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Popkultur

Zum 80. von Ringo Starr: Das machte der Drummer vor den Beatles

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Ringo Starr
Der 19-jährige Ringo Starr im Jahr 1959. (Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images)

Ringo Starr war nicht immer der humorige Schlagzeuger der größten Band der Welt. Bevor er mit den Beatles die Musikgeschichte komplett neu schreibt, schwingt er in mehreren anderen Kapellen die Drumsticks.

von Björn Springorum

Am 14. August 1962 klingelt das Telefon bei Richard Starkey. Er hebt ab, trocken wie immer. Ob er sich ebenso trocken gemeldet hätte, wenn er gewusst hätte, dass dieser eine Telefonanruf sein Leben für immer verändern würde? Wer weiß. Am anderen Ende der Leitung ist jedenfalls John Lennon. Starkey und Lennon kennen sich, seit sie im Oktober 1960 gemeinsam im Hamburger Kaiserkeller gespielt haben. Lennon ist kein Freund des Smalltalks, das überlässt er schon damals seinem Kumpel Paul McCartney. Ein kurzes Geplänkel, dann fragt Lennon ihn direkt, ob er nicht der Schlagzeuger bei den Beatles werden möchte. Und Starkey? Sagt ja.

Rory Storm and the Hurricanes mit Ringo Starr

Ringo (rechts) als Bandmitglied von Rory Storm And The Hurricanes. (Foto: Keystone/Getty Images)

Es beginnt im Keller der Fabrik

Richard Starkey ist damals 21 und eigentlich nur noch unter dem Namen Ringo Starr bekannt. Richard oder Rich sagen allerhöchstens Familienmitglieder zu ihm. Er hat sich längst einen Namen als Schlagzeuger gemacht, spielt viel, ist viel unterwegs. Erst fünf Jahre zuvor wird Starr von seinem Arbeitskollegen Roy Trafford mit dem Skiffle-Virus infiziert. Starr will nichts mehr anderes hören, die beiden machen im Keller der Fabrik, in der sie damals arbeiten, sogar Musik. Bald schon sind die Mittagspausen bei Henry Hunt And Son in Liverpool erfüllt vom Klang einer Gitarre und… jeder Menge weiterer Geräusche. Schon damals fühlt sich Starr von den Percussions angesprochen, trommelt manchmal mit einem Schlüssel auf eine Konservendose, manchmal mit den Händen auf einen Stuhl.

Vom Waschbrett zum Schlagzeug

Als Starrs Nachbar Eddie Miles bei ihnen einsteigt, gründen sie ihre erste Band. Bald schon nennen sie sich die Clayton Squares – heute eine Mall in Liverpool. Von einem eigenen Schlagzeug ist Starr damals noch weit entfernt: Anfangs benutzt er einfach mal ein Waschbrett für einen primitiven, treibenden Takt. Dann endlich, Weihnachten 1957, bekommt der 17-Jährige sein allererstes Schlagzeug geschenkt, eine gebrauchte Geschichte aus Snare-Drum, Base-Drum und einem Becken, bei dem es sich eigentlich um den Deckel einer Mülltonne handelt. Nicht wirklich viel, doch für den jungen Starr das Größte. Er prügelt die Seele aus diesem kruden Provisorium und entwickelt damals viel von diesem reduzierten, improvisierten Ansatz, den er später kultivieren wird.

„What’s My Name“: Ringo Starrs Zwanzigste klingt zahm wie erwartet

In Liverpool spricht sich herum, dass der junge Starr an den Trommeln ganz schön was zu bieten hat. Im November 1959 steigt er erst bei Al Caldwells Texans ein, die durch die Hinzunahme eines Schlagzeugers vom bereits aus der Mode gekommenen Skiffle zum Rock’n’Roll-Ufer überwechseln wollen. Als Starr einsteigt, heißen sie schon Rory Storm And The Hurricanes. Richard Starkey nennt sich ab sofort Ringo Starr und gibt sogar seinen Schlagzeugsoli einen Namen: Starr Time.

Damals im Ferienlager…

Ein wenig exzentrisch ist das alles schon; aber es kommt an. Bereits zu Beginn des Jahres 1960 sind die Hurricanes eine der führenden Liverpool-Bands. Starr legt alles in die Waagschale und schmeißt seine Ausbildung hin, um mit seinen neuen Kumpels ein dreimonatiges Engagement im Butlins Ferienlager in Wales anzutreten. Ihre Popularität steigt und steigt, kann nicht mal durch eine unangenehme Tour durch Frankreichs US-Air-Force-Basen gebremst werden. Sie sind so erfolgreich, dass sie anfangs sogar ein Engagement im Hamburger Kaiserkeller ausschlagen wollen. Sie haben es, gelinde gesagt, nicht nötig.

Hamburg verändert alles

Dass sie es dennoch annehmen, erweist sich zumindest für Ringo Starr als schicksalhaft. Ab dem 1. Oktober 1960 spielen die Hurricanes nach den Beatles, bekommen außerdem mehr Gage. Es ist das erste Zusammentreffen von Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und deren damaligem Schlagzeuger Pete Best mit Ringo Starr. Noch weiß niemand, dass Starr bald bei den Beatles trommeln wird. Hin und wieder spielt er mit ihnen, zieht mit ihnen um die Häuser, sogar im Studio nimmt er mit seinen späteren Bandkollegen eine Nummer als Backing-Band auf. Doch sein pointiertes, kraftvolles Drumming führt erst mal dazu, dass der große Tony Sheridan dieses Talent abwerben will. Starr lässt sich von seinen Hurricanes weglocken, um Anfang 1962 mit Sheridan in Hamburg zu spielen, kehrt dann aber doch wieder zurück, um eine weitere Feriensaison im Butlins zu absolvieren.

Tony Sheridan & Ringo Starr

Ringo mit Tony Sheridan auf der Bühne des Top Ten Club in Hamburg. (Foto: Colin Crawley/K & K Ulf Kruger OHG/Redferns/Getty Images)

Blaue Augen und zerstochene Reifen

So hätte es auch weitergehen können. Gut bezahlte Auftritte in netten Gegenden, moderater Ruhm, ein gutes Leben. Doch Ringo Starr hat seine Rechnung ohne die Beatles gemacht. Die haben bald schon keine Lust mehr auf Pete Best und werben Starr ab, bevor sie Best überhaupt erst Bescheid sagen. Ein hohes Risiko: Best ist extrem beliebt bei den Fans. Doch auch Produzent George Martin hat Best aus irgendeinem Grund gefressen. Also teilt Brian Epstein dem vollkommen ahnungslosen Drummer am 16. August 1962 trocken mit: „Die Jungs wollen dich durch Ringo ersetzen.“

Am 18. August 1962 gibt Ringo Starr sein Debüt bei den Beatles. Die Folgen: ein blaues Auge für Harrison, zerstochene Reifen für Epstein und viele aufgebrachte Fans. Wie alles, zieht Starr auch diese unangenehme Episode stoisch durch. Im November 1962 haben ihn die Fans als Nachfolger von Best akzeptiert. Seine Zeit im Schatten von John und Paul, die hat aber gerade erst begonnen.

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