. „Bloss weil sie die höchsten Weihen ihrer Profession erreicht haben, gibt ihnen das nicht das Recht sich so aufzuführen.“

Richards lüftet dann in seinem Buch Jahrzehnte später den mutmaßlichen Grund dafür, warum die Band überhaupt erwischt wurde. „Die Sache mit Bill ist die, und das ist wahrscheinlich eine der am besten gehüteten Geheimnisse der Rolling Stones: Er besitzt eine der größten Blasen in der Geschichte der Menschheit.“ Bitte was? Der Stones-Gitarrist führt gerne aus: „Wenn der aussteigt um zu pinkeln, dann weißt du genau, das du erstmal die nächste Viertelstunde festhängst. Meines Wissens nach hat Bill es noch nie unter fünf Minuten geschafft.“ Mit anderen Worten: Die Rock-Helden wurden erwischt, weil sie zu lange gebraucht haben. Trotzdem: Verglichen mit dem, was Popstars heute abziehen, um in den Schlagzeilen zu gelangen, wirkt dieser kleine Ausrutscher vom 18. März 1965 doch geradezu niedlich, oder? 

Zeitsprung: Am 8.8.2004 ist bei der Dave Matthews Band die K**ke am Dampfen.

Continue Reading

Latest Music News

Top Stories

Don't Miss