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Popkultur

Human Be-In: Die berauschte Ouvertüre zum „Summer of Love“

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Human Be-In
Foto: Graphic House/Hulton Archive/Getty Images

Am 14. Januar 1967 nimmt in San Francisco etwas seinen Lauf, das wenige Monate später die USA und weite Teile der Welt erfassen wird: Beim Human Be-In kommen tausende Hippies in Haight-Ashbury zusammen, um die Welt friedlich zu verändern.

von Björn Springorum

1967 ist die Gegenkultur längst ihren Kinderschuhen entwachsen. Mit ihren Leitmotiven der Friedensbewegung, persönlichen Entfaltung, sexuellen Liberalität, Umweltschutz und Antirassismus vereint sie mehr und mehr Menschen unter sich. Aus desillusionierten Student*innen der Westküste, Beat-Poeten, Erleuchtungssuchenden und Beatniks schält sich langsam der Archetypus des Hippies hervor, passend dazu wird die Musik psychedelischer und die Mode bunter.

Zusammenkunft der Stämme

All das kulminiert am 14. Januar 1967 im Golden Gate Park in San Francisco, einem Gebiet direkt neben Haight-Ashbury, dem Epizentrum der Blumenkinderbewegung. Wenige Monate zuvor war hier bei der Love Pageant Rally die bewusstseinserweiternde Droge LSD offiziell für illegal erklärt worden, im Januar 1967 will man friedlich dagegen protestieren. Das Human Be-In, ein Begriff, der Menschlichkeit mit den rebellischen Sit-Ins gegen Segregation verbindet, soll eine „Zusammenkunft der Stämme“ werden, ausgelöst durch ebenjenes Verbot von LSD vom 6. Oktober 1966.

Was von Künstler Michael Bowen als friedliche Demonstration mit vielleicht ein paar hundert Teilnehmer*innen konzipiert wird, entwickelt sich zur Pilgerfahrt. Aus allen Teilen der USA kommen sie, vornehmlich junge Menschen mit Idealen, die ganz oder teilweise von der Gegenkultur gespiegelt werden. Zwischen 20.000 und 30.000 Menschen sind es letztlich, die den Startschuss zu etwas geben, das später als Summer Of Love in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Turn on, tune in, drop out

Der 14. Januar ist der Tag, an dem sich die Blumen das erste Mal öffnen, an dem das erste Kapitel von Love, peace and music geschrieben wird. An dem LSD-Guru Timothy Leary bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in San Francisco, beschienen von der Sonne, gleich den legendären Satz Turn on, tune in, drop out prägt, ein Leitsatz der Hippie-Bewegung. Beat-Legende Allen Ginsberg singt schräge Mantras, überall wird getanzt, getrommelt, geraucht. Weihrauch hängt in der Luft, Blumen und Perlen schmücken die Menschen. Lange Haare sind laut Videoaufnahmen allerdings noch nicht besonders weit verbreitet.

Jefferson Airplane und The Grateful Dead spielen

Musik gibt es natürlich auch. Und zwar mit einem Line-Up, von dem man heute nur träumen kann: Die Lokalbands Jefferson Airplane, The Grateful Dead, Big Brother And The Holding Company, Quicksilver Messenger Service und Blue Cheer bespielen das Polo-Fields-Stadion, befeuert von großen Mengen White-Lightning-LSD, natürlich bereitgestellt von Owsley Stanley. Von wem auch sonst?

Noch in großen Teilen improvisiert, entfaltet sich vor 55 Jahren dennoch ein Mosaik dessen, was bis Woodstock folgen wird: Überwiegend friedliche junge Menschen, die genug haben von den konservativen Zuständen in ihrem Land, vom Krieg in Vietnam und von Rassismus. Ein Event wie eine Initiierung in eine neue Religion, eine neue Weltordnung. Das Human Be-In mag nur einen Nachmittag dauern. Und doch ist es der Katalysator für eine schöne neue Welt. Nur vier Monate später erscheint San Francisco (Be Sure To Wear Flowers In Your Hair). Und plötzlich hat die Bewegung auch einen Titelsong.

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