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Popkultur

Eine Bonbonschlacht, eine entweihte Kirche und ein 30-Sekunden-Konzert: 5 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Campino stammen können

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Campino
Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Er gehört zur deutschen Rockmusik wie das Altbier zu Düsseldorf. 15 Alben hat er bis jetzt mit den Toten Hosen veröffentlicht, seit 40 Jahren touren die Rheinländer um die Welt. Diese fünf Anekdoten aus Campinos Leben finden wir besonders erzählenswert.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Wort zum Sonntag von Die Toten Hosen anhören:

1. Seinen Spitznamen erhielt er nach einer Bonbonschlacht im Klassenzimmer.

In Deutschland steht der Name Campino für zwei Dinge: für den Sänger der Toten Hosen und für Fruchtbonbons. Doch diese beiden Dinge haben mehr miteinander zu tun, als man zunächst denken könnte. Seinen Spitznamen erhält der junge Düsseldorfer Andreas Frege nämlich nur, weil er als Schüler eine Bonbonschlacht im Klassenzimmer anzettelt. Als er 1983 sein Abitur macht, gründet er etwa zeitgleich die Band Die Toten Hosen. Seinen Spitznamen Campino behält er bis heute.

2. Das Video zu Eisgekühlter Bommerlunder drehten die Toten Hosen in einer Kirche. Anschließend musste das Gotteshaus neu geweiht werden.

Ein Hochsommer-Morgen im beschaulichen Jesenwang in Bayern. Die Vögel zwitschern, ein Opa radelt zum Brötchen holen über die Straße und in der Kirche St. Willibald geht der Punk ab. Moment mal … Punk auf dem bayrischen Lande? Ganz richtig, denn im August 1983 fallen die Toten Hosen in die Dorfkirche ein, um dort das Musikvideo für ihre dritte Single Eisgekühlter Bommerlunder zu drehen. Der Inhalt des Clips: eine Punk-Hochzeit inklusive reichlich Alkohol und lauter Musik. Dann „erleichtert“ sich auch noch jemand an der Kirchentür.

Eigentlich möchten die Toten Hosen den Dreh geheim halten, doch es dauert nicht lange, bis die Jesenwanger erfahren, was da in ihrem Gotteshaus veranstaltet wurde. Josef Drexler, späterer Vorsitzender des Freundeskreises St. Willibald, erinnert sich genau an den Vorfall: „Alle waren extrem verärgert“, erzählt er 2013 in einem Interview mit dem Merkur. Viele fordern sogar, dass die Kirche aufgrund des blasphemischen Videodrehs neu geweiht wird. Genau das geschieht dann einige Monate später auch, allerdings eher still und heimlich. Der damalige Tote-Hosen-Schlagzeuger Trini Trimpop hat den Tag laut Merkur etwas anders in Erinnerung: „Das hat uns echt Spaß gemacht damals.“

3. Die Toten Hosen spielten zwischen 1984 und 1988 mehrfach illegal hinter dem Eisernen Vorhang.

Dass es für westdeutsche Künstler*innen nicht unbedingt leicht war, Konzerte in der DDR zu geben, ist kein Geheimnis. Den Toten Hosen ist das Anfang der Achtziger egal. Schon kurz nach ihrer Gründung geben die Düsseldorfer ihre Bühnenpremiere in Ost-Berlin. „Dass wir Wessis ein Konzert in Ost-Berlin spielten, war natürlich gefährlich, aber mehr für unsere Ostfreunde als für uns“, erinnert sich Campino 2022 in einem Interview mit t-online. „Als die Show vorbei war, ist auch das Eis zwischen uns gebrochen. Alle waren richtig euphorisch.“ Die Punk-Szene in der DDR habe ihn beeindruckt, wie er weiter erzählt: „Man wusste natürlich ein bisschen über das Leben dort. Ich persönlich fand es sensationell, sich nach Ost-Berlin einzuschleichen und heimlich ein Konzert zu spielen. Dort haben wir gesehen, dass die Punks dort deutlich mehr riskierten und härter lebten als wir.“

Das äußert sich auch 1985, als die Toten Hosen erneut jenseits des Eisernen Vorhangs spielen. Diesmal verschlägt es die junge Band für eine Tour nach Polen. „Die war auch illegal, weil wir nur eine Einreiseerlaubnis für ein einziges Konzert in Warschau hatten“, beschreibt Campino. „Unser Auto wurde immer schwarz betankt. Wir sind dann in irgendwelche Waldstücke gefahren und plötzlich kamen Leute mit Benzinkanistern zwischen den Bäumen hervor. Aus Zeitungspapier bauten sie eine Art Trichter, um den Sprit einzufüllen. So sind wir wirklich durch das Land gekommen.“ Wie die Gruppe die Reise denn organisiert habe, möchte Interviewer Sebastian Berning wissen. „Wir wurden von einer Untergrundstudentenbewegung in die verschiedenen Städte vermittelt“, so Campino. „Unter anderem nach Danzig und nach Lodz. Auf diese Art und Weise sind wir auch in Ungarn unterwegs gewesen. Wir haben es irgendwie geschafft, mit unseren Instrumenten über die Grenze zu kommen und auch da mehrere Konzerte zu spielen. Solche Abenteuer haben uns immer gereizt.“

4. Campino und die anderen Toten Hosen sind Ehrenbürger der Stadt Buenos Aires. Am 24. März 2000 dauerte ein Konzert dort allerdings nur 30 Sekunden.

Die Toten Hosen feiern nicht nur hierzulande große Hits, sondern auch in Südamerika. Vor allem in Argentinien verfolgt eine eingeschworene Fangemeinde das Treiben der Düsseldorfer. Allein in der Hauptstadt Buenos Aires standen Campino und Co. schon mehr als 30 Mal auf der Bühne, im September 2012 wurden sie sogar zu Ehrenbürgern der Stadt erklärt. „Die Toten Hosen sind wie Botschafter für Deutschland in der Welt, und in Deutschland sind sie Botschafter für Argentinien“, erklärt der Initiator der Aktion, Santiago Rodriguez.

An ihr Buenos-Aires-Konzert am 24. März 2000 werden sich die Hosen wohl noch besonders lange erinnern. Bevor die Band auch nur den ersten Song Opel-Gang beenden kann, stürzt an jenem Abend die gesamte Bühne ein, weil das Publikum mit voller Kraft gegen die Absperrungen drängt und diese mitsamt Security und Bühne drei Meter nach hinten drückt. Wie durch ein Wunder wird bei dem Unfall niemand verletzt. Einen Tag später holen Campino und Co. das Konzert nach — diesmal ohne Zwischenfälle.

5. Am 8. Juni 2008 trat Campino mit einem Knöchelbruch bei Rock am Ring auf — inklusive Crowdsurfing und verrückter Kletter-Aktion.

Als sich Campino im Jahr 2008 kurz vor Pfingsten den Knöchel bricht, steht der angekündigte Rock-am-Ring-Auftritt der Toten Hosen auf der Kippe. Doch der Sänger trifft eine klare Entscheidung: Wir spielen. „Davon wird mich auch der kaputte Fuß nicht abhalten“, ruft er, springt ins Publikum und lässt sich als Crowdsurfer von der Menge tragen. Doch nicht nur das: Trotz seines Gipsverbandes erklimmt Campino im Rahmen der Show die Spitze der 30 Meter hohen Bühne. Hut ab vor so viel Leidenschaft.

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