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Popkultur

Zeitsprung: Am 14.6.1995 verstirbt der irische Gitarrenheld Rory Gallagher.

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Foto: Andrew Putler/Getty Images

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 14.6.1995.

von Tom Küppers und Christof Leim

Er war vielleicht der erste irische Rockstar, er hat mitgeholfen den Blues in Europa populär zu machen und zudem der modernen E-Gitarre seinen Stempel aufgedrückt. Doch am 14. Juni 1995 verstirbt Rory Gallagher viel zu früh im Alter von 47 Jahren. Wir gedenken einem oft übersehenen Genie des Blues Rock.

Die größten Hits vom Rory Gallagher gibt es genau hier:

Irland in den Nachwehen des zweiten Weltkriegs: Hier erblickt William Rory Gallagher am 2. März 1948 in Ballyshannon das Lichte der Welt. Aufwachsen werden Rory und sein jüngerer Bruder Dónal dann in Cork, der nach Dublin zweitgrößten Stadt des Landes. Beiden Eltern ist die Musik nicht fremd, Vater Daniel spielt Akkordeon und singt in einer Band, Mutter Monica singt ebenfalls und schauspielert dazu noch ein wenig. 

Der Teufel hat den Rock’n’Roll gemacht

Die musikalische Förderung ihrer Söhne liegt den Eltern entsprechend am Herzen, weswegen Rory schon im Alter von neun Jahren seine erste Gitarre bekommt. Doch wie sich sein Bruder im Irish Examiner erinnert, ging alles mit der Ukulele los. Anfangs war Rory sogar – ähnlich wie Keith Richards – bekennender Fan des singenden Cowboys Roy Rogers. „Doch dann hat Rory angefangen, sich für Rock’n’Roll zu interessieren“, erinnert sich Dónal. 

Was zur damaligen Zeit noch ein echtes Problem darstellte: Im religiös geprägten Irland waren Kirche und Schulen eng verbunden, was eher an weltlichen Dingen interessierte Schüler wie die Gallagher-Brüder vor einige Probleme stellte. In ihrer Schule war der Besitz einer Gitarre sogar verboten, erinnert sich der jüngere Bruder. „Sie galt als phallisches Symbol des Teufels. Mir wurde davon abgeraten dort irgendjemandem, zu erzählen, dass Rory eine besaß“. 

Die frühen Jahre 

Durch Radio und Fernsehen kommt Rory zunächst mit dem Skiffle sowie Folk und danach mit dem Blues in Kontakt. Besonders Muddy Waters begeistert ihn. In mühsamer Recherchearbeit lent er mehr über Musiker und Komponisten wie Woody Guthrie. Neben der für den Blues typischen Slide-Gitarre schafft er sich verschiedene Instrumente wie das Altsaxofon, Mandoline sowie Banjo drauf und beginnt, mit verschiedenen Arten des Blues zu experimentieren. 

Mit gerade mal 15 Jahre startet Gallagher dann 1963 als Bandmitglied durch und spielt sich nach der Schule in verschiedenen Showbands durch die damals aktuellen Hits. Mit einer Truppe namens Fontana zieht er dann relativ erfolgreich durch das Vereinte Königreich. Diese Band formt Rory im Laufe der Zeit immer stärker nach seinen Vorlieben um in eine Rhythm & Blues-Kapelle. Irgendwann landet er dann sogar in Hamburg, wo er mit einem Trio Auftritte absolviert. Nach seiner Rückkehr ins heimische Cork beschließt er, eine eigene Band zu gründen. 

Come Taste The Band

Mit Taste hebt er dann 1966 ein Power Trio aus der Taufe, das sich mit zwei Studioalben eine treue Gefolgschaft erspielt und beispielsweise beim Abschiedskonzert der legendären Cream den Einheizer geben darf. Doch nach ihrem Auftritt beim legendären Isle Of Wight Festival 1970 löst sich die Band wieder auf, woraufhin Rory seine Solokarriere startet.

