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Popkultur

„Wie können Sie mich das überhaupt fragen“? Schwierige Interviewpartner von den Sex Pistols bis Bob Dylan

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Foto: Evening Standard/Getty Images

Musiker*innen geben Interviews, das gehört zu ihrem Job. Allerdings haben längst nicht immer alle Lust darauf – und das bekommt der*die Gesprächspartner*in schon mal ordentlich zu spüren.

von Markus Brandstetter

Wobei man fairerweise dazu sagen muss, dass es sowohl der zu Interviewende als auch der*die Interviewte nicht immer leicht miteinander haben. Denn wie manche Beispiele, den wir uns heute widmen, zeigen, hat so manche*r Reporter*in nicht immer die originellsten oder intelligentesten Fragen für den*die Künstler*in parat, sondern lutscht auch schon mal alte Klischees weiter. Hey Lou Reed, wie war das mit den Drogen? Hey Bob Dylan, wie geht’s dir als Voice of Generation? Wir blicken hier auf einige Beispiele.

Billy Bob Thornton

Billy Bob Thornton ist nicht nur Schauspieler, sondern auch Musiker. Aber wenn er Interviews über seine Musik gibt, sollte man ihn besser nicht nur auf das Hollywood-Business ansprechen und seine Musik als Hobby darstellen – das bemerkte der ehemalige Q-Host Jian Ghomeshi (der wegen mehrfachen Vorwürfen sexueller Gewalt vom Sender gefeuert wurde). Als sich Thornton als Musiker nicht ernst genommen fühlte, reagierte er zunehmend irritiert, bis er schlussendlich gar nicht mehr antworten mochte. Seine ebenfalls anwesende Band The Boxmasters versucht die Lage einigermaßen zu retten – allerdings vergeblich. „Sie sind ja recht passioniert wenn’s um Musik geht”, setzt der Moderator an. Thornton daraufhin: „Würden Sie das Tom Petty auch fragen? Würden Sie erklären, warum es kein Hobby ist?“.  Thornton selbst erklärte allerdings, dass nicht er, sondern der Moderator kompliziert und unprofessionell gewesen sei: Seine einzige Bitte sei gewesen, die Band zunächst als  The Boxmasters anzukündigen – und sie nicht als Begleitband des Hollywood-Stars darzustellen. Dieser Bitte sei Ghomeshi nicht nachgekommen.

Gene Simmons

Bescheiden, selbstkritisch, unprätentiös: Nur die wenigsten Menschen auf diesem Planeten würden diese Attribute mit KISS-Chef Gene Simmons in Verbindung bringen. Warum das so ist, belegte Simmons 2017 einmal mehr im Interview mit Loudwire. „Hi, I’m Gene Simmons and you’re not“, begann der Gute das Interview schon gewohnt gockelhaft. Simmons, natürlich mit Sonnenbrille, zeigte sich gegenüber Moderator Graham Hartmann von seiner bekannt selbstverliebten Seite, kritisierte den Moderator und bewarb voller Selbstlob seinen nicht ganz billigen Gene-Simmons-Vault. Man hatte den Eindruck, als wäre Hartmann nicht unbedingt traurig gewesen, als das Interview schließlich vorbei war.

Lou Reed

Lou Reed war ein großartiger Musiker und eine der interessantesten Persönlichkeiten der Rockgeschichte. Eines war Reed jedoch ganz sicher nicht: ein einfacher Interviewpartner. Ein gutes Beispiel dafür ist seine Pressekonferenz aus dem Jahr 1974, bei dem Reed der Presse keine einzige vernünftige Antwort gab – wohl auch, weil die Fragen nicht gerade seriös waren. Drogen nehme er keine, antwortete Reed auf das ewig leidige Thema angesprochen, er sei high vom Leben. Er möchte aber sehr wohl, dass das Publikum Drogen nehme. Warum? Weil das besser als Monopoly spielen sei. Einen Großteil der Zeit ist Reed aber noch einsilbiger, antwortet mit einem gelangweilten „No“. „Sie sind ein Mann der wenigen Worte, warum ist das so“, fragt ein Reporter. Reeds Antwort: „Weil ich nichts zu sagen habe“.

