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Popkultur

Karl Bartos von Kraftwerk: Von der „Mensch-Maschine“ zum Maschinisten

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Karl Bartos
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

„"Manche kennen ihn bloß als „der Zweite von links“. Jahrzehntelang lebte Karl Bartos im Schatten der beiden Kraftwerk-Masterminds Ralf Hütter und Florian Schneider. Dabei trug er eine Menge zum Sound der Düsseldorfer bei — und verließ die Gruppe, als ihm die „Mensch-Maschine“ zu leblos wurde.

von Timon Menge

Hier könnt ihr euch Off The Record von Karl Bartos anhören:

Wer die Anfänge der elektronischen Musik unter die Lupe nimmt, stolpert dabei unweigerlich über den Namen Kraftwerk. Vor allem die ersten acht Alben der Düsseldorfer Gruppe gelten als wegweisend. An vier davon wirkt Karl Bartos mit, von Radio-Aktivität (1975) bis Computerwelt (1981). Die neunte Kraftwerk-Platte Electric Café (1986) begeistert ihn schon nicht mehr so sehr, 1991 verlässt er die Band nach 16 gemeinsamen Jahren. Heute lebt Bartos in Hamburg, veröffentlicht regelmäßig eigene Musik und führt ein Leben in künstlerischer Freiheit. Werfen wir ein Blick auf seinen Werdegang, seine Zeit bei Kraftwerk und die Gründe für seinen Ausstieg.

Karl Bartos und Kraftwerk: Große Hits, große Veränderungen

Karl Bartos kommt am 31. Mai 1952 im Berchtesgadener Land zur Welt. Seine ersten musikalischen Gehversuche unternimmt er als Schlagzeuger der Schulband The Jokers, doch mit Anfang 20 nimmt sein Leben eine wichtige Wendung: Kraftwerk klopfen an seine Tür. Zunächst soll er die Gruppe nur bei ihrer Autobahn-Tour durch die USA unterstützen, später steigt er fest ein und produziert im hauseigenen „Kling Klang“-Studio fünf Alben mit der Band. Gleich mehrere Hits stammen aus seiner Feder, so wirkt Bartos zum Beispiel an Die Roboter, Das Model und Die Mensch-Maschine mit. Doch Kraftwerk verändern sich — und Bartos verliert den Spaß an der Sache.

„Kraftwerk waren ursprünglich eine Band, die improvisierte“, erzählt er im Interview mit der Westdeutschen Zeitung. „Unsere Songs entstanden spontan. Wie im Jazz. Das zeichnete uns aus.“ Er selbst nenne diese Herangehensweise „autonome Fantasie“ und genau die sei mit der Zeit verloren gegangen. An Electric Café wirkt Bartos noch mit, ist aber unzufrieden, wie er im Interview mit dem Magazin Tonight verrät: „Während der Produktion von Electric Café orientierten wir uns mehr und mehr an der Musik der schwarzen Kollegen aus den USA. Auf diese Weise veränderte sich unsere Arbeit Richtung Musikdesign, wir produzierten Gebrauchsmusik für den Dancefloor.“

„Wir gaben die Musik nur noch in den Computer ein.“

„Es gibt viele Gründe für das Erstarren unserer Schöpfungskraft“, verrät Bartos im Tonight-Interview. Im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung führt er aus: „Vorher war die Musik durch Interaktion entstanden. Wir standen uns im Raum gegenüber und sahen uns in die Augen. 1986 arbeiteten wir mit dem Computer — und wir sahen uns bald nicht mehr in die Augen, sondern starrten nur noch auf den Bildschirm. Von da an änderte sich unsere Kommunikation. Wir sprachen nicht mehr miteinander. Wir interagierten nicht mehr musikalisch. Wir gaben die Musik nur noch in den Computer ein.“ 1991 hat Bartos genug davon und steigt bei Kraftwerk aus.

Nach seiner Zeit bei Kraftwerk beschäftigt sich Bartos etwa ein Jahrzehnt lang mit der Gruppe Elektric Music (später: Electric Music). Seine Solokarriere startet er Anfang der 2000er und veröffentlicht mit Communication (2003) sein Solo-Debüt. Sein zweites Album Off The Record erscheint im Jahr 2013. Zu Kraftwerk kehrt er nicht zurück. Als er 2017 gefragt wird, wann er dem „Kling-Klang“-Studio zuletzt einen Besuch abgestattet habe, antwortet er: „Vor zwei, drei Jahren. Aber es ist ein ausgestorbener Körper. Es sind doch die Menschen, die ein Haus beleben. Und im ‚Kling Klang‘-Studio sind keine Menschen mehr.“

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