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Popkultur

Nashville Milestones | George Strait: Pure Country

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George Strait – Pure Country

Ende Oktober 1992, lang, lang ist’s her, kam das Musik-Drama „Pure Country“ in die Kinos. Vermutlich nur in die amerikanischen Lichtspielhäuser, denn dieser Titel wäre in Deutschland allemal Kassen-Gift. Nun, im Mutterland des Country lief der von Christopher Cain inszenierte Streifen gar nicht schlecht. Zumindest kommerziell. Über 15 Millionen wollten Country-Star George Strait in seiner ersten großen Hauptrolle sehen. Und: Er überzeugte vor der Kamera – sogar die gestrenge Kritikerriege, die dem Film ansonsten weniger wohl gesonnen war. „Pure Country“ hat jedenfalls keinen cineastischen Meilenstein gesetzt. Dafür aber punktete der gleichnamige Soundtrack, selbstverständlich erneut Strait in der Hauptrolle, umso mehr. Das Album setzt ein strahlendes Glanzlicht in seinem fulminanten Repertoire.

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Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich mir den Soundtrack zugelegt habe. Nicht in den 90ern, erst vor etwa fünf, sechs Jahren. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon eine ganze Reihe CDs von „King George“, zu dem Strait ja längst avancierte, im Plattenregal. Alben wie: „Ocean Front Property“, „Blue Clear Sky“, „50 Number Ones“ und „Troubadour“, die alle für zeitlos schöne Countrymusik stehen. Man kann also sagen: Ich war längst Strait-Fan. „Pure Country“ habe ich mir das erste Mal im Auto angehört. Es war Anfang Dezember und ich fuhr über verschneite Autobahnen Richtung Salzburg zum alljährlichen Ski-Kurzurlaub. Die elf Titel der CD boten die perfekte Klangkulisse, deshalb lief sie während der 240 Kilometerfahrt Non-Stop in Endlosschleife. Mit jedem Durchgang gefiel mir das Album um einen Tick besser. Bis heute erinnern mich die von Tony Brown meisterhaft produzierten Songs an diesen Trip durch eine adventliche Schnee- und Berglandschaft.

Doch auch ohne Schneekulisse gehen einem die von einer illustren Songwriter-Schar entworfenen Tracks unter die Haut. Cowboy Strait reitet im Verlauf des konzeptionell angelegten Albums gleich etliche Genrefelder ab: rockiges Terrain, gefühlvolle, dennoch kitschfreie Balladen, traditionelles Liedgut. Doch der Reihe nach…

Den Auftakt bestreitet das von Steve Dorff und John Bettis komponierte „Heartland“ (mit dem er das Album auch beendet). Ein aufgekratzter, grundsolider Country-Rocker, mit genügend Tiefgang, um im Ohr zu bleiben. Zu den Highlights des über sechs Millionen Mal verkauften Longplayers gehören aber die ganz im traditionellen Kontext entworfenen Tracks: Titel wie die von Mel Tillis („Ruby“) und Wayne P. Walker erdachte Selbsterkenntnis-Ballade „Thoughts Of A Fool“, oder „When Did You Stop Loving Me“, mit dem George Jones einen riesigen Hit landete oder das schmissige „Overnight Male“, aus der Feder von Richard Fagan, Kim Williams und Ron Harbin.

„Pure Country“ macht mit seiner Songauswahl deutlich, dass man 1992 noch etwas anders in Nashville tickte. Obwohl man auch schon damals mit den ruppigen Grooves und harten Gitarren-Riffs des Rock flirtete, blieb die Musik – getreu Album- und Film-Titel – stets „pure Country“. Es war die Basis. Für alles. Auch für die sperrigen Songs, von ganz den Roots verhafteten Komponisten wie Jim Lauderdale. Der heute als Americana-Held gefeierte Singer/Songwriter steuerte zu dem Strait-Klassiker zwei Songs bei: den herrlichen, im Zeitlupentempo vorgetragenen Honky-Tonk-Walzer „The King Of Broken Hearts“ und das zupackende „Where The Sidewalk Ends“.

Für den emotionalen Höhepunkt der CD sorgt aber die von Steve Dorff und Eric Kaz (u.a. Bonnie Raitt und Linda Ronstadt) grandios angelegte Gänsehaut-Ballade „I Cross My Heart“. Wundervolle Schluchz-Akkorde und Geigen treffen hier auf rustikale Countryklänge – und auf einen Sänger am Zenit seines Könnens. Der Titel gehört zweifellos zu den schönsten Liebesliedern in der Country-Literatur. Auch ohne Schnee und Kerzenschein…

Text: Gunther Matejka
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