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Popkultur

„In-A-Gadda-Da-Vida“: Die Geschichte hinter Iron Butterflys psychedelischem Meisterwerk

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Foto: GAB Archive /Getty Images

17 Minuten und 5 Sekunden Wahnsinn: Mit In-A-Gadda-Da-Vida liefern Iron Butterfly 1968 den ultimativen psychedelischen Trip. Er katapultiert die Band vorübergehend in die Champions League und gilt als Vorreiter des Heavy Metal. Wenig später implodiert alles.

von Björn Springorum

Hier kannst du In-A-Gadda-Da-Vida hören:

Die Geschichte von Iron Butterfly ist eine Geschichte der Wirren, Zerwürfnisse und Unregelmäßigkeiten. Die 1966 in San Diego gegründete Band hält in ihrer Originalbesetzung kein Jahr. Wahrscheinlich hat keine andere Band einen derart hohen Mitgliederverschleiß wie sie: Das dienstälteste Mitglied der immer noch künstlich am Leben erhaltenen Band ist erst seit 1995 dabei, über die Jahre kommen dutzende Mitglieder zusammen, wie man auf Wikipedia eindringlich nachlesen kann.

Einfluss für Sabbath und AC/DC

Bei all der Instabilität brennen die Kalifornier insbesondere in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern auf derart hoher Flamme, dass es mal eben dafür reicht, die Musikwelt nachhaltig zu verändern und den einen oder anderen Goldstandard zu setzen. Heute gilt die Band als psychedelische Ikone, als Wegbereiter des Heavy Metal und als Einfluss für selbst nicht ganz unwichtige Namen wie Black Sabbath, AC/DC, Uriah Heep oder auch Soundgarden.

Neil Young will anheuern

Im Oktober 1967 nehmen Iron Butterfly unter Leitung von Gründer Doug Ingle und dem kürzlich verstorbenen Schlagzeuger Ron Bushy in Hollywood einen ganzen Haufen Songs auf, darunter auch ein seltsames Monstrum namens In-A Gadda-Da-Vida. Auf dem Debüt Heavy erscheint der Song zunächst nicht. Fast wäre dieses obskure Meisterwerk also nie veröffentlicht worden, denn schon kurz nach den Aufnahmen quittieren mal wieder alle außer Ingle und Bushy den Dienst. Der Name Iron Butterfly, der scheint sich in Los Angeles herumgesprochen zu haben: Anscheinend hatten neben dem schließlich verpflichteten neuen Gitarristen Erik Brann auch so Typen wie Neil Young oder Jeff Beck Lust auf die Position.

Sie müssen gespürt haben, was da köchelt: Nur fünf Monate nach Heavy veröffentlichen Iron Butterfly ihr zweites Album In-A-Gadda-Da-Vida, benannt nach ihrem Signature-Song, der mit 17 Minuten und 5 Sekunden auf dem Album die komplette zweite Seite einnimmt, als Single aber auf unter drei Minuten beschnitten wird. Das Album wird zum unglaublichen Durchmarsch: Allein im ersten Jahr verkauft es sich in den USA acht Millionen Mal – mehr als jedes andere Album zuvor. Es ist das erfolgreichste Album des Jahres 1969 und geht weltweit mehr als 30 Millionen Mal über die Theke.

Psychedelischer Exzess

Zu verdanken ist das natürlich vor allem dem Titelsong, ein psychedelischer Exzess par excellence. Eine Legende besagt, dass Doug Ingle den Song schreibt, während er eine Gallone Wein trinkt (ungefähr dreieinhalb Liter). Als er den Song danach seinem Schlagzeuger Ron Bushy vorspielen will, ist er so besoffen, dass er den vorgesehenen Titel des Liedes, In The Garden Of Eden, einfach nicht mehr über die Lippen bringt. Bushy versteht In-A-Gadda-Da-Vida. Und dabei bleibt es dann auch.

Mehr ausufernder, lysergischer Jam als Rock-Song, hebt sich In-A-Gadda-Da-Vida merklich vom überwiegenden Kanon der Band ab. Und ist vielleicht gerade deswegen so besonders: Die Orgel, das hämmernde Riff, der kurze, mantraeske Text und natürlich Bushys absolut irrwitziges, vollkommen entrücktes, nicht enden wollendes Drum-Solo sorgen für eine psychedelische Kaskade, für einen Trip, nach dessen abruptem Ende man sich geläutert, aber auch merkwürdig beseelt fühlt. Bis heute ist der Song tief in der Popkultur verankert, wurde von Slayer gecovert und bei den Simpsons gespielt.

Klar, dass das an der Westküste der Vereinigten Staaten in den späten Sechzigern ausgezeichnet ankommt. Jeff Beck will die Band sogar schon 1967 im Galaxy Club in Los Angeles gesehen haben, wo ihr Set nur aus einer 35-minütigen Version von In-A-Gadda-Da-Vida besteht. Kein Wunder, dass er danach gleich bei Iron Butterfly anheuern wollte.

Woodstock knapp verpasst

Vielleicht aber auch besser für ihn, dass er es nicht getan hat: Die übrige Geschichte der Band ist weniger glücklich. Im August 1969 sollen sie bei Woodstock auftreten, stecken aber auf dem New Yorker Flughafen LaGuardia fest. Immer wieder steigen Mitglieder aus, neue kommen hinzu, der kernige, rohe, zupackende Hard-Rock-Sound wandelt sich im Verlauf der Siebziger in eine zahmere, souligere Richtung. Bis heute tritt der Schatten der Band von damals auf, wirklich erstrebenswert scheint das nicht.

Mit dem Tod von Ron Bushy am 29. August 2021 ist Doug Ingle das einzig verbliebene Mitglied der In-A-Gadda-Da-Vida-Ära. Und hat so gar nichts mehr mit Musik zu tun: In den Siebzigern führt er einen Trailerpark im Los Angeles National Forest, danach arbeitet er als Maler. Die Millionen Dollar, die er in den späten Sechzigern gemacht hat, sind von schlechten Beratern verschlungen worden. Was bleibt, ist ein unfassbarer Acid-Rock-Trip, der auf ewig seinesgleichen suchen wird.

Zeitsprung: Am 6.11.1987 spielen Slayer Hippie-Musik – ausnahmsweise.

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