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Popkultur

Zeitsprung: Am 16.7.1981 stirbt Harry Chapin bei einem Autounfall.

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Harry Chapin auf der Bühne Ende der Siebziger - Foto: Patrick Partington/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.7.1981.

von Frank Thießies und Christof Leim

Als am 16. Juli 1981 der Folk-Star und Singer-Songwriter Harry Chapin mit nur 38 Jahren bei einem Autounfall stirbt, verliert die Welt nicht nur den Schöpfer solch epochaler Storyteller-Songs wie dem oft nachgespielten Cat’s In The Cradle. Mit Chapin geht neben einem begnadeten Künstler und Geschichtenerzähler auch ein engagierter Menschenfreund und Wohltäter von dieser Welt.

Hier könnt ihr euch die größten Hits von Harry Chapin anhören:

Es dürfte kaum einen (musikbegeisterten) Menschen geben, der den Song Cat’s In The Cradle noch niemals gehört hat. Dafür ist das Lied über eine von gegenseitiger Vernachlässigung bestimmte Vater-Sohn-Beziehung einfach zu prägnant und im kollektiven Popkulturbewusstsein verankert: Sei es in Form von Coverversionen wie der von Johnny Cash (1989) und Ugly Kid Joe (1992) oder aufgrund seiner Verwendung in zahlreichen TV-Serien von How I Met Your Mother bis zu den Simpsons

Harmonien & Humanismus

Dass der Schöpfer und Originalinterpret Harry Chapin keineswegs eine Eintagsfliege des Siebziger-Folk-Pop abgibt, sondern in seiner amerikanischen Heimat zu den hochrangigsten Chart-Abräumern zählt, international über 16 Millionen Platten verkauft hat und darüber hinaus auch ein ausgemachter Wohltäter, Humanist und umtriebiger Welthungerhilfe-Aktivist gewesen ist – das wissen wiederum eher wenige.

In New York City am 7. Dezember 1942 als Harry Forster Chapin und Sohn des berühmten Jazz-Perkussionisten Jim Chapin geboren, wird dem Junior die Musikbegeisterung quasi in die Wiege gelegt. Zwar probiert er sich zunächst als Regisseur von Dokumentarfilmen (und erhält für seine Boxerdoku Legendary Champions 1968 sogar eine Oscar-Nominierung), entscheidet sich schließlich aber doch für den Pfad des Musikers. Schon mit seinem Debütalbum Heads & Tales kann Chapin 1972 seinen ersten Erkennungssong und Hit vorlegen: Taxi.

Beobachtungsbegabt

Inhaltlich stimmt das Stück keineswegs das Schmonzetten-Schubidu gewöhnlicher Beziehungssongs an, sondern erweist sich als ausformulierte Geschichte von geplatzten Träumen und Lebenswegverirrungen. Taxi erzählt von einem, natürlich, Taxifahrer, der Jahre später eine seiner verflossenen Jugendlieben nach Hause kutschiert. 

Das im selben Jahr veröffentlichte, süffisant Sniper And Other Love Songs betitelte Nachfolgealbum, setzt Chapins charakteristischen Pop-Prosa-Ansatz unter anderem mit dem titelgebenden Sniper fort, einem vom Amoklauf an der Universität zu Texas im Jahre 1966 inspirierten epischen Zehnminüter. Mit dieser Platte fährt Chapin noch größere Erfolge ein.

Mahnung für Eltern

Verities & Balderdash, das 1974 veröffentlichte vierte Album schießt schließlich den Vogel ab, nachdem der Balladenbarde sich unter anderem mit dem Lied W·O·L·D vom vorangegangenen, passenderweise gleich Short Stories benannten Album ein noch größeres Publikum erschlossen hat. Der Song Cat’s In The Cradle – partiell basierend auf einem Gedicht von Chapins Frau Sandy – wird zum Sinnbild familiärer Versäumnisse und zur Mahn-Hymne für kommende Vatergenerationen. 

Doch Chapin macht sich nicht allein in seinen autobiografisch Erlebtes und Fiktion phantasievoll vermengenden Songs für Underdogs und Unterlegene stark, sondern lebt auch ein äußerst freigiebiges Samariter-Leben. So sind mehr als die Hälfte seiner Auftritte ab Mitte der Siebziger Benefizkonzerte, während Merchandise-Einnahmen zu Gunsten der von Chapin 1975 ins Leben gerufenen gemeinnützigen Organisation „World Hunger Year“ gehen, die den globalen Kampf gegen Hunger und Armut antritt. 

Karitativer Künstler

Gegen Ende der Siebziger zieht sich Chapin aus dem aktiven Studioalbumgeschäft zwar vornehmend zurück und konzentriert sich vielmehr auf seine Auftritte und Tourneen. Dennoch erscheint noch sein neuntes und letztes Album 1980 unter dem Namen Sequel und beinhaltet mit dem titelstiftenden Song sogar eine Fortsetzung der mit Taxi begonnenen Erzählung

Dass Chapin, der mit dem Singen von Songs über Taxis sowie Lastwagenunglücke ausgerechnet bei einem Autounfall ums Leben kommt, kann als bittere Ironie des Schicksals angesehen werden. (Sein Lied über ein tatsächlich stattgefundenes, tödliches LKW-Ladungs-Fiasko, 30,000 Pounds Of Bananas, hatte sich insbesondere in der Livefassung zu einem wahrhaftigen Gassenhauer gemausert.)

Die letzte Fahrt

Diese Ironie hätte einem seiner zwischen herzzerreißend und -erwärmend pendelnden Songs wohl auch ganz gut zu Gesicht gestanden: Als Chapin am 16. Juli 1981 auf dem Long Island Expressway auf dem Weg zu einem Gratiskonzert ist, verursacht ein LKW einen folgenschweren Auffahrunfall. Grad noch aus dem brennenden Wrack geborgen und in die Rettungsklinik verfrachtet, verstirbt der Singer-Songwriter schließlich infolge eines Herzinfarkts im Alter von nur 38 Jahren. Sein musikalisches und menschliches Vermächtnis, unter anderem auch als einer der Inspirationsquellen für Welthunger-Wohltätigkeits-Projekte und Initiativen wie später USA For Africa (We Are The World, 1985), wird indes wohl noch lange in höchst lebendiger Erinnerung bleiben. 

Zeitsprung: Am 7.3.1985 erscheint „We Are The World“ – und spielt Millionen ein.

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