Iggy Pop

Eigentlich war Iggy Pop am 8. Juli 1979 beim Interview mit ABC-TV sogar ganz blendend gelaunt. Ob das ganze mit etwas chemischer Hilfe passierte sei dahingestellt – jedenfalls war Iggy in aufgedrehter Topform. Ganz einfach war das für sein Gegenüber nicht:  „Hallo, Hundegesicht“, begrüßte er zappelig den Moderator Molly Meldrum. Der schien mit der quirligen Punk-Ikone etwas überfordert. „Können Sie die Frage vielleicht richtig beantworten?“, fragte er. Iggy zappelte, war unkonzentriert und ärgerte den Moderator so sehr er konnte. Für den Interviewer kein Zuckerschlecken, für alle anderen ein amüsantes Stück TV-Geschichte.

Sex Pistols

1976 war es undenkbar, das Wort „fuck“ im Nachmittagsprogramm des britischen Fernsehens zu sagen. Das hätte sich die Macher der britischen Bill Grundy Show eventuell ins Gedächtnis rufen sollen, bevor sie die Sex Pistols einluden – und der launige (und laut eigenen Worten betrunkenen) Moderator Grundy der Band ebenso launige Fragen stellte. Wobei die Pistols eigentlich nicht eingeladen waren, sondern als Ersatz für Queen in der Show auftraten. Die konnten nicht auftreten, weil Freddie Mercury an Zahnschmerzen litt. In letzter Sekunde holte man Johnny Rotten & Co. als Gäste in die Sendung. Die Band kam mit großer Entourage – mit dabei: Siouxsie Sioux. Nachdem die Fragen Grundys schon vorher nicht auf Gegenliebe trafen, war es Grundys Anmerkung an Sioux, man könne sich ja mal treffen, die das ganze aus dem Ruder laufen ließ. Gitarrist Steve Jones bezeichnete den Moderator daraufhin unter anderem als „dreckigen alten Bastard“. Außerdem ließ die Band ein paar gepflegte F-Wörter vom Stapel und sorgte für einen Skandal. Johnny Rotten war natürlich auch später als John Lydon nicht immer der einfachste Gesprächspartner – allerdings ein extrem schagfertiger und intelligenter.

Bob Dylan

Die Königsdisziplin: ein Interview mit Bob Dylan in den 1960ern. Dylan, damals zur allwissenden Stimme einer Generation auserkoren, bekam von den Journalisten so manche seltsame Frage gestellt. Legendär ist beispielsweise seine Pressekonferenz 1965 in San Francisco. Warum er auf dem Albumcover ein T-Shirt mit dem Logo der Motorradmarke Triumph trage, fragt ihn ein Journalist – und möchte eine Analyse der Symbolik. Dylan muss erst mal herzlich lachen. „Ich habe mir das noch gar nicht so angeschaut”, sagt er zunächst. Ob er Motorräder mag? „We all like motorcycles to some degree”, so Dylan lapidar. Nächster Journalist, nächste Frage: „Sehen Sie sich mehr als Sänger oder als Poet?“. Dylan: „Ich sehe mich selbst zu allererst als Song and Dance Man“. Ganze fünfzig Minuten geht es in der Gangart weiter. Legendär.

Dylan kann aber auch noch viel grimmiger. Das bewies er bei einem Interview mit dem Time-Magazin in den 1960er-Jahren. Der Journalist schien kein großer Kenner der Dylan-Materie zu sein – und Dylan schien im Gegenzug nicht viel Sympathie für ihn zu empfinden. „Ich brauche kein Time Magazin, und ich bin kein Folksänger. Sie nennen mich wahrscheinlich Folksänger, aber die anderen Leute wissen es besser”, schimpfte Dylan – und belehrte seinen Interviewer mit einem herrlichen Rant. „Das ist eine eigene Menschenklasse, die Ihr Magazin ernst nehmen. Klar, ich lese es vielleicht mal im Flugzeug, aber ich  nehme es nicht ernst”, so Dylan weiter.

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