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Popkultur

Simon & Garfunkel: Die Geschichte einer sehr komplizierten Freundschaft

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Simon & Garfunkel
Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Vor 50 Jahren geben Simon & Garfunkel ihr letztes Konzert. Vorerst, versteht sich. Nach ihrer Trennung versuchen es die Schulfreunde regelmäßig mit einem Comeback. Und scheitern doch immer wieder an ihren eigenen Egos. Freundschaften können eben echt kompliziert sein.

von Björn Springorum

Hört hier das letzte Album von Simon & Garfunkel:

Man soll ja bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Geht man nach diesem Bonmot, dann haben Simon & Garfunkel alles richtig gemacht. 1970 sind Paul Simon und Art Garfunkel oben angekommen. Also, nicht nur recht weit oben, sondern ganz oben. Ihr viertes Album Bookends, insbesondere aber natürlich ihr Soundtrack zum Filmklassiker The Graduate (Die Reifeprüfung) haben die beiden New Yorker aus Queens schon davor zum erfolgreichsten (Folk-)Rock-Duo der Welt gemacht. Schon zuvor verzauberten sie mit ihren Harmonien, ihrer stillen Melancholie und kostbaren Liedern wie The Sound Of Silence, einem der schönsten Stücke Musik, die jemals geschrieben wurden.

Elvis, Johnny Cash und Aretha Franklin verbeugen sich

Dann, im Januar 1970, veröffentlichen sie Bridge Over Troubled Water. Und können diese Erfolge sogar noch mal in den Schatten stellen. Nummer eins in den USA, Großbritannien und acht weiteren Ländern; das erfolgreichste Album nicht nur des Jahres 1970, sondern auch der beiden darauffolgenden. 25 Millionen Einheiten wandern über die Ladentheke. Und die titelgebende Single, die ist im Grunde noch mal eine eigene Geschichte wert. Bis heute haben über 50 Interpret*inneen ihre eigenen Interpretationen dieser rührenden Ballade angefertigt. Und die kommen nicht etwa aus der B- und C-Riege, wohlgemerkt: Der versammelte Musikadelsstand von Elvis Presley über Johnny Cash, Aretha Franklin und Willie Nelson bis zu Roy Orbison versucht sich in der Folgezeit an der Nummer.

Der Anfang vom Ende

Man könnte also auch sagen: Besser laufen kann es für Simon & Garfunkel eigentlich nicht. Doch die Risse, die sind im zerbrechlichen Gefüge des Duos längst zu spüren. Schon vor Bridge Over Troubled Water kommt es zu Spannungen. Für Simon konzentriert sich Garfunkel zu sehr auf seine Schauspielkarriere, für Garfunkel widmet sich Simon zu intensiv seinen Filmmusik-Projekten. Insbesondere Garfunkels Beteiligung an der Antikriegs-Satire Catch-22 stößt bei Simon dann aber besonders sauer auf. Wohl aber weniger, weil die Dreharbeiten mit neun Monaten deutlich länger dauern als geplant. Und eher, weil Drehbuchschreiber Buck Henry Paul Simons Part einfach wieder rausstrich. Das, so hat es auch Garfunkel mittlerweile bestätigt, ist der Anfang vom Ende.

Art Garfunkel macht sich Sorgen, ob seine Stimme überhaupt taugt – nach 60 Jahren?

Natürlich versuchen die beiden, sich erst mal nichts anmerken zu lassen. Seit ihrem recht unerfolgreichen Debüt Wednesday Morning, 3 A.M. sind die beiden Busker aus New York zu weit gekommen, um all das einfach hinzuschmeißen. Sie raufen sich zusammen, spielen eine kleine Tour durch Europa. Wird ja vielleicht wieder, besonders strahlen können die beiden schließlich immer dann, wenn sie gemeinsam auf einer Bühne stehen und mit einfachsten Mitteln die Zeit anhalten.

Vor 50 Jahren ist Schluss

Gemessen am Erfolg des Albums ist die Konzert-Ausbeute verdächtig mickrig: Gut, am 25. April 1970 ist es immerhin die Londoner Royal Albert Hall, nach Kopenhagen, Paris und Amsterdam ist dann aber auch schon wieder Schluss. Am 18. Juli 1970 gibt das Duo sein vorerst letztes Konzert. Bezeichnenderweise ist es ein Heimspiel: Im Forest Hill Tennis Stadium direkt neben ihrer alten Schule in ihrem Heimat-Bezirk Queens gehen Simon & Garfunkel das letzte Mal gemeinsam auf die Bühne. Natürlich weiß das noch niemand, als sie ihr Konzert wie so oft mit The Boxer eröffnen. Doch als sie es mit Bridge Over Troubled Water beschließen, wissen zumindest die beiden Akteure auf der Bühne: Das war’s.

Als ihr fünftes und finales Album 1971 denkwürdige sechs Grammys abstaubt, geht das Duo bereits getrennte Wege. „Damals wollte ich einfach nur raus“, sagt Simon viele Jahre später dazu. Er teilt Labelboss Clive Davis, der sie erst Anfang 1964 entdeckt, die Trennung mit. Und urplötzlich ist es aus mit dieser wundersamen Geschichte zweier Schulfreunde, die als kleines Folk-Duo in den Straßen von New York City anfingen und es gemeinsam zu Weltruhm brachten.

Nicht miteinander, nicht ohne einander

Wie so oft im Showbusiness ist eine Geschichte wie die ihre aber einfach zu einträglich, als dass man sie einfach so zu den Akten legen würde. Obwohl zwischen den beiden in den folgenden Jahren fast komplett Funkstille herrscht, treten sie im Juni 1972 bei einer Benefiz-Veranstaltung im Madison Square Garden auf, versuchen es dann auch mit einer Reunion. Schon damals zeichnet sich das Muster der folgenden Jahrzehnte ab: Obwohl beide stets mit besten Absichten an eine Versöhnung herangehen, scheitert sie dennoch immer wieder nach kurzer Zeit. Da muss es solo erst besonders desaströs bei den beiden laufen, dass man es noch mal versucht.

Am 19. September 1981 treten sie also erstmals seit 1972 wieder gemeinsam auf – beim allen Umständen zum Trotz legendären Konzert im Central Park. Doch selbst bei diesem Musikgeschichte schreibenden Ereignis vor 500.000 Leuten sieht man in Gestik, Mimik und Körpersprache der beiden eindeutig die alten Gräben. Auf der folgenden Welttournee wechselt das Duo kein Wort miteinander, das geplante Comeback-Album scheitert an Garfunkels Unwillen, Paul Simons Songs zu lernen und das Kiffen aufzugeben. Es ist wie verhext: Die beiden können nicht miteinander und nicht ohne einander. Versuchen sie es gemeinsam, scheitern sie. Versuchen sie es alleine, fehlt ihnen der jeweils andere.

Auch in den letzten 30 Jahren gibt es diverse Reunions, Konzerte und sogar Tourneen. Nur ein gemeinsames Album, das haben sie seit 1970 nicht mehr geschafft.

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