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Popkultur

Immer noch dieser unverkennbare Ton: Mark Knopfler live in Berlin 2019

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Mark Knopfler

Die rote Stratocaster, die Les Paul, die edle Pensa im Farbton “Blue ice metallic”: Mark Knopfler hat sie alle mitgebracht, genau wie eine Resonatorgitarre für die Ode über den liebeskranken Romeo und die abweisende Juliet. Als Kind, erzählt Knopfler am Mittwochabend in der Mercedes-Benz-Arena zwischen zwei Songs, habe er davon geträumt, eine einzige Gitarre zu besitzen, jetzt, wo er ein “old guy” sei, habe er überall Gitarren rumliegen. Knopfler spielt sie allesamt immer noch wie kein anderer.

von Markus Brandstetter

Phänomenales Gitarrenspiel

Seine Gitarrenfills sprühen vor Eleganz und Dynamik, vor trockener, oft cineastisch anmutender Coolness. Plektren verwendet Knopfler keine, die Finger machen den dynamischen Unterschied. Sie lassen die Gitarre mal flüstern, mal brüchig lamentieren, mal anschwellend treiben. Es geht bei seinem Gitarrespiel um die Zwischenräume, die Nuancen. Damals wie heute gilt: kein Ton zuviel, kein Ton zu wenig. Er spielt bedacht, sorgfältig, reduziert und punktgenau – und genau deswegen so effektiv.


Hört hier in die Setlist des Abends rein:


Für das volle Vergnügen klickt auf “Listen”.


Wer die Setlists der vergangenen Shows verfolgt hat, weiß, was ihn erwartet: Eine Querschnitt durch Knopflers Solo-Schaffen sowie sein Werk mit Dire Straits. Das Stück Why Aye Man vom Longplayer The Ragpicker’s Dream aus dem Jahr 2012 eröffnet den Abend. Das Stück über britische Arbeiter, die unter der Thatcher-Regierung auswandern, verleiht dem Abend gleich etwas lyrischen Lokalkolorit:  “There’s plenty Deutschmarks here to earn / And German tarts are wunderschoen / German beer is chemical-free / Germany’s alright with me”, heißt es in dem Stück etwa.



Anfangs ist der Sound bei den lauteren Stellen noch nicht ganz ausgeglichen, die Bläsersektion übertönt alle anderen etwas. Der Sound wird aber schon bald adjustiert besser ausbalanciert. Die Band geht in Corned Beef City vom 2012 erschienenen Longplayer Privateering über. Hier greift Knopfler zu seiner 1960er Vintage Danelectro  – und nach dem Blues-Rock-Stampfer gibt’s ein erstes Balladen-Highlight des Abends, das Stück Sailing To Philadelphia vom gleichnamigen Album. Knopfler ist mit großer Band gekommen, allesamt Meister auf ihren Instrumenten und Multiinstrumentalisten. Klar, das Saxophon ist Geschmacksache, es bildet die Brücke in die 1980er-Jahre, damals als Knopfler mit Dire Straits Stadien füllte und alle Rekorde brach.



Apropos Dire Straits: zwar scheint eine Reunion auch weiterhin ausgeschlossen, aber Knopfler hat an diesem Abend einige Stücke der Band im Programm. Zum Beispiel das grandiose Once Upon A Time In The West,  das direkt auf Sailing To Philadelphia folgt. Oder, gleich danach, der Klassiker Romeo and Juliet. Das Intro dazu ist nahezu Note für Note ident mit der Version auf dem Livealbum On The Night. Knopfler greift zunächst zur Resonatorgitarre, gegen Ende, beim Solo-Part bringt man ihm die Stratocaster.

Weiterspielen statt Rente

Zwischendurch erklärt der 69-Jährige, dass er sich überlegt habe, dass er jetzt eigentlich in Rente gehen könnte. Aber er spielt eben zu gerne, was kann man da schon machen, fragt er. „Immer weiterspielen“, ruft ein Zuschauer. Knopfler stimmt ihm zu. „Weiterspielen, ja. Das werde ich versuchen”.

Es wird viel Folk gespielt an diesem Abend, mal irisch (mit Pipes und Bodhrán), mal amerikanisch – genau dort, wo Knopfler eben im Grunde seit dem Ende von Dire Straits zu verorten ist, zwischen Folk, Country und Rock. Leider fehlt mit What It Is eins von Knopflers (musikalisch wie textlich) herausragendsten Solostücken – und auch den Über-Epos der Dire Straits, Telegraph Road spielt Knopfler, seit etwa einem Monat nicht mehr.

Dafür gibt’s mit Bacon Roll, Matchstick Man, Silvertown Blues und Speedway To Nazareth weitere tolle Solostücke – und auch Fans seiner alten Band dürfen sich über viele weitere Highlights freuen: gegen Ende des Sets spielt die Band “Your Latest Trick” vom Album Brothers in Arms.



Der Zugabenblock besteht aus drei Stücken: Zuerst kommt die Band mit “Money For Nothing” zurück, das erwartungsgemäß frenetisch gefeiert wird. Dann geht die Band von der Bühne – und kommt für eine fantastische Version von “Brothers In Arms”, Knopflers Überballade, zurück. Mit “Going Home: Theme from Local Hero” schicken Knopfler die Fans nach Hause. Die bedanken sich mit Standing Ovations beim großen Songschreiber und Gitarristen – und hoffen, dass diese Tour nicht seine letzte gewesen sein möge.

Die Setlist

Why Aye Man

Corned Beef City

Sailing to Philadelphia

Once Upon a Time in the West (Dire Straits)

Romeo and Juliet (Dire Straits)

My Bacon Roll

Matchstick Man

Done With Bonaparte

Heart Full of Holes

She’s Gone

Your Latest Trick (Dire Straits)

Postcards from Paraguay

Silvertown Blues

Speedway at Nazareth

Zugabe 1:

Money for Nothing (Dire Straits)

Zugabe 2:

Brothers in Arms (Dire Straits)

Going Home: Theme from Local Hero


Titelfoto: Derek Hudson


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