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Popkultur

Zeitsprung: Am 1.2.1995 verschwindet Richey Edwards (Manic Street Preachers) spurlos.

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Header Pic: Video Still aus https://www.youtube.com/watch?v=gavcjNniIvk

"Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: Am 1.2.1995.

von Christof Leim

Seit dem 1. Februar 1995 hat niemand mehr den Gitarristen der Manic Street Preachers gesehen. Am Vorabend einer US-Tour verschwindet Richey Edwards spurlos, zwei Wochen später wird sein Auto an einer Brücke gefunden. Bis heute bleibt einiges mysteriös…

Hört euch hier die Manic Street Preachers an und lest weiter:

Morgens um 7 Uhr verlässt Richey Edwards das Embassy Hotel in London. Eigentlich soll der Gitarrist am gleichen Tag, dem 1. Februar 1995, noch zu einer US-Tour mit den Manic Street Preachers reisen. Mit den walisischen Alternativ-Rockern, bei denen er vor allem als Texter und Ideengeber fungiert, hatte er geprobt und in der Zeit zwei Wochen lang an jedem einzelnen Tag 200 Pfund von seinem Konto abgehoben. Statt zum Flughafen fährt er zu seinem Appartement im walisischen Cardiff, etwa drei Stunden westlich. Geldbeutel, Schlüssel, Pass und das Antidepressivum Prozac nimmt er mit, seinen gepackten Koffer, den Rest des Prozac und ein sorgfältig eingepacktes Geschenk aus mehreren Büchern an eine „Jo“ lässt er im Hotel. Um von London nach Cardiff zu kommen, muss er die Severn Bridge in der Nähe von Bristol passieren. In Wales verliert sich seine Spur. Vollständig. Richey Edwards ist da 27 Jahre alt.

Keine Beweise für den weiteren Verbleib

Angeblich wird er in den folgenden Tagen im 20 Kilometer nordöstlich von Cardiff gelegenen Städtchen Newport gesichtet: einmal auf dem Pass-Amt und am 5. Februar von einem Fan am Busbahnhof des Ortes. Als gesichert gilt das nicht. Sechs Tage später soll Edwards am King’s Hotel in Newport ein Taxi bestiegen haben, um sich unter anderem in der Gegend herumfahren zu lassen, in der er aufgewachsen ist. Bemerkenswert wirkt die Behauptung des Fahrers, sein Gast habe hauptsächlich in einem Londoner, gelegentlich aber auch in einem walisischen Dialekt gesprochen und darum gebeten, sich hinlegen zu dürfen. Die Reise soll dann zum Bahnhof von Pontypool, 15 Kilometer weiter nördlich, gegangen sein. Dort habe der Fahrgast ein Telefon gesucht, aber nicht gefunden. Deshalb ließ er sich an der 40 Kilometer entfernten Tankstelle Severn View Service unmittelbar an der Severn-Brücke absetzen. Den Fahrpreis von 68 Pfund habe er bar bezahlt. Doch leider lässt sich das ebenfalls nicht stichhaltig belegen.

Der Weg, den Richey Edwards von seinem Londoner Hotel in der Bayswater Road bis zu seinem Verschwinden an der Severn Bridge zurückgelegt haben soll.

Sicher ist allerdings, dass Richey Edwards’ Auto, ein Vauxhall Cavalier (in Deutschland: Opel Ascona), am 14. Februar auf dem Parkplatz der Tankstelle einen Strafzettel bekommt. Am 17. Februar wird es als verlassen deklariert. Die Polizei stellt fest, dass die Batterie leer ist und offensichtlich jemand in dem Fahrzeug gewohnt hat. Manche Fanseiten nennen einen Fund von Burger-Verpackungen und Fotos von Edwards’ Familie.

Die Severn Bridge, fotografiert von der englischen Seite von Adrian Pingstone

Vemutungen

Die Severn Service Station liegt in unmittelbarer Nähe der Brücke. Deshalb wird allgemein angenommen, Richey Edwards habe sich das Leben genommen, wie es dort leider öfter vorkommt. Seine langjährigen Probleme mit Depression und Selbstverletzung legen diese Vermutung nahe, selbst wenn er sich nach der Veröffentlichung von The Holy Bible im Sommer 1994 helfen lassen wollte und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurde. Trotzdem befürchten viele, der Musiker habe die Lyrics zu Suicide Is Painless womöglich zu wörtlich genommen. (Diesen Song, im Original das Titellied zur Fernsehserie M*A*S*H, hatten die „Manics“ 1992 als Charity-Single veröffentlicht.) Freunde widersprechen der Suizid-Theorie jedoch und führen an, Edwards sei schlicht nicht der Typ dafür. Er selbst wird zitiert mit dem Satz: „Was das S-Wort angeht: Das kommt mir gar nicht in den Sinn. Es ist noch nie passiert, es hat auch keinen Versuch gegeben. Denn ich bin stärker als das. Ich mag eine schwache Person sein, aber ich halte Schmerzen aus.“ Dass Richey Edwards grundlegend nicht gesund war, steht jedoch außer Frage.

Seine Mitmusiker und die Fans geben die Hoffnung nie so richtig auf, zumal er in Goa, Indien, auf Fuerteventura und Lanzarote gesichtet worden sein soll. Leider lassen sich diese Begegnungen weder überprüfen noch belegen. Die polizeilichen Untersuchungen bringen ebenfalls kein Licht ins Dunkel, sein Leichnam wird nie gefunden. Deshalb lassen Edwards’ Eltern ihn am 23. November 2008 formell für tot erklären. Das Schicksal des Walisers wird in den Medien oft thematisiert und inspiriert einige Bücher, seine Band veröffentlicht weiter Songs mit seinen Texten. Doch Richey Edwards bleibt seit damals verschwunden.

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