------------

Popkultur

Syd Barrett im Katastrophenmodus, Janis Joplin und viel Whiskey: Pink Floyds chaotisches US-Debüt

Published on

Pink Floyd
Foto: Doug McKenzie/Getty Images

Am 4. November 1967 gaben Pink Floyd ihr erstes Konzert in den USA — mit einem sagenhaften Line-up. Die zugehörige Mini-Tour (samt TV-Auftritten) verlief chaotisch.

von Markus Brandstetter

Anfang November 1967 machten sich Pink Floyd auf den Weg in die Vereinigten Staaten. Die erste Mini-Tour der Briten, deren Debütalbum The Piper at the Gates of Dawn zu diesem Zeitpunkt wenige Monate alt war, stand an. Im Winterland Auditorium gaben Waters, Barrett, Mason und Wright. ihr Live-Debüt. Sie waren  nicht die einzigen, die an diesem Abend performten: Ebenfalls auf dem Line-up standen Richie Havens und Big Brother and the Holding Company Band — mit Janis Joplin.

„Das war eine unglaubliche Katastrophe“, erinnerte sich Roger Waters 2006 im Buch Pink Floyd: The Early Years (erschienen bei Omnibus Press). „Syd war zu diesem Zeitpunkt schon völlig von der Rolle. Wir spielten im Winterland in San Francisco. Wir waren der Dritte im Bunde mit Big Brother and the Holding Company und Richie Havens“.

„Die Freuden des Southern Comfort“

Auch wenn Syd Barrett zu dieser Zeit laut seinen Kollegen bereits ein Problemfall war, die erste Show absolvierte er in den Augen seiner Crew noch ausreichend. „Glücklicherweise gelang es Syd, in San Francisco einigermaßen gut zu spielen, und anfangs konnte die Band die lockere kalifornische Hippie-Szene genießen,“ erinnerte sich Co-Manager Andrew King — und erklärt, dass die Band die hedonistischen Qualitäten der US-Hippieszene kennenlernte: „Zu diesem Zeitpunkt galt jede Band aus England als Gast-Aristokratie, und die Gruppe und ihre Road-Crew fanden sich von enorm freundlichen kalifornischen Mädchen umringt und mit mehr Haschisch versorgt, als sie je in ihrem Leben gesehen hatten, während die Nichtraucher Nick und Roger von Janis Joplin in die süß schmeckenden Freuden des Southern Comfort eingeführt wurden“.

Überhaupt scheint Waters besonders an besagten Whiskey einige Erinnerungen zu haben. Bei einer Q&A der Billboard Touring Conference im Jahr 2013 erinnerte er sich, dass er sich vor dem Auftritt eine Flasche Southern Comfort gekauft hatte. Er nahm einen Schluck aus der Flasche, bevor er auf die Bühne ging — und als er zurückkehrte, stellte er fest, dass Janis Joplin den Rest ausgetrunken hatte.

So begeistert Waters den Erzählungen nach von der hedonistischen Gastfreundschaft war — musikalisch war er alles andere als begeistert von den US-Kollegen und Kolleginnen. Besonders Joplin und  Big Brother and the Holding Company fand er offensichtlich ziemlich langweilig: „Als Big Brother auftrat, konnte ich es nicht glauben. Ich hatte etwas sehr Ausgefallenes erwartet, aber es war bluesiger Country-Rock. Ich war erstaunt. Ich hatte erwartet, dass sie viel anders sein würden. Es war eine Art chunka, chunka, chunka mit Janis Joplin, die den Blues singt. Ich hatte etwas wirklich Außergewöhnliches erwartet, etwas, das mich umhaut und auf die Palme bringt. Verglichen mit dem, was englische Bands zu dieser Zeit machten, war es langweilig.“

Syd Barrett als Belastungsprobe

Was mit einem prinzipiell guten Abend in San Francisco begann, wurde aber schon bald zur Belastungsprobe für die Band. Wie schon erwähnt, war Syd Barrett zu dem Zeitpunkt bereits ziemlich schwierig. Es begann damit, dass Barrett sein Instrument in San Francisco vergaß und es ziemlich aufwändig und teuer nach Los Angeles eingeflogen werden musste. Laut Pink Floyd: The Early Years war es aber vor allem eine Folgeshow des San-Francisco-Auftritts, der das Fass beinahe zum Überlaufen brachte.

Vor einer Show in Los Angeles schmierte sich Barrett Tonnen Gel ins Haar — griff danach in den Medikamentenschrank, zerquetschte eine Dose Pillen und schüttete sich diese über den Kopf und rieb sie sich in die Haare. Durch die heißen Scheinwerfer zerschmolz die Mischung und lief ihm übers Gesicht — was ihn ziemlich zombiehaft aussehen ließ. „Die Band betrat die Bühne und anscheinend kreischten die Mädchen in der ersten Reihe vor Entsetzen, als Syds Lippen und Nasenlöcher blubberten und das Gel in Rinnsalen seine Wangen hinunterlief, wobei die beigemischten Schlaftabletten wie winzige Fleischbrocken aussahen, als würde er sich vor ihren Augen im bewegten Licht auflösen“, heißt es in dem Buch.

Leider hatte sich Barrett die Tabletten ganz offensichtlich nicht nur ins Haupthaar geschmissen — denn beim Auftritt war er so im Delirium, dass Waters seine Vocals übernehmen musste. Mehr noch, Barrett verstimmte die Saiten seines Instruments und starrte ins Leere. Waters war dem Bericht nach so sauer über Barretts Performance, dass er darauf bestand, ihn sofort zu feuern. Wie die Geschichte ausging, wissen wir: 1968 nahm die Band David Gilmour als zusätzlichen Gitarristen auf, weil Barrett alleine die Band nicht mehr tragen konnte. Am 6. April desselben Jahres wurde Barrett dann schließlich entlassen.

Du willst nichts mehr in der Rockwelt verpassen? Melde dich hier für unseren Newsletter an und werde regelmäßig von uns über die wichtigsten Neuigkeiten, die spannendsten Geschichten sowie die besten Veröffentlichungen und Aktionen informiert!

Don't Miss