Natürlich braucht er eine Begleitband und probiert es sogar mit Mitch Mitchell und Noel Redding, der Rhythmussektion der Jimi Hendrix Experience. Doch am Ende entscheidet er sich für lokale Musiker, von denen insbesondere der Bassist Gerry McAvoy Gallagher in den kommenden Jahrzehnten zur Seite stehen wird. Speziell in Großbritannien feiert unser Mann beachtliche Erfolge und hat einen ähnlichen Status wie Eric Clapton

Der Durchbruch

Besonders Gallaghers Liveauftritte gelten schnell als legendär, bei denen sich die Band gerne mal in einen Rausch improvisiert und regelrechte Marathonshows absolviert. Der Livemitschnitt Irish Tour ’74 (auch als Film absolut sehenswert) gilt vielen als Höhepunkt in Gallaghers Schaffen. Hinzukommt, dass es für Rory eine Herzensangelegenheit ist, mindestens einmal im Jahr durch Irland zu touren, und zwar auch durch das sich seinerzeit von Unruhen geplagte Nordirland, was ihm seine Fans hoch anrechnen und andere  motiviert, ebenfalls dort zu spielen. 

Der Liveklassiker und Höhepunkt in Rory Gallaghers Diskografie

Im Januar 1975 bietet sich Rory eine absolut einmalige Chance, als die Rolling Stones einen Nachfolger für den von Bord gegangenen Mick Taylor suchen. In Rotterdam kommt es während der Aufnahmen zum Stones-Klassiker Black And Blue zu einer kleinen Jam-Session, doch Gallagher entscheidet sich für seine eigene Karriere. 

Trotz Erfolges unzufrieden

Im Sommer 1977 dürfen er und seine Band ihre einzigartigen Livequalitäten dann bei der allerersten Rockpalast-Nacht nicht nur vor einer proppenvollen Grugahalle in Essen, sondern auch vor einem europäischen TV-Millionenpublikum beweisen und spielen ein begeisterndes Set. Doch leider ist nicht immer alles Sonnenschein: Dem Image des trinkfesten Iren wird der Gitarrist absolut gerecht, doch wie viele im Rock’n’Roll vor und nach ihm greift er nicht nur oft, sondern viel zu oft zum Glas. 

Nichtsdestotrotz veröffentlicht Gallagher in den Achtzigern und Neunzigern reihenweise hochwertige Werke; insgesamt verkauft er in seiner Karriere satte 30 Millionen Alben. Doch Selbstzweifel und eine nahezu obsessive Detailversessenheit machen ihm das Leben schwer. Zusätzlich entwickelt er noch eine Flugangst, die er mit Medikamenten zu bekämpfen versucht. Denn um zu den Konzerten zu kommen, muss er nun mal reisen. 

Das traurige Ende

Am 10. Januar 1995 steht er in Holland auf der Bühne, sichtlich gezeichnet und unter massiven Schmerzen. Der Rest der Tournee wird abgesagt, gegen die Schmerzen nimmt er Medikamente. Doch erst als er im März 1995 in das Londoner Kings College Hospital eingeliefert wird, kommt das ganze Ausmaß des Problems zum Vorschein. Die jüngst eingenommenen Tabletten gegen die Schmerzen haben die ohnehin durch Alkohol und Pillen angeschlagene Leber weiter geschädigt. Die medizinischen Fachleute sehen nur einen Ausweg: Organtransplantation. Nach erfolgreicher Operation verbringt Rory mehrere Monaten auf der Intensivstation, doch plötzlich erkrankt er an einer bakteriellen Infektion. Er verstirbt am 14. Juni 1995 mit 47 Jahren. 

Eine von vielen posthumen Ehrungen für einen tollen Gitarristen: die Statue in Ballyshannon, County Donegal, Irland – Foto: Amandasbutterflies/Wiki Commons

In Irland gilt Gallagher heutzutage als Nationalheld, der auf einer Briefmarke verewigt wird, zu dessen Ehren Statuen errichtet und nach dem Gebäude benannt werden. Doch die schönste Lobpreisung kommt der Legende nach von Jimi Hendrix, der auf die Frage, wie es sich anfühlt, der beste Gitarrist der Welt zu sein, geantwortet haben soll: „Ich weiß nicht, aber frag mal Rory Gallagher.“